Die Eheleute Müller übergeben ihre Immobilie an den Sohn, lassen sich jedoch ein Wart- und Pflegeverpflichtung eintragen. Im Zuge der Insolvenz des Sohnes kommt auch die Immobilie in die Zwangsvollstreckung. Zur Bestimmung des geringsten Gebotes ist ein angemessener Geldbetrag für die Wart- und Pflegeverpflichtungen zu finden. Herr Müller ist 78 Jahre alt, seine Ehefrau ist 74 Jahre alt. Bei beiden liegt noch kein Bedarf vor. Die Immobilie liegt in Rheinland-Pfalz. Als Besonderheit liegen hier nun zwei verschiedene Wart- und Pflegeverpflichtungen für die beiden Übergeber vor, die zunächst getrennt ermittelt werden, um dann für das geringste Gebot zusammengerechnet zu werden. Es zählt also nicht etwa nur die teuerste Wart- und Pflegeverpflichtung allein. Beide Werte bestehen und müssen summiert werden. Da bei keinem der beiden Übergeber ein Bedarf vorliegt, ist bei beiden Berechtigten das reine Risiko zu ermitteln.

aa) Bewertung der Wart-und Pflegeverpflichtung des Ehemannes

Der Typische Lebenserwartungszeitraum läuft nach den abgezinsten Vervielfältigern zu § 14 BewG 7,032 Jahre und daher von 78 Jahren bis zum Alter des Übergebers von 85,032 Jahren. Da noch kein Bedarf vorliegt, ist der angemessene Jahresbetrag das reine Risiko des gewichteten durchschnittlichen Ersparnisbetrages für Rheinland-Pfalz, der bei 735,00 EUR pro Monat und bei 8.820,00 EUR pro Jahr liegt.

Der typische Lebenserwartungszeitraum ist hinsichtlich des Risikos aufzuteilen. Damit fallen zwei Jahre in den Alterskorridor von 75–80 Jahren und 5,032 Jahre in den Alterskorridor von 80–85 Jahren der Risiko- und Hilfsbedürftigkeitstabelle 2011. Die Risikoprozentsätze sind dann die folgenden:

 
2 Jahre entfallen auf den Alterskorridor 75–80 Jahren: 15,62 %
5,032 Jahre entfallen auf den Alterskorridor 80–85 Jahren: 29,13 %

Der bei Festsetzung des geringsten Gebots verbleibende typische Lebenserwartungszeitraum von 7,032 Jahren wird dann entsprechend aufgeteilt:

 
2 x 15,62 % von 8.820,00 EUR = 2.755,36 EUR
5,032 x 40,19 % von 8.820,00 EUR = 12.928,54 EUR

Aus den beiden Produkten wird dann die Summe gebildet, um den reinen Risikobetrag zu ermitteln = 15.683,90 EUR. Damit wären 15.683,90 EUR als angemessener für die Wart- und Pflegeverpflichtung des Ehemannes anzusetzen.

bb) Bewertung der Wart-und Pflegeverpflichtung der Ehefrau

Der typische Lebenserwartungszeitraum der Ehefrau läuft nach den abgezinsten Vervielfältigern zu § 14 BewG 9,546 Jahre und daher von 74 Jahren bis zum Alter der Übergeberin von 83,546 Jahren. Die Berechnung erfolgt dann wie oben, nur werden andere Alterskorridore und Prozentsätze angesprochen. Ein Jahr in den Alterskorridor von 70–75 Jahren mit dem Risikoprozentsatz 8,20 %, fünf Jahre in den Alterskorridor von 75–80 Jahren mit 18,43 % und 3,546 Jahre in den Alterskorridor von 80–85 Jahren mit 40,19 %.

Der bei Festsetzung des geringsten Gebots verbleibende typische Lebenserwartungszeitraum von 9,546 Jahren wird dann entsprechend aufgeteilt:

 
1 x 8,2 % von 8.820,00 EUR = 723,24 EUR
5 x 18,43 % von 8.820,00 EUR = 8.127,60 EUR
3,546 x 40,19 % von 8.820,00 EUR = 12.569,71 EUR

Daraus wird dann die Summe gebildet, um den reinen Risikobetrag zu ermitteln = 21.420,55 EUR.

Damit wären 21.420,55 EUR als angemessener für die Wart- und Pflegeverpflichtung der Ehefrau anzusetzen. In das geringste Gebot würden damit 15.683,90 EUR + 21.420,55 EUR = 37.104,45 EUR für die beiden Wart- und Pflegeverpflichtungen der beiden Berechtigten fallen.

Die anderen Anspruchskonstellationen führen zu vergleichbaren Berechnungen. Die jeweiligen Ansprüche ändern die Art der Berechnung nicht weiter, sodass die exemplarischen Berechnungen bereits die erforderliche Verifizierung ergeben. Es wird ersichtlich, dass sich die Wart- und Pflegeverpflichtungen für sämtliche Anspruchskonstellationen in Übergabeverträgen ganz differenziert mit diesem Lösungsansatz berechnen und bewerten lassen.

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