1. Gemäß § 21 FamFG kann das Verfahren ausgesetzt werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt. Das ist u. a. dann der Fall, wenn eine Entscheidung in einem anderen Verfahren für die Entscheidung in dem auszusetzenden Verfahren vorgreiflich ist. Über die Aussetzung des Verfahrens kann das Gericht von Amts wegen entscheiden. Gleichwohl können die Parteien gem. § 24 Abs. 1 FamFG eine solche Entscheidung anregen. Als eine solche Anregung wertet der Senat den Aussetzungsantrag der Beteiligten zu 3.

Mit ihrem Aussetzungsantrag, dem sie die Erbunwürdigkeitsklage in Kopie beigefügt hat, macht die Beteiligte zu 3. deutlich, dass sie sich auch im Beschwerdeverfahren auf eine Erbunwürdigkeit der Beteiligten zu 1. und 2. stützen will. Ein mögliches Vorliegen der Erbunwürdigkeitsgründe des § 2339 Abs. 1 BGB führt nicht automatisch dazu, dass der Erbe seine Erbschaftsinhaberschaft verliert. Hierzu bedarf es gem. § 2340 BGB einer Anfechtung, die im Wege der Anfechtungsklage des § 2342 BGB zu erfolgen hat. Dementsprechend ist eine Anfechtung wegen Erbunwürdigkeit im Erbscheinsverfahren selbst nicht möglich (BayObLG, Beschl. v. 4.10.1973, BReg 1 Z 18/73, RPfleger 1973, 431; Palandt/Weidlich, BGB, 70. Aufl., § 2341 Rn 1). Da aber eine rechtskräftige Gestaltungsklage, die die Erbunwürdigkeit bestätigt, gem. § 2344 BGB dazu führt, dass die Erbschaftsinhaberschaft des Betroffenen rückwirkend entfällt und er demgemäß nicht mehr als Erbe festzustellen ist, ist das angestrengte Klageverfahren gegenüber dem Erbscheinsverfahren vorgreiflich.

Für eine Aussetzung des Verfahrens genügt es, wenn das weitere Verfahren, dessen Entscheidung vorgreiflich ist, anhängig und seinerseits nicht ausgesetzt ist. Eine Rechtshängigkeit ist nicht erforderlich (Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., § 21 Rn 10).

§ 21 FamFG begründet für das entscheidende Gericht ein Recht, das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auszusetzen, jedoch keine Aussetzungspflicht (Keidel/Sternal, aaO, § 21 Rn 8). Bei der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens sind die Eigenarten des jeweiligen Verfahrens zu berücksichtigen und es ist zu prüfen, ob den Beteiligten eine Verzögerung der Entscheidung durch die Aussetzung zugemutet werden kann (Keidel/Sternal, aaO, § 21 Rn 21 mwN). Das Ermessen kann nur ausnahmsweise auf eine Aussetzungspflicht reduziert sein, wenn die Voraussetzungen einer Sachentscheidung im auszusetzenden Verfahren nicht geklärt werden können.

Der Senat hält es in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens nicht für geboten, das Feststellungsverfahren vorliegend auszusetzen. Dabei ist zu beachten, dass das Feststellungsverfahren Bestandteil des Erbscheinsverfahrens ist, das der Vorbereitung der Ausstellung des Erbscheins dient, wenn Streit über die Erbfolge besteht. Daher ist auch für dieses zu beachten, dass ein Erbschein das Erbrecht zum Zeitpunkt des Erbfalls in Gestalt einer widerleglichen Vermutung bescheinigt. Er weist daher die Erben, wie sie sich zum Zeitpunkt der Ausstellung des Erbscheins darstellen, aus. Künftige Veränderungen der Erbenstellung sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie bereits vorhersehbar sind. Dementsprechend kann eine Erbunwürdigkeitsklage bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nur dann die Aussetzung des hiesigen Beschwerdeverfahrens rechtfertigen, wenn ihr nach dem Klagevorbringen eine gewisse Erfolgsaussicht zuzubilligen ist. Dann nämlich ist vorhersehbar, dass zumindest eine Änderung in der Erbenstellung durch rechtskräftiges Urteil und seine rückwirkende Wirkung mit gewisser Wahrscheinlichkeit eintreten kann. Hat die Klage hingegen schon nach dem Klagevorbringen keine Aussicht auf Erfolg und würde sie deshalb – ggf. durch zwei Instanzen – lediglich einer ergebnislosen Verzögerung des Feststellungs- und Erbscheinsverfahrens dienen, muss dem das Interesse der übrigen Erben auf Verwertung des Nachlasses und Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft in absehbarer Zeit überwiegen. Dies gilt umso mehr, wenn innerhalb der Erbengemeinschaft ein gemeinsames Handeln für diese nachhaltig erschwert ist.

So liegt der Fall hier. Der vorgelegten Erbunwürdigkeitsklage fehlt es aus Sicht des Senates an jedwedem Sachvortrag, der geeignet sein könnte, einen der Erbunwürdigkeitsgründe des § 2339 Abs. 1 Nr. 1 – 4 BGB, dessen Aufzählung abschließend ist, zu belegen. Die pauschale Behauptung, die Beteiligten zu 1. und 2. seien am Tod der Erblasserin schuld, wird in der Klageschrift nicht dargetan. Vielmehr war die Erblasserin gestürzt und hatte einen Herzinfarkt. Ebenso wenig greift der Vortrag, die Erblasserin habe dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. und 2. eine behauptete Vollmacht aufgrund ihres Krankenhausaufenthaltes nicht mehr erteilen können, nicht durch. Selbst dies unterstellt, lässt es sich nicht unter § 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB subsumieren, weil es sich um ein strafbewehrtes Delikt in Ansehung einer letztwilligen Verfügung handeln müsste. Wenn auch der Senat abschließende Feststellungen zur Erbunwürdigkeit zu treffen nicht ber...

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