Mit einem der sehr seltenen Fälle des Pflichtteilsentzugs nach § 2333 Abs. 1 Nr. 3 BGB hatte sich Ende des Jahres 2013 das OLG Frankfurt zu befassen.[26] Der verstorbene Erblasser hatte seine Lebensgefährtin als Alleinerbin eingesetzt und verfügt, dass seine Kinder enterbt würden und ihnen zugleich den Pflichtteil entzogen. Zur Begründung wurde im Testament ausgeführt, dass die Kinder dem Erblasser Hilfe und Pflege verweigert hätten, als er aufgrund eines Verkehrsunfalls im Jahr 1991 pflegebedürftig geworden war. Die Pflege war fast ausschließlich von seiner damaligen Ehefrau geleistet worden.

Das OLG Frankfurt sah die Voraussetzungen einer Pflichtteilsentziehung nicht als erfüllt an. Nicht jedes Fehlverhalten, das zu einer Entfremdung oder zu einem Zerwürfnis mit dem Erblasser führe, dürfe – so das OLG – zu einer Pflichtteilsentziehung führen, da sonst das Pflichtteilsrecht der Kinder praktisch leerlaufen könne. Der Erblasser habe die Tatbestandsvoraussetzung des § 2333 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht dargelegt. So sei schon nicht ersichtlich, dass die zum Zeitpunkt des Unfalls erst 16jährige Tochter gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet gewesen wäre. Da Unterhalt grundsätzlich nur als Geldleistung (§ 1612 BGB) geschuldet werde, könne die Pflichtteilsentziehung nicht auf die Versagung einer persönlichen Pflege im Krankheitsfall gestützt werden. Zudem reiche die bloße Leistungsverweigerung nicht aus, da das Gesetz eine "böswillige" Verletzung der Unterhaltspflicht verlange, weshalb eine verwerfliche Gesinnung hinzutreten müsse. Entsprechende Anhaltspunkte seien aber nicht vorgetragen.

[26] OLG Frankfurt FamRZ 2014, 1149 mit Anm. Ruetten, NZFam 2014, 191.

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