Die Autoren unterlassen es, Testamentsvollstreckung zunächst generell in den Instrumentenkasten der Privatrechtsordnung und des verfassungsmäßig garantierten Erbrechts speziell einzuordnen und daraus dann für ihre Problemstellung die notwendigen Schlüsse zu ziehen. Schon bei solchen Erwägungen über den vom Gesetzgeber in einem langen Versuch-und-Irrtum-Prozess gefundenen, in sich derzeit mehr oder weniger stimmigen und sachgerechten Ordnungsrahmen für ein Phänomen der Lebenswirklichkeit wären sie auf gewisse (institutionelle) Beschränkungen der Gestaltungsmacht (Testierfreiheit) der Rechtssubjekte gestoßen.[2] Zu fragen wäre nämlich gewesen, welchem Zweck Testament und TV im Rahmen des Erbrechts als letztwillige, selbst gestaltete privatrechtliche Regelung (Testierfreiheit) der materiellen Nachfolge in die Rechte und Pflichten eines Verstorbenen eigentlich dienen soll, was ratio legis dieses Instituts der Rechtsordnung ist.

Das Privatrecht kennt mit seinen verfassungsmässig garantierten Eigentumsregelungen keinen erbenlosen (und auch sonst kaum einen eigentümerlosen) Zustand in der Vermögenssphäre. Also muss mit dem Tod/Untergang der Rechtspersönlichkeit (oder Erlöschen einer jurP) eines Zivilrechtssubjekts unmittelbar (ohne logische Sekunde) ein neuer (rechts- und tunlichst auch geschäftsfähiger) Vermögensträger vorhanden sein. Und insofern war diesbezüglich für aus der Lebenserfahrung heraus erwartbare Defizitlagen Vorsorge für die Vermögenssorge zu treffen (ähnliche Defizite in unterschiedlichen Konstellationen bringen in Privatrechtszusammenhängen dann einen Vermächtnisverwalter, Nachlassverwalter, Pfleger, Vormund, Betreuer oder Insolvenzverwalter ins Spiel, die alle zumeist fremdes Vermögen verwalten).

Da in einer Zivilrechtsgesellschaft das Prinzip “privat vor Staat‘ obwaltet, gilt grundsätzlich: zunächst einmal kein Staatserbrecht. Der neue Vermögensträger (Erbe/Erben) ist idealiter eine natürliche Person und in privatrechtlichen Zusammenhängen gedacht (z. B. kein Teil-Erbrecht eines Gottes, eines Heiligen oder des Königs). Er kann bei “uns‘ aus dem Nahbereich/Familie des Erblassers sozusagen automatisch (gesetzlich geregelte Familienerbfolge) oder aufgrund der Testierfreiheit zu Lebzeiten in einer normalerweise einseitigen, letztwilligen Verfügung (als gewillkürter Erbe) bestimmt werden (dann estate planning). Was ein Rechtsbürger unter dem GG zu Lebzeiten materiellrechtlich frei gestalten kann, kann ihm auf den Tod hin, sein Eigentum-Nachher, nicht verweigert werden. Aber hinsichtlich letzterer Gestaltungsfreiheit ist er etwas eingeschränkter als bei ersterer.

[2] Immerhin wird das Problem nicht gänzlich übersehen. So wird (auf S. 258) auf die Dichotomie bei Erblasserwillen und Stifterwillen hingewiesen: Kann der eine jenseits steuerrechtlicher Regelungen Thesaurierung von Erträgen bzw. ertraglose Vermögensanlage während der Amtszeit des TV anordnen, so kann der andere dieses nicht; Letzterer ist gebunden an die Erwartungshaltung des Gesetzgebers, dass die idealtypische Förderstiftung ihr Vermögen ertragbringend anlegt (§ 87 Abs. 2 BGB: "Erträge des Stiftungsvermögens") und an den in der Satzung bestimmten “Personenkreis‘ ausschüttet. Der engere Stifterwille obsiegt hier über den eventuell weiteren Erblasserwillen.

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