Alle Sozialversicherungsleistungen (SGB III, SGB V, SGB VI, SGB VII, SGB XI) beruhen auf Beitragszahlungen. Das in der Sozialhilfe geltende Subsidiaritätsprinzip gilt hier nicht.[5] Der Zufluss aus einer Erbschaft führt nicht zu einem Wegfall der eigenen Rente. Allenfalls lösen noch nicht erfüllte Sozialversicherungsansprüche Fragen der Rechtsnachfolge (§ 59 SGB I) aus.

Erträge aus einer Erbschaft können unter besonderen Voraussetzungen Einfluss auf die Höhe von Sozialversicherungsbeiträge, bzw. den Sozialversicherungsstatus eines Versicherten haben. Im SGB V gibt es eine Belastungsgrenze bei Medikamentenzuzahlungen (§ 62 SGB V). Auch im Zusammenhang mit Beitragsschulden eines verstorbenen Mitglieds können sich Fragen stellen, weil der Tod eines Unternehmers zwar das Versicherungsverhältnis beendet, nicht aber die während der Dauer und aufgrund des Versicherungsverhältnisses entstandenen Ansprüche und Verpflichtungen zum Erlöschen bringt.[6] Eine solche Forderung verliert ihren öffentlich-rechtlichen Charakter nicht[7] und kann gegenüber dem Rechtsnachfolger hoheitlich geltend gemacht werden.[8] Das ist anders als im Fall einer versehentlichen Weiterzahlung einer Rente nach dem Tod des Berechtigten, wenn der Leistungsträger den Rücküberweisungsanspruch nach § 118 Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gegen das kontoführende Geldinstitut geltend macht.

In einem der eher seltenen Urteile auf der Schnittstelle von Sozialversicherungsrecht und Erbrecht hatte das SG Mainz[9] über Inhalt und Form der Geltendmachung eines solchen Anspruchs gegenüber einer Ehefrau und ihren Miterben entschieden, die die Erbschaft erst ausgeschlagen hatte, nachdem sie von Beitragsschulden und Säumniszuschlägen iHv rd. 10.000 EUR erfahren hatte. Das SG Mainz legte in dieser Entscheidung ausführlich dar, welch hohe Anforderungen inhaltlicher Art an einen solchen Verwaltungsakt zu stellen sind, insbesondere, wenn eine Erbengemeinschaft betroffen ist. Der Versicherungsträger dürfe dabei jederzeit an eine unstreitige Erbenstellung anknüpfen, nicht aber bei streitiger Sachlage. Ist das Erbe ausgeschlagen, so darf die Krankenkasse nach Ansicht des SG Mainz nicht durch Verwaltungsakt regeln, dass trotzdem die Erbschaft erfolgt ist. Zur Entscheidung über die Erbenstellung sei das jeweils zuständige Gericht im gewaltenteiligen Staat berufen. Der Leistungsträger müsse die Erbenstellung nach dem amtlichen Leitsatz des Gerichts deshalb "zunächst" von dem dazu berufenen Gericht klären.

Entscheidungen dieser Art sind in der Praxis selten. Gelegentlich ergeben sich auch Schnittstellen zwischen Zuwendungsverträgen und Statusfragen des Sozialversicherungsrechts. So hatte das BSG über einen Fall zu entscheiden, in dem die Eltern ihrem Sohn ihren gesamten landwirtschaftlichen Betrieb mit Inventar und Zubehör sowie Hausrat übertrugen. Der Kläger räumte seinen Eltern für die Übergabe und zur Sicherung ihres Lebensbedarfs auf Lebenszeit unentgeltliche Leibgedingsrechte ein, u. a. Wart und Pflege in den Tagen des Alters, der Gebrechlichkeit und Krankheit, ein Wohnrecht, etc. …

In den Folgejahren gab der Kläger die Viehhaltung auf, verpachtete die landwirtschaftliche Fläche z. T. und bewirtschaftete den Hof nicht mehr, sondern nutzte ihn nur noch zu Wohnzwecken. Der Sohn pflegte seinen Vater (Pflegestufe 2) und erlitt beim Umsetzen des Vaters vom Bett in den Pflegestuhl eine Verletzung des Knies.[10] Im Streit stand das Vorliegen eines Arbeitsunfalls, den der beklagte Unfallversicherungsträger verneinte. Der Kläger sei in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht als Pflegeperson versichert gewesen sei, weil er durch den im Streit stehenden Vertrag als Gegenleistung für die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebs die Verpflichtung zur Pflege seines Vaters übernommen und deshalb seinen Vater erwerbsmäßig gepflegt habe. Die Pflege sei unternehmerische Tätigkeit gewesen.

Das BSG entschied für den Kläger positiv. Gemäß § 2 Abs. 1 NR. 17 SGB VII sind kraft Gesetzes versicherte Pflegepersonen im Sinne des § 19 SGB XI bei der Pflege eines Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI versichert. Die Pflege darf nicht erwerbsmäßig erfolgen. Eine Tätigkeit im innerfamiliären Bereich ist auch dann nicht erwerbsmäßig, wenn der Pflegende als Anerkennung für seine Pflege finanzielle Zuwendungen oder andere Vorteile erhält. Das gilt nach der Entscheidung des BSG

Zitat

"jedenfalls dann, wenn der Wert der Zuwendungen den Betrag des dem Umfang der Pflegetätigkeit entsprechenden Pflegegeldes nicht überschreitet, es sei denn, aus dem weiteren Umständen ergibt sich, dass eine Erwerbsmäßigkeit der Pflegetätigkeit vorliegt."[11]

[5] Ausnahmsweise gibt es aber an einzelnen Stellen Regelungen über Belastungsgrenzen, die vom Einkommen abhängen, z. B. bei der Medikamentenzuzahlung, § 62 SGB V. Auch Beiträge orientieren sich am Einkommen.

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