I. Der Beteiligte zu 1 und Beschwerdeführer war ein Freund der am 3.11.2019 verstorbenen Erblasserin. Der Beteiligte zu 2 war ihr langjähriger Lebensgefährte, mit dem sie seit April 2006 bis einige Wochen vor ihrem Tod zusammenlebte.

Am 29.8.2011 errichtete die Erblasserin vor dem Notar Dr. J. L. in N. ein Testament, in dem sie den Beteiligten zu 2 zu ihrem Alleinerben einsetzte (Bl. 23 der Beiakte 16 IV 355/11; im Folgenden: Beiakte). Es enthielt unter anderem folgende Vorbemerkungen und Anordnungen:

"Ich bin durch frühere Verfügung von Todes wegen an der Errichtung eines Testaments nicht gehindert."

Über das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht bin ich belehrt.

[…]

Ich wünsche die amtliche Verwahrung dieses Testaments durch das Amtsgericht N..

[…].

I. Widerruf früherer Verfügungen

Ich widerrufe hiermit alle etwa bisher von mir getroffenen Verfügungen von Todes wegen.

II. Neue Verfügungen

§ 1 Erbeinsetzung

Zu meinem alleinigen Erben wird mein Lebensgefährte berufen, und zwar:

S. B., geboren am … 1962 […]

§ 2 Vermächtnisse

Vermächtnisse sollen nicht angeordnet werden.

III. Weitere Verfügungen von Todes wegen

Weitere Verfügungen von Todes wegen sollen heute nicht getroffen werden.“

Der Notar gab das Testament im September 2011 beim Amtsgericht N. in amtliche Verwahrung und bezifferte den Nachlasswert auf 25.000 EUR (Bl. 1 der Beiakte).

Rund acht Monate später, am … 2012, verfasste die Erblasserin handschriftlich ein mit "Mein Testament" überschriebenes Schriftstück folgenden Inhalts (Bl. 12 der Beiakte):

"Ich, U. M. […] verfüge heute, dass meine Kröten (von meinem Mann P. M. gespart) der oder diejenige Person bekommt die nach mir “sieht‘ bez. sich um mich “kümmert‘. (Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht hinterlegt). Meine persönlichen Sachen (insbesondere meinen tollen Schmuck) im Schließfach Nr. XX Bank 1 Saar derjenige auch."

Meine kostbaren Puppen der dieses “Hobby‘ liebt

bitte nicht verschenken (verkaufen) ebenso D.’s Uhren (auch die Wanduhr) Brillen und Mundharmonikas

C. J., bekommt alle Ritzenhof Sachen (Lampe, Gläser, Tassen) und alle Kochbücher

A. T., bekommt meinen Ohrring Bergsteiger (im Schließfach) ist schon versprochen.

Mein Schatz F., bei K. K.,, Kaffee und Essservicen.

G. H. und C. L. meinen Modeschmuck

mein Mann D. M. hat sein ganzes Leben (ich mit) gespart und ich möchte nicht das was in “verkehrte' Hände gelangt

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht in dem Blauen Ordner

bitte anonym beerdigen (wie M.) in L.“

Auf der Rückseite des Schriftstücks unterzeichnete die Erblasserin achtmal, jeweils hinter der Ortsbezeichnung N. und mit jährlich aktualisierten Daten, zuletzt am 27.1.2019. Bevollmächtigter der im handschriftlichen Testament in Bezug genommenen Vorsorgevollmacht war zu jenem Zeitpunkt noch der Beteiligte zu 2.

Unter dem 1.10.2019 unterzeichnete die Erblasserin eine neue Vorsorgevollmacht, in welcher der Beteiligte zu 1 als Vollmachtnehmer eingetragen war, ebenso eine Patientenverfügung, in der er als diejenige Person bezeichnet wird, deren "Beistand und Begleitung" die Erblasserin in ihrer "letzten Lebensphase" vornehmlich wünsche (Bl. 15 und 20 der Beiakte).

Das Girokonto der Erblasserin wies nach der Mitteilung des Beteiligten zu 1 zum Todestag ein Guthaben in Höhe von rund 7.500 EUR auf.

Der Beteiligte zu 1 ließ mit notariellem Schreiben vom 20.11.2019 die Erteilung eines Erbscheins aufgrund des handschriftlichen Testaments vom 15.5.2012 beantragen. Aus seiner Sicht hat die Erblasserin ihm Bargeld und Schmuck zugewendet und ihn dadurch zum Alleinerben bestimmt. Der Beteiligte zu 1 hat behauptet, er sei nämlich diejenige Person gewesen, die sich um die Erblasserin bis zu ihrem Tod im Sinne der Formulierung im ersten Satz dieses Testaments gekümmert habe. Der Nachlass, zu dessen genauer wertmäßiger Zusammensetzung der Beteiligte zu 1 keine Angaben machen konnte, bestehe im Wesentlichen aus dem Geldvermögen und dem Schmuck im Bankschließfach. Dass die Erblasserin die im notariellen Testament verfügte Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 nicht habe aufrechterhalten wollen, hat der Beteiligte zu 1 damit begründet, dass deren Zusammenleben problematisch gewesen sei und der Beteiligte zu 2 die Erblasserin sogar körperlich angegriffen habe (Bl. 36 der Akte i.V.m. schriftlichen Äußerungen der J. S., der L. K. und der C. L.-M., Bl. 40-48 d.A.).

Der Beteiligte zu 2 hat sich dem Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 entgegengestellt und seinerseits beantragt, ihn auf der Grundlage des notariellen Testaments vom 29.8.2011 als Alleinerben auszuweisen. Nach seiner Einschätzung sind im privatschriftlichen Testament vom 15.05.2012 lediglich Vermächtnisse ausgesetzt worden, die seine Erbenstellung unberührt ließen. Der Beteiligte zu 2 hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Erblasserin noch zum Zeitpunkt der letzten Unterschrift auf dem handschriftlichen Testament mit ihm zusammengelebt habe und dass seinerzeit nicht der Beteiligte zu 1, sondern er vorsorgebevollmächtigt gewesen sei.

Das Amtsgericht – Nachlassgericht – Neun...

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