Man könnte weiterhin die Ansprüche auf Aufwendungsersatz nach §§ 2124 Abs. 2, 2125, 2126 BGB als "netto, nach Steuern" verstehen und die Aufwendungen des Vorerben direkt um die Steuervorteile kürzen, die der Abzug als Betriebsausgaben/Werbungskosten mit sich bringt,[16] so wie es bei der Schadenberechnung mit der Umsatzsteuer auf Reparaturrechnungen gehandhabt wird, die der vorsteuerabzugsberechtigte Geschädigte sich von der Finanzverwaltung erstatten lassen kann. Jedoch steht die eintretende Steuerentlastung nur in einem mittelbaren Zusammenhang mit den außerordentlichen Erhaltungskosten und ist mit der erstattungsfähigen Vorsteuer, einem Rabatt des Handwerkers oder gezogenem Skonto auf die Rechnung nicht vergleichbar.

Allerdings sind – anders als im Fall der §§ 10f/g EStG – bei den’außergewöhnlichen Erhaltungskosten deren Verausgabung und’die aus ihrer steuerlichen Abzugsfähigkeit resultierenden (Steuer-)Vorteile zeitlich synchronisiert. Auch will der Gesetzgeber mit der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben/Werbungskosten keinen Handlungs-Stimulus setzen, wie er dies mit dem Sonderausgabenabzug von Kosten für die Erhaltung schutzwürdiger Kulturgüter tun will. Vielmehr folgt die Abzugsfähigkeit insoweit aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Insofern unterscheidet sich die Situation von derjenigen der §§ 10f und 10g EStG. Dies spricht für eine Beschränkung des Rechts des Vorerben, die außergewöhnlichen Erhaltungskosten dem Nachlass zu entnehmen, auf den Betrag, den er unter Berücksichtigung der steuerlichen Abzugsfähigkeit trägt.

Entscheidend ist aber der Vergleich der Folgen, je nachdem, ob (1) der Vorerbe die betreffenden Kosten aus dem Nachlass bestreitet, dann kein Erstattungsanspruch, sondern lediglich Herausgabe des um die außergewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen verminderten Nachlasses an den Nacherben, oder er (2) diese Kosten aus dem Eigenvermögen bestreitet, dann sehr wohl Erstattungsanspruch gegen den Nacherben:

Im ersteren Fall kann der Vorerbe im Jahr der Verauslagung die aufgewandten Kosten voll steuerlich geltend machen, obwohl letztlich der Nacherbe diese über die Minderung des Nachlasses trägt. Der Nacherbe erhält den verminderten Nachlass und kann ertragsteuerlich nichts geltend machen.

Im anderen Fall kann der Vorerbe zwar auch die aufgewandten Kosten im Jahr der Verausgabung steuerlich voll geltend machen, muss aber nach Eintritt des Nacherbfalls die Erstattung als nachträgliche Betriebsausgaben versteuern; cum grano salis kann er in dieser Konstellation die Kosten also einmal absetzen und erhält sie später als Einkünfte wieder zugerechnet, während der Nacherbe zwar aus dem ungeschmälert empfangenen Nachlass den Erstattungsanspruch bedienen muss, diese Zahlung aber als sofort abzugsfähig steuermindernd geltend machen kann.

Es darf schon allein deshalb ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber den Vorerben, der außergewöhnliche Erhaltungskosten aus dem Nachlass, nicht dem Eigenvermögen bestreitet, bewusst mit einem Steuervorteil i.H.v. ca. 40 % der von ihm letztlich nicht zu tragenden Kosten "belohnen" wollte, weil der Gesetzgeber die §§ 2124 Abs. 2, 2125f BGB zu einer Zeit geschaffen hat, als es das heutige Steuerrecht und damit die heutigen Steuerfolgen noch nicht gab. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass nach Vorstellung und Willen des Gesetzgebers – von der Verzinsung abgesehen – wirtschaftlich die Handhabung nach S. 1 und S. 2 des § 2124 Abs. 2 BGB zum selben wirtschaftlichen Ergebnis führen sollte.

In teleologischer Reduktion des § 2124 Abs. 2 S. 1 BGB kann daher der Vorerbe, bestreitet er außergewöhnliche Erhaltungskosten aus dem Nachlass, diesem nur seine "Netto-Kosten" nach Abzug seiner damit verbundenen Steuerentlastung entnehmen. Bestreitet er hingegen diese Kosten aus dem Eigenvermögen, kann er analog den Grundsätzen zur Berücksichtigung von Steuern bei der Schadenberechnung[17] die "Brutto-Kosten" vom Nacherben erstattet verlangen, da die Erstattung bei ihm steuerlich nachträgliche Einkünfte und reziprok bei dem Nacherben die Erstattung sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand darstellt.

Zu beachten ist allerdings, dass nach der vom Verfasser an anderer Stelle vertretenen Auffassung der Vorerbe in den Folgejahren den Teil solcher außergewöhnlichen Erhaltungskosten/Verwendungen zu tragen hat, der den von ihm in den Folgejahren noch gezogenen Nutzungen korrespondiert.[18] Werden ihm auf diesem Wege die fraglichen Aufwendungen ganz oder teilweise belastet, muss ihm entsprechend auch der entsprechende Steuervorteil ganz oder teilweise verbleiben. Insofern bedarf es nach Eintritt des Nacherbfalls einer (dann auch möglichen) Abrechnung. Hat der Vorerbe die fraglichen außergewöhnlichen Erhaltungskosten aus seinem Eigenvermögen bestritten, den so verbesserten Erbschaftsgegenstand aber noch mehrjährig genutzt, erfolgt der (Rest-)Ausgleich ebenfalls erst nach Eintritt des Nacherbfalls, kann zu diesem Zeitpunkt berechnet werden und führt zu einem entsprechend niedrigeren Erstattungsanspr...

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