Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfordernis der Zustimmung des Testamentsvollstreckers bei Änderung eines Mietvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Zur Auslegung der Anordnung einer Testamentsvollstreckung als dauernde Verwaltungsvollstreckung.
  2. Zur Frage der Wirkungen einer Testamentsvollstreckung als Dauervollstreckung im Falle einer nicht fortgesetzten ehelichen Gütergemeinschaft.
  3. Zum Verzicht auf das Anfechtungsrecht wegen Übergehens eines Pflichtteilberechtigten im Rahmen eines Erbvertrages.

Zu den Anforderungen, die an die Bestimmtheit des Antrages bei einer Feststellungsklage auf Schadensersatz zu stellen sind.

 

Normenkette

BGB § 185 Abs. 2, § 2078 Abs. 2, §§ 2079, 2209, 2211, 2281; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256

 

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Teilurteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 1981 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger gegen die Abweisung ihres Antrages auf Feststellung, der Nichtigkeit des Mietänderungsvertrages vom 13. Februar 1974 zurückgewiesen worden ist.

Unter Zurückweisung der Revision im übrigen wird dieses Urteil weiter dahin geändert: Die Berufung der Kläger gegen das Teilurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27. August 1980 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Antrag, festzustellen, die Beklagten zu 2) und 3) seien zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der den Klägern dadurch entstanden ist, daß die Beklagten zu 2) und 3) die Erblasserin zu nachteiligen Erklärungen veranlaßt haben, als unzulässig abgewiesen wird.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz darum, ob ein von der am 12. Januar 1976 verstorbenen Anna B. verwitweten S. (im folgenden: Erblasserin), am 13. Februar 1974 mit der Beklagten zu 1) geschlossener Mietänderungsvertrag wirksam ist, ob den Klägern gegen den Beklagten zu 3) ein Zahlungsanspruch über 16.000,- DM zusteht, sowie über die Frage, ob die Beklagten zu 2) und 3) den Klägern gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sind.

Die Erblasserin war seit dem Jahre 1922 mit Karl Schlippert verheiratet. Die Eheleute S. hatten am 14. November 1922 einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, in dem sie allgemeine Gütergemeinschaft vereinbarten, die beim Tode des einen oder anderen nicht fortgesetzt werden sollte, und in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzten, gleichviel ob und welche Pflichtteilsberechtigte zur Zeit ihres Todes vorhanden sein würden. Am 18. März 1973 ließen die Erblasserin und Karl S. einen weiteren Erbvertrag notariell beurkunden. Darin heißt es u.a.:

"I.

1.

Die im Erbvertrag vom 14.11.1922 angeordnete gegenseitige Erbeinsetzung bleibt mit der aus der nachstehenden Anordnung zu I. 2 sich ergebenden Beschränkung bestehen.

2.

Der Ehemann Karl Sch. ordnet für den Fall, daß er der Erstversterbende ist, über seinen Nachlaß Testamentsvollstreckung an. Die Testamentsvollstreckung endet mit dem Tode der überlebenden Ehefrau Anna Seh. Zum Testamentsvollstrecker wird ernannt: Herr Rechtsanwalt Heinrich Sch. (= der Kläger zu 4), ersatzweise ein vom zuständigen Nachlaßgericht zu ernennender Testamentsvollstrecker.

II.

1.

Der Überlebende von uns setzt zu seinem alleinigen Erben ein Herrn Rechtsanwalt Heinrich Seh. (den Kläger zu 4), ersatzweise dessen Erben.

...

IV.

Die vorstehenden Verfügungen zu I. 2, II. und III. sollen vertragliche sein, die wir mit erbvertraglicher Bindungswirkung, über die wir belehrt worden sind, wechselseitig annehmen.

Den einseitigen Rücktritt von diesem Erbvertrag behalten wir uns nicht vor."

Am 3. Juli 1973 verstarb Karl S. Zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft der Eheleute S. (gehörte u.a. der Grundbesitz am W. in D. Die Beklagte zu 1) hatte seit vielen Jahren einen Teil des Gebäudes am W. gemietet. Am 13. Februar 1974 schlössen die Erblasserin und die Beklagte zu 1) einen Vertrag, in welchem sie den bis dahin geltenden Mietvertrag vom 24. März 1972 abänderten. Das Mietverhältnis sollte fortan nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle fünf Jahre für die Vermieterin und ihre Rechtsnachfolger kündbar sein. Der Mietzins sollte sich nicht mehr jährlich um 3 % erhöhen, sondern jeweils am 1.1. des darauffolgenden Jahres nach abgelaufener Kündigungsperiode. Außerdem übernahm die Erblasserin die Hälfte der Renovierungskosten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Eine Gegenleistung der Beklagten zu 1) wurde nicht vereinbart.

Durch weitere Verträge vom 26. Februar 1974 und 26. März 1975, die nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, verkaufte die Erblasserin das Grundstück am W. an die Beklagte zu 1). Am 15. Mai 1975 gab sie durch den Beklagten zu 3), dem sie am 7. April 1975 Generalvollmacht erteilt hatte und der für die Beklagte zu 1) auch den Grundstückskaufvertrag vom 26. März 1975 geschlossen hatte, zwei notariell beurkundete Erklärungen ab, wonach sie der Beklagten zu 1) gegenüber zum Schadensersatz in Höhe von mindestens 100.000,- DM verpflichtet sei.

Am 2. April 1974 erklärte die Erblasserin in notarieller Form die Anfechtung des Erbvertrages vom 18. März 1973 mit der Begründung, sie sei bei Vertragsabschluß infolge Krankheit und Einfluß von Medikamenten geschäftsunfähig gewesen und der Testamentsvollstrecker - der Kläger zu 4) - habe die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Am 25. Juni 1974 heiratete

die Erblasserin den Rentner Wilhelm B. Zwei Tage später erklärte sie erneut in notarieller Form die Anfechtung des Erbvertrages vom 18. März 1973 u.a. mit Rücksicht darauf, daß wegen ihrer Eheschließung ein Pflichtteilsberechtigter übergangen sei. Außerdem errichtete sie am 27. Juni 1974 ein Testament, in welchem sie u.a. bestimmte, daß die Kläger zu 1) bis 3) ihre Erben zu je einem Drittel Anteil werden sollten.

Am 9. September 1974 schlössen die Erblasserin, ihr Ehemann Wilhelm B., der Kläger zu 4) und der Rechtsanwalt Dr. Dr. H. (Vater der Kläger zu 1) bis 3) einen Erbvertrag, in dem die Kläger zu 1) bis 3) zu je 1/6 Anteil und der Kläger zu 4) zu 1/2 Anteil als Erben eingesetzt wurden. Darin heißt es u.a.:

"Die Vertragsschließenden vereinbaren, daß ohne Rücksicht darauf, ob Anfechtungserklärungen den erwähnten Erbvertrag vom 18. März 1973 rechtswirksam vernichtet haben oder nicht, die Testamentsvollstreckung nach dem verstorbenen Karl Schlippert weiterhin bei dem Erschienenen zu 3) (= dem Kläger zu 4) verbleiben soll".

Das Amtsgericht Mettmann ordnete durch Beschluß vom 22. Juli 1975 die vorläufige Vormundschaft für die Erblasserin an. Durch Beschluß vom 26. November 1975 wurde sie wegen Geisteskrankheit entmündigt. Am 12. Januar 1976 verstarb Anna B. Das Amtsgericht Mettmann erteilte am 2. Dezember 1976 einen Erbschein, der den Kläger zu 4) und die Kläger zu 1) bis 3) als Miterben nach der Erblasserin ausweist.

Die Kläger haben u.a. geltend gemacht: Der Mietänderungsvertrag vom 13. Februar 1974 und die Kaufverträge, welche die Erblasserin am 26. Februar 1974 und am 26. März 1975 ohne Beteiligung des Klägers zu 4) als Testamentsvollstrecker mit der Beklagten zu 1) geschlossen habe, sowie die Vereinbarungen vom 15. Mai 1975 seien nichtig. Auch die Anfechtung des Erbvertrages vom 18. März 1973 durch die Erblasserin sei unwirksam. Die Erblasserin sei im Februar 1974 infolge ihrer Geistes- und Willensschwäche und infolge des Einflusses von Medikamenten nicht geschäftsfähig gewesen. Die Beklagten hätten diesen Zustand und die Unerfahrenheit der Erblasserin ausgenutzt, um sich durch die Verträge einseitige Vermögensvorteile zu verschaffen, ohne dafür entsprechende Gegenleistungen zu versprechen. Der Beklagte zu 3) habe in den Jahren 1974 und 1975 erhebliche Beträge von den Konten der Erblasserin abgehoben und für sich behalten. Über derartige Vorgänge hätten die Beklagten Auskunft zu erteilen und die entsprechenden Unterlagen herauszugeben. Außerdem hätten sich die Beklagten durch ihr sittenwidriges Verhalten der Erblasserin gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht und daher für die dadurch verursachten Schäden einzustehen.

Hinsichtlich der in der Revisionsinstanz streitigen Punkte haben die Kläger vor dem Landgericht beantragt, festzustellen, daß der Vertrag vom 13. Februar 1974 unwirksam sei, und daß die Beklagten zu 2) und 3) den Klägern gegenüber verpflichtet seien, alle Schäden zu ersetzen, die den Klägern daraus entstanden seien, daß die Beklagten zu 2) und 3) die Erblasserin veranlaßt hätten, rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, die für die Erblasserin vermögensrechtlich nachteilig gewesen seien. Die Beklagten haben insoweit Klageabweisung beantragt und der Beklagte zu 3) hat Widerklage auf Zahlung von 5.656,51 DM nebst Zinsen sowie auf Freistellung hinsichtlich einer Forderung von 578,60 DM erhoben.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Teilurteil über die Klage entschieden und sich die Entscheidung über die Widerklage vorbehalten. Hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch strittigen Klageanträge hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Das Oberlandesgericht hat durch Teilurteil die Berufung der Kläger gegen die Abweisung dieser Anträge zurückgewiesen und den im Berufungsverfahren erstmals gestellten Antrag der Kläger, den Beklagten zu 3) zur Zahlung von 16.000,- DM nebst Zinsen zu verurteilen, die dieser von Konten der Erblasserin abgehoben und unbefugt für sich behalten habe, abgewiesen.

Mit der Revision verfolgen die Kläger ihre Anträge auf Feststellung, daß der Mietänderungsvertrag vom 13. Februar 1974 nichtig ist, sowie, daß die Beklagten zu 2) und 3) zum Schadensersatz verpflichtet sind, weiter. Ferner haben sie ihren Anspruch gegen den Beklagten zu 3) auf Zahlung von 16.000,- DM nebst Zinsen geltend gemacht. Die Beklagten haben die Zurückweisung der Revision beantragt. Hinsichtlich des gegen den Beklagten zu 3) gerichteten Zahlungsanspruchs ist die Revision nicht angenommen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nur insoweit begründet, als das Berufungsgericht die Berufung der Kläger gegen die Abweisung ihres Antrages auf Feststellung, daß der Mietänderungsvertrag vom 13. Februar 1974 nichtig sei, zurückgewiesen hat.

I.

Das Berufungsgericht meint, es liege kein Grund für die Annahme der Nichtigkeit der Vereinbarung vom 13. Februar 1974 vor. Daß die Voraussetzungen der §§ 104, 105 BGB in der Person der Erblasserin vorgelegen hätten, könne nicht festgestellt werden. Hiergegen erhebt die Revision keine Einwendungen.

Das Berufungsgericht führt weiter aus, es könne auch nicht festgestellt werden, daß der Vertrag sittenwidrig sei. Zwar habe sich die Rechtsstellung der Beklagten zu 1) durch diese Vereinbarung erheblich verbessert. Deshalb allein sei der Vertrag aber nicht als sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB zu werten. Ebensowenig seien die in § 138 Abs. 2 BGB a.F. genannten Voraussetzungen erfüllt, weil die Kläger keine Tatsachen dafür vorgetragen hätten, daß die Beklagte zu 1) eine Zwangslage oder den Leichtsinn der Erblasserin ausgebeutet habe, um sich einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen.

II.

Mit dieser Begründung hält das angefochtene Urteil den Revisionsangriffen nicht stand.

1.

Die Revision macht mit Erfolg geltend, daß das Berufungsgericht die Frage, ob der Mietänderungsvertrag vom 13. Februar 1974 der Zustimmung des Testamentsvollstreckers bedurfte, überhaupt nicht erörtert habe. Eine solche Prüfung wäre jedoch erforderlich gewesen, weil die Erblasserin in dem Mietänderungsvertrag auf zum Nachlaß ihres verstorbenen Mannes gehörende Rechte aus dem Mietvertrag mit der Beklagten zu 1) vom 24. März 1972 verzichtet hat, obwohl dem Kläger zu 4) als Testamentsvollstrecker aufgrund des Erbvertrages vom 18. März 1973 an diesem Nachlaß ein bis zum Tode der Erblasserin dauerndes Verwaltungsrecht zustand.

a)

Mit dem Tode von Karl S. war die eheliche Gütergemeinschaft beendet (§ 1482 BGB) und sein Anteil am Gesamtgut gehörte - wie Sondergut und Vorbehaltsgut auch - zum Nachlaß. Eine Erbauseinandersetzung fand nicht statt. Dennoch ging die Anordnung der Testamentsvollstreckung damit nicht ins Leere, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in der Sache 9 U 116/76 angenommen hat. Denn die von Karl S. angeordnete Testamentsvollstreckung ist dahin auszulegen, daß sie nicht zum Zwecke der Auseinandersetzung erfolgen sollte (§§ 2203, 2204 BGB), sondern eine bis zum Tode seiner Ehefrau dauernde Verwaltungsvollstreckung durch den Testamentsvollstrecker sein sollte (§ 2209 Satz 1 2. Halbsatz BGB). Das Berufungsgericht hat die Erklärungen der Eheleute Schlippert im Zusammenhang mit der Errichtung des Erbvertrages vom 18. März 1973 nicht ausgelegt. Das Revisionsgericht kann diese Auslegung hier selbst vornehmen, weil der Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Schriftstücke insoweit hinreichend geklärt ist (Senatsurteile vom 11. Juni 1975 - VIII ZR 83/73 = WM 1975, 916; vom 25. Mai 1970 - VIII ZR 253/68 = WM 1970, 877, 878; BGHZ 65, 107, 112).

b)

Durch Erbvertrag vom 14. November 1922 hatten sich die Eheleute Karl und Anna S. gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Unter Bezugnahme auf die Erbeinsetzung in diesem Erbvertrag schlössen die Eheleute Schlippert am 18. März 1973 einen weiteren Erbvertrag, durch den sie den Kläger zu 4) als Erben des überlebenden Ehepartners einsetzten und in dem Karl Schlippert Testamentsvollstreckung über seinen Nachlaß für den Fall anordnete, daß er der Erstversterbende ist.

Wenn ein Erbvertrag im wesentlichen nichts anderes enthält als die Einsetzung eines Alleinerben und die Ernennung eines Testamentsvollstreckers, so liegt es nahe, die Testamentsvollstreckung als eine Dauervollstreckung anzusehen, weil sie sonst keinen Sinn hätte (Brandner in MünchKomm, BGB, § 2209 Rdn. 7; Staudinger/Reimann, BGB, 12. Aufl. § 2209 Rdn. 7; Kipp/Coing, Erbrecht, § 69 II 2 Fußnote 9). Das ist auch in diesem Fall anzunehmen. Karl S. hatte das gemeinsame Vermögen der Eheleute verwaltet, während seine Ehefrau die Haushaltsführung erledigt und sich um die wirtschaftlichen Grundlagen der Ehe nur wenig gekümmert hat. Durch die Anordnung der Testamentsvollvollstreckung im Falle seines Vorversterbens wollte Karl S. seiner Frau die Verwaltung des Vermögens abnehmen und sie gleichzeitig in ihren Verfügungsmöglichkeiten soweit wie möglich beschränken. Hierfür spricht entscheidend der Umstand, daß Karl S. im Erbvertrag vom 18. März 1973 ausdrücklich angeordnet hat, die Testamentsvollstreckung solle bis zum Tode seiner Ehefrau dauern, obwohl der Testamentsvollstrecker keine weiteren letztwilligen Verfügungen des Karl S. auszuführen hatte und ihm auch sonst keine besonderen Aufgaben übertragen worden waren. Hierfür spricht weiter, daß seine Ehefrau mit dieser Form der Testamentsvollstreckung ausdrücklich einverstanden war. Das ergibt sich aus einem schriftlichen Vermerk des den Erbvertrag beurkundenden Notars.

Danach hat Frau S. bei der Beurkundung erklärt, sie befürchte, später zur Abgabe eines anderen Testaments oder einer lebzeitigen Verfügung überredet zu werden und sei deshalb mit der Bindungswirkung und der Anordnung der Testamentsvollstreckung einverstanden.

c)

Aufgrund der Anordnungen von Karl S. im Erbvertrag vom 18. März 1973 ist sein Nachlaßvermögen als Sondervermögen anzusehen, das der Testamentsvollstreckung unterlag, wobei es gleichgültig ist, ob es einem Alleinerben gehörte oder einer Erbengemeinschaft zustand (Kregel in BGB-RGRK, 12. Aufl. § 2211 Rdn. 1; Brandner, a.a.O., § 2211 Rdn. 2; vgl. auch BGHZ 48, 214, 219). Zu diesem Sondervermögen gehörten nicht nur ein Anteil des teilweise an die Beklagte zu 1) vermieteten Grundstücks am W. in D. sondern auch die Rechte aus dem Mietvertrag vom 24. März 1972, so daß der Erblasserin für die Dauer der Testamentsvollstreckung die alleinige Verfügungsmacht, gerade auch soweit sie die Rechte aus dem Mietvertrag betraf, entzogen war (§ 2211 BGB). Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10. März 1976 - V ZB 7/72 (NJW 1976, 893), auf die sich die Revisionserwiderung beruft, läßt sich nichts anderes entnehmen. Diese Entscheidung befaßt sich nur mit der Frage der Verfügungsbefugnis einer Vorerbin über ein zum Gesamtgut gehörendes Grundstück.

Der Mietänderungsvertrag vom 13. Februar 1974 enthielt Verfügungen im Sinne von § 2211 BGB, weil die Erblasserin in diesem Vertrag auf mehrere Rechte aus dem Mietvertrag verzichtete (Staudinger/Reimann, a.a.O., § 2205 Rdn. 24, § 2211 Rdn. 15; Brandner, a.a.O., § 2205 Rdn. 30). Die Änderungen bestanden darin, daß die Erblasserin auf das im Mietvertrag vom 24. März 1972 vereinbarte einjährige Kündigungsrecht verzichtete und sich mit einem fünfjährigen Kündigungsrecht einverstanden erklärte. Weiter verzichtete sie auf die vereinbarte jährliche Mieterhöhung und auf einen Teil des ihr vereinbarungsgemäß zustehenden Anspruchs auf Renovierung des Hauses durch die Beklagte zu 1) bei Beendigung des Mietverhältnisses.

Sofern die Testamentsvollstreckung bei Abschluß des Mietänderungsverträges am 13. Februar 1974 noch bestand, bedurfte dieser Vertrag damit zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung des Testamentsvollstreckers.

2.

Die Anordnung der dauernden Testamentsvollstreckung könnte dadurch entfallen sein, daß die Erblasserin den Erbvertrag vom 18. März 1973 durch die Erklärungen vom 2. April 1974 und 27. Juni 1974 wirksam angefochten hat.

Das Berufungsgericht hat die Frage der Wirksamkeit des Erbvertrages vom 18. März 1973 offengelassen. Von der Entscheidung dieser Frage hängt es jedoch ab, ob die in diesem Erbvertrag angeordnete dauernde Testamentsvollstreckung fortbestand mit der Folge, daß der Testamentsvollstrecker dem Mietänderungsvertrag vom 13. Februar 1974 hätte zustimmen müssen. Dem Revisionsgericht ist eine Entscheidung über die Wirksamkeit des Erbvertrages vom 18. März 1973 verwehrt, weil die in diesem Zusammenhang erforderlichen Feststellungen zur Frage der Wirkungen der Anfechtungserklärungen fehlen. Aus diesem Grund kann das Berufungsurteil in diesem Punkt keinen Bestand haben. Die entsprechenden Feststellungen müssen durch das Berufungsgericht nachgeholt werden. Dabei wird es die nachfolgenden Gesichtspunkte zu beachten haben.

a)

Bei der am 2. April 1974 erfolgten Anfechtung kommt als Anfechtungsgrund nur ein Irrtum der Erblasserin gemäß den §§ 2281 Abs. 1, 2078 Abs. 2 BGB in Betracht. Ob dieser Anfechtungsgrund vorliegt, erscheint zweifelhaft. Denn bei den von der Erblasserin angeführten Gründen für die Anfechtung könnte es sich eher um Gründe für die Entlassung des Testamentsvollstreckers handeln als um Tatsachen, die eine Anfechtung rechtfertigen könnten.

b)

Mit der Eheschließung der Erblasserin am 25. Juni 1974 könnte gemäß §§ 2281 Abs. 1 Halbsatz 2, 2079 Satz 1 BGB ein Anfechtungsgrund wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten entstanden sein. Ein Recht der Erblasserin, den Erbvertrag vom 18. März 1973 wegen Übergehens eines Pflichtteilsberechtigten anzufechten, könnte jedoch bereits durch die Erbverträge ausgeschlossen sein.

Das Anfechtungsrecht wegen Übergehens eines Pflichtteilsberechtigten ist nämlich nach § 2079 Satz 2 BGB von vornherein ausgeschlossen, wenn der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage zu dessen Nachteil verfügt haben würde. Auf das Anfechtungsrecht aus diesem Grunde kann deshalb bereits im Erbvertrag selbst verzichtet werden (Kregel, a.a.O., § 2281 Rdn. 6; Musielak in MünchKomm, BGB, § 2281 Rdn. 16; Soergel/Siebert/Knopp, BGB, 10. Aufl., § 2079 Rdn. 4 a.E.; Dittmann/Reimann/Bengel, Testament und Erbvertrag, § 2281 Rdn. 14; Erman/Hense, BGB, 7. Aufl. § 2281 Rdn. 2; OLG Celle NJW 1963, 353). Der Erblasser kann die Sicherung der Bedachten und den Bestand seiner letztwilligen Verfügung in einem Erbvertrag dadurch erreichen, daß er eine Klausel in den Vertrag aufnimmt, nach der die getroffenen Regelungen auch für den Fall gelten sollen, daß später pflichtteilsberechtigte Personen hinzutreten.

Eine solche Auslegung der geschlossenen Erbverträge liegt im vorliegenden Fall nahe. Im Erbvertrag vom 14. November 1922, auf den der Erbvertrag vom 18. März 1973 inhaltlich Bezug nimmt, hatten die Eheleute Schlippert eine gegenseitige Erbeinsetzung vereinbart "gleichviel ob und welche Pflichtteilsberechtigte zur Zeit unseres Todes vorhanden sind". Diese Klausel hat durch die Bezugnahme im Erbvertrag vom 18. März 1973 ihre Geltung behalten.

c)

Falls das Berufungsgericht die Wirksamkeit des Erbvertrages vom 18. März 1973 feststellen sollte, hätte das zur Folge, daß der Mietänderungsvertrag vom 13. Februar 1974 zunächst schwebend unwirksam war (Staudinger/Reimann, a.a.O., § 2211 Rdn. 2; Brandner, a.a.O., § 2211 Rdn. 7; RGZ 87, 432, 434). Wenn der Testamentsvollstrecker dem Mietänderungsvertrag vor Beendigung der Testamentsvollstreckung, d.h. bis zum Tode der Erblasserin, seine Zustimmung versagt hätte, wäre dieser Vertrag endgültig unwirksam geworden. Auf die Frage der Sittenwidrigkeit dieses Vertrages käme es dann nicht mehr an. Andernfalls wäre der Mietänderungsvertrag entsprechend § 185 Abs. 2 BGB spätestens mit der Beendigung der Testamentsvollstreckung - ohne Rückwirkung - wirksam geworden (Staudinger/Reimann, a.a.O., § 2211 Rdn. 5; Brandner, a.a.O., § 2211 Rdn. 10; RG LZ 1915, 699; RG LZ 1931, 1325).

d)

Die Feststellung, daß die Anfechtung des Erbvertrages vom 18. März 1973 wirksam ist, würde im Hinblick auf die erbvertragliche Einsetzung des Testamentsvollstreckers zur Unwirksamkeit des gesamten Erbvertrages führen, also auch die Anordnung der Testamentsvollstreckung erfassen. Eine Rücknahme der Anfechtung und eine Bestätigung des Fortbestandes der Testamentsvollstreckung ist nach erfolgter Anfechtung nicht mehr möglich. Ebensowenig konnte die Erblasserin die im Erbvertrag vom 18. März 1973 angeordnete Testamentsvollstreckung durch den Erbvertrag vom 9. September 1974 neu begründen. Möglich war allenfalls eine Beauftragung des Testamentsvollstreckers zur Verwaltung des Vermögens durch die Erblasserin.

3.

Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, daß der Mietänderungsvertrag mit der Beendigung der Testamentsvollstreckung wirksam geworden ist, oder daß aufgrund der Unwirksamkeit des Erbvertrages vom 18. März 1973 überhaupt keine wirksame Testamentsvollstreckung vorlag, so hätte das zur Folge, daß es nunmehr darauf ankäme, ob der Mietänderungsvertrag - wie die Revision geltend macht - nach § 138 BGB nichtig ist. Die Kläger werden dabei Gelegenheit haben, ihre in der Revisionsinstanz insoweit geltendgemachten rechtlichen Gesichtspunkte erneut vorzutragen.

III.

Soweit die Kläger mit der Revision ihr Feststellungsbegehren weiter verfolgen, daß die Beklagten zu 2) und 3) zum Ersatz der Schäden verpflichtet seien, welche der Erblasserin und den Klägern dadurch entstanden seien, daß die Beklagten zu 2) und 3) die Erblasserin zu nachteiligen rechtsgeschäftlichen Erklärungen veranlaßt hätten, hat ihre Revision keinen Erfolg.

1.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß es hinsichtlich dieses Antrages an einer bestimmten Bezeichnung der festzustellenden Rechtsverhältnisse fehlt, so daß die Klage schon deshalb unzulässig sein dürfte. Jedenfalls sei die Klage aber unbegründet, weil die Kläger keine Tatsachen vorgetragen hätten, die ihren Feststellungsantrag rechtfertigen könnten. Aus der Tatsache, daß die zwischen der Beklagten zu 1) und der Erblasserin geschlossenen Verträge vom 15. Mai 1975 sittenwidrig und nichtig seien, lasse sich nicht entnehmen, daß die Beklagten zu 2) und 3) sich einer unerlaubten Handlung der Erblasserin und/oder den Klägern gegenüber schuldig gemacht hätten.

2.

Die Revision macht zu Recht geltend, daß ein unzulässiger Klageantrag nicht als "jedenfalls unbegründet" abgewiesen werden durfte. Die Zulässigkeit einer Klage kann grundsätzlich nicht mit der Begründung offenbleiben, daß die Klage jedenfalls unbegründet sei. Denn die Rechtskraft eines die Klage als unbegründet abweisenden Urteils hat einen anderen Umfang als die Rechtskraft eines die Klage als unzulässig abweisenden Prozeßurteils. Nur letzteres läßt dem Kläger die Möglichkeit, erneut zu klagen, wenn die Klage später zulässig wird (BGHZ 11, 222, 223 f.; Senatsurteile vom 13. November 1963 - VIII ZR 14/62 und vom 17. November 1969 - VIII ZR 71/68, beide unveröffentlicht).

3.

Gleichwohl hat die Revision mit ihrer gegen die Abweisung des Feststellungsantrages gerichteten Rüge keinen Erfolg, weil die festzustellenden Rechtsverhältnisse weder im Klageantrag noch in der Klagebegründung hinreichend bestimmt sind.

a)

Auch bei einer Feststellungsklage muß die Klage den Anforderungen des § 253 ZPO genügen. Insbesondere muß der Klageantrag im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt sein, denn der Umfang der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft muß feststehen (Zöller/Stephan, ZPO, 13. Aufl. § 256 Anm. IV 1). Die erforderliche Bestimmtheit verlangt, daß das festzustellende Rechtsverhältnis genau bezeichnet wird (Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZPO, 19. Aufl. § 256 Anm. IV 2 b). Dazu genügt es, daß der Kläger die rechtsbegründenden Tatsachen näher angibt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 41. Aufl. § 256 Anm. 4 B, § 253 Anm. 5 B a.E.; Wieczorek, ZPO, 2. Aufl. § 253 G III c). Soweit es sich um Schadensersatzansprüche handelt, ist eine bestimmte Bezeichnung des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses erforderlich (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 256 Anm. 4 B).

b)

Diesen Anforderungen genügt die von der Revision weiterverfolgte Feststellungsklage nicht. Es fehlt bereits an einer bestimmten Bezeichnung des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses durch die Kläger. Der Feststellungsantrag, daß die Beklagten zu 2) und 3) den Klägern die aus "nachteiligen Erklärungen" der Erblasserin entstandenen Schäden zu ersetzen hätten, läßt nicht erkennen, aus welchen konkreten Erklärungen der Erblasserin den Klägern möglicherweise Schäden entstanden sein könnten. Auch die Klagebegründung enthält insoweit keine nähere Kennzeichnung der festzustellenden Rechtsverhältnisse.

c)

Soweit die Revision meint, das Berufungsgericht hätte den Antrag dahin auslegen müssen, daß die Kläger jedenfalls die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2) und 3) hinsichtlich der Folgen der Verträge vom 13. Februar 1974, vom 26. Februar 1974, vom 26. März 1975 und vom 15. Mai 1975 festgestellt haben wollten, kann dem nicht gefolgt werden. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob eine solche einschränkende Auslegung des Feststellungsantrages im Hinblick auf die weite Fassung der beantragten Feststellung hinsichtlich "nachteiliger Erklärungen" der Erblasserin zulässig ist. Davon abgesehen ist es in einem Verfahren, in dem Anwaltszwang besteht, nicht Sache des Gerichts, unbestimmte Anträge der Parteien so auszulegen, daß sie zulässig werden. Das Gericht hat zwar im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) auf sachdienliche Anträge hinzuwirken und gegebenenfalls auch auf Bedenken gegen unbestimmte Anträge aufmerksam zu machen. Einen solchen Hinweis haben die Kläger aber spätestens durch das erstinstanzliche Urteil erhalten, in dem ihr Feststellungsantrag bereits mangels Bestimmtheit als unzulässig abgewiesen worden ist. Dennoch haben sie ihre Anträge im Berufungsverfahren nicht geändert.

IV.

1.

Das angefochtene Urteil konnte daher keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Kläger gegen die Abweisung ihres Feststellungsantrages auf Nichtigkeit des Mietänderungsvertrages vom 13. Februar 1974 zurückgewiesen hat. Da es weiterer Sachaufklärung und gegebenenfalls Beweiserhebung bedarf, war die Sache im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 ZPO). Hinsichtlich der beantragten Feststellung, daß die Beklagten zu 2) und 3) den Klägern zum Ersatz des Schadens verpflichtet seien, der ihnen dadurch entstanden sei, daß die Beklagten zu 2) und 3) die Erblasserin zu nachteiligen Erklärungen veranlaßt hätten, war das Berufungsurteil abzuändern und die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen.

2.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts war auch im Kostenpunkt aufzuheben, weil es den Klägern die dem Beklagten zu 3) entstandenen außergerichtlichen Kosten auferlegt hat, obwohl gegenüber dem Beklagten zu 3) wegen der rechtshängigen Widerklage noch keine vollständige Beendigung des Rechtsstreits eingetreten ist. Da der endgültige Erfolg des Rechtsmittels vom Ergebnis der anderweiten Verhandlung und Entscheidung abhängt, war dem Berufungsgericht auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen.

 

Unterschriften

Braxmaier

Wolf

Merz

Dr. Skibbe

Treier

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456186

NJW 1983, 2247

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