Auf einen Blick

Das deutsche Erbrecht mit seinen recht strengen (materiell-rechtlichen) Anforderungen an eine Erbausschlagung gem. § 1945 Abs. 1 BGB bereitet bei grenzüberschreitenden Erbfällen erhebliche praktische Schwierigkeiten, wenn der Erbe die Erklärung in einem anderen Mitgliedstaat abgeben will. Erben, die im Ausland leben und eine ihnen angefallene, dem deutschen Erbrecht unterfallende Erbschaft ausschlagen möchten, können zwar Zeit und Kosten sparen, indem sie die Ausschlagungserklärung vor dem Gericht ihres Aufenthaltsortes in der dort vorgesehenen Ortsform abgeben. Sie haben dabei aber grundsätzlich alle materiellen Anforderungen einzuhalten, die das deutsche Erbrecht an die Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht stellt. Dies gilt sowohl für die Abgabe der Ausschlagungserklärung gegenüber einem deutschen Nachlassgericht als auch für die Einhaltung der Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB. Rechtsunsicherheit besteht daher hinsichtlich der Beantwortung der Frage, ob der Erbe die im Ausland abgegebene Erklärung wegen § 184 GVG einem deutschen Nachlassgericht in deutscher Sprache vorzulegen hat oder ob Art. 13 ErbVO hierzu eine eigene und normenhierarchisch vorrangige Aussage enthält. Zwar sprechen die besseren Gründe dafür, dass die ErbVO die Modalitäten des anzuwendenden Erbstatuts nicht berühren will. Hinreichende Rechtssicherheit wird aber nur eine Klärung durch den EuGH bringen.

Bisher ist im Ausland lebenden Erben für den Fall der Erbausschlagung daher zu empfehlen, die Ausschlagungserklärung vor Weiterleitung an das zuständige deutsche Nachlassgericht übersetzen zu lassen, um deren tatsächliche Beachtung und ihre fristwahrende Wirkung sicherzustellen.

Autor: Von Prof. Dr. Knut Werner Lange , Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität Bayreuth sowie Gastprofessor an der Universität Witten/Herdecke und Ass.-Jur. Marian Holtwiesche , wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Dr. Lange.

ZErb 2/2016, S. 029 - 034

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