II. Die zulässige Beschwerde ist im Ergebnis nicht begründet. Auch der Senat kann nach Durchführung der Beweisaufnahme keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür feststellen, dass der Erblasser die Schwestern seiner Ehefrau als (Ersatz-)Erbinnen eingesetzt hätte, wenn er das Vorversterben seiner Ehefrau bedacht hätte.

1. Das Testament vom 16.4.1988 beschränkt sich auf die Einsetzung der Ehefrau als Alleinerbin. Es enthält keine Regelung für den Fall, dass die eingesetzte Erbin vor dem Erblasser verstirbt und damit nicht Erbin sein kann (§ 1923 Abs.1 BGB). Die ergänzende Auslegung setzt voraus, dass das Testament eine planwidrige Regelungslücke aufweist, die durch den festzustellenden Willen des Erblassers zu schließen ist. Dabei muss aus dem Gesamtbild des Testaments selbst eine Willensrichtung des Erblassers erkennbar sein, die tatsächlich in Richtung der vorgesehenen Ergänzung geht. Durch sie darf kein Wille in das Testament hineingetragen werden, der darin nicht andeutungsweise ausgedrückt ist (Palandt/Weidlich, BGB, 74. Auflage 2015, § 2084 Rn 9 mwN). Durch ergänzende Testamentsauslegung kann also die durch die Wegfall des Bedachten entstandene Lücke nur dann geschlossen werden, wenn die für die Zeit der Testamentserrichtung anhand des Testaments oder unter Zuhilfenahme von Umständen außerhalb des Testaments oder der allgemeinen Lebenserfahrung festzustellende Willensrichtung des Erblassers dafür eine genügende Grundlage bietet (BGHZ 22, 357, 360).

Es muss anzunehmen sein, dass der Erblasser die Ersatzerbeneinsetzung gewollt hätte, sofern er vorausschauend die spätere Entwicklung bedacht hätte (BayObLGZ 1988, 165, 167 = NJW 1988, 2744; vgl. auch die von der Beschwerdeführerin zuletzt im Schriftsatz vom 9.12.2014 zitierte Entscheidung des Senats vom 13.6.2013 FGPrax 2013, 177).

2. Der Senat geht davon aus, dass der Erblasser bei Testamentserrichtung nicht damit gerechnet hat, dass seine etwas jüngere Ehefrau vor ihm versterben würde. Selbst wenn er – was das Amtsgericht für möglich gehalten hat – erwogen haben sollte, dass er in diesem Fall neu testieren müsse, ändert das nichts an der planwidrigen Lücke, denn zum Zeitpunkt des Todes der Ehefrau war er nicht mehr in der Lage, eine letztwillige Verfügung zu treffen.

3. Es fehlt allerdings an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der Erblasser, hätte er das Vorversterben seiner Ehefrau bedacht, deren Schwestern als Erbinnen eingesetzt hätte. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen persönlichen Beziehungen des Erblassers zu seinen Schwägerinnen, deren Ehemännern und deren Kinder lassen keinen hinreichend verlässlichen Schluss darauf zu, dass er seine Schwägerinnen nach dem Tod seiner Frau zu Erbinnen eingesetzt hätte.

Dass verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie der Ehefrau gepflegt werden – wie mit den geschilderten Besuchen zu Familienfesten, den Zusammentreffen bei den Schwiegereltern zu Weihnachten und Ostern und den gemeinsamen Skiurlauben – belegt keinen Willen zur Erbeinsetzung der Schwägerinnen. Dasselbe gilt für die Äußerungen des Erblassers, es sei gut, dass wenigstens seine Ehefrau Geschwister habe, die Familie der Beschwerdeführerin sei seine richtige Familie.

Dass der Erblasser selbst keine Geschwister und – soweit ersichtlich – keine ihm näher bekannten Verwandten hatte, trägt ebenfalls nicht den Schluss, dass er auf jeden Fall die gesetzliche Erbfolge ausschließen und anstelle der ihm persönlich verbundenen Ehefrau deren Schwestern als Erben berufen wollte. Nach der Lebenserfahrung ist Motiv für die Einsetzung des Ehepartners als Alleinerbe regelmäßig die enge persönliche Beziehung und der Wunsch, ihm das beiderseitige Vermögen ungeschmälert zu belassen.

Dass ein Ehegatte den anderen als Repräsentant von dessen Herkunftsfamilie betrachtet, erscheint eher fernliegend. Für die gegenteilige Behauptung der Beschwerdeführerin fehlt es an hinreichenden konkreten, tatsächlichen Anhaltspunkten. Hinzu kommt, dass nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin in der Familie der Ehefrau bereits umfangreiches Vermögen vorhanden war. Anderes hat sich auch nicht aus der Beweisaufnahme ergeben. Der Senat geht davon aus, dass die Frage der Regelung eines Erbfalls Gegenstand der Gespräche innerhalb der Familie anlässlich des Spaziergangs am Morgen nach der Feier des 60. Geburtstags des Zeugen Dr. R... am 3.7.2010 war. Es lässt sich aber nicht sicher feststellen, dass der Erblasser tatsächlich geäußert hat, das Erbe ginge nach seinem Tod an seine Frau und ihre Schwestern. Der Zeuge Dr. R... konnte nur erinnern, dass der im Gegensatz zu ihm selbst damals verheiratete Erblasser auf seine Ehefrau als Erbin verwiesen habe (Sitzungsniederschrift 9.12.2014, S.7).

Die Zeugin M... W... konnte nicht ausschließen, dass sie in dem Punkt, dass das Erbe neben der Ehefrau des Erblassers nach dessen Aussagen auch an ihre beiden anderen Cousinen hätte gehen sollen, Schlussfolgerungen zog (SN, S. 3). Sicher war sie nur, dass die Frage des Erbens Thema gewesen ist und dass für den E...

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