c) Mit der Frage, ob sich die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments nach erfolgter Scheidung mit der Wiederverheiratung der Ehegatten wieder einstellt, hatte sich das OLG Hamm zu beschäftigen.[47] In dieser Entscheidung wird auch die Auffassung der Literatur zitiert, die vertritt, dass ein gemeinschaftliches Testament im Falle der Wiederverheiratung immer wirksam bleibt.[48] Mit überzeugender Begründung lehnt das OLG Hamm diese Auffassung jedoch ab, denn ein einmal unwirksam gewordenes Testament kann mit einer Wiederverheiratung nicht wieder wirksam werden. Würde man aber von einer uneingeschränkten Wirksamkeit ausgehen, dann entsteht damit ein unauflösbarer Widerspruch, wenn einer der geschiedenen Eheleute eine anderweitige, den gemeinsamen wechselbezüglichen Verfügungen widersprechende letztwillige Verfügung treffen würde.

Anderes mag nur in den Fällen gelten, in denen durch eine ergänzende Auslegung des Testaments die Feststellung erlaubt wäre, dass die Testierenden die Wirksamkeit ihres Testaments auch für den Fall der Auflösung ihrer Ehe gewollt haben, wie das in § 2268 Abs. 2 BGB vom Gesetzgeber ja auch vorgesehen ist. Dieser sogenannte Fortgeltungswille erstreckt sich auch auf die Wechselbezüglichkeit.[49] Allerdings wird man bei der Annahme eines die Bindungswirkung erfassenden Fortgeltungswillens bei einem gemeinschaftlichen Testament zurückhaltend sein müssen. Zutreffend angenommen wurde das etwa in dem Fall, dass gemeinschaftliche Kinder sogleich nach dem Erstversterbenden als Erben eingesetzt worden sind.[50]

Zum Teil wird vertreten, dass eine Wechselbezüglichkeit, die über die Eheauflösung hinaus zum Zuge kommen soll, nur erbvertraglich vereinbart werden kann.[51] Hält man sich vor Augen, dass für die Frage des Fortgeltungswillens auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung abzustellen ist,[52] wird es in aller Regel schwer bis unmöglich werden, einen derartigen Fortgeltungswillen bei einem gemeinschaftlichen Testament, das ja nun einmal der Natur nach der Widerruflichkeit unterliegt, anzunehmen.

[47] OLG Hamm ZEV 2011, 265.
[48] MüKo BGB 5. Aufl. § 2077 Rn 24.
[49] BayObLG NJW-RR 1993, 1157.
[51] PK Erbrecht, Klessinger § 2268 Rn 16.
[52] BGH FamRZ 1960, 28.

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