Ausgehend von diesem Katalog der begünstigungsfähigen Vermögenswerte findet sich die Definition des begünstigten Vermögens in § 13 b Abs. 2 S. 1 ErbStG. Vor seiner Ermittlung ordnet § 13 b Abs. 2 S. 2 ErbStG einen Einstiegstest oder Vorabfilter an.[14] Denn wird die dortige 90 %-Grenze überschritten, bestimmt § 13 b Abs. 2 S. 2 ErbStG unmissverständlich, dass "der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt" ist. Auf den ersten Blick erscheint die zum berechtigten Zweck des Ausschlusses von Cash-Gesellschaften aus den Vergünstigungen gedachte 90 %-Grenze[15] in den Fällen operativ tätiger Unternehmen unproblematisch. Bei näherem Hinsehen erweist sich dieser Einstiegstest jedoch als Gefahrenquelle mit im jeweiligen Einzelfall potenziell katastrophalen Folgen.[16] Grund dafür ist, dass jedenfalls nach dem Wortlaut von den Deckungsgegenständen des Verwaltungsvermögens nur Altersversorgungsverpflichtungen abgezogen werden dürfen, die über die Voraussetzungen von § 13 b Abs. 3 ErbStG hinaus zusätzlich durch Treuhandverhältnisse abgesichert sind. Im Einstiegstest als Grundvoraussetzung der Begünstigungen wird damit nur eine in deutschen mittelständischen Unternehmen regelmäßig nicht existente und wenn doch vorhanden, nur kleine Abzugsgröße gewährt. Denn die im Einstiegstest allein verrechenbaren Verpflichtungen nach § 13 b Abs. 2 S.2 ErbStG sind lediglich eine Teilmenge derjenigen nach § 13 b Abs. 3 ErbStG.

Die Altersversorgungsverpflichtungen des § 13 b Abs. 3 ErbStG stellen wiederum eine Teilmenge der Schulden und Rückstellungen dar, die auch nach neuem Recht nach dem gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2013[17] zu ermitteln sein dürften. Die Altersversorgungsverpflichtungen werden mit Teilen des begünstigungsfähigen Vermögens unter den Voraussetzungen verrechnet, dass es dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus diesen Verpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen ist. Diese Formulierung entspricht derjenigen des § 246 Abs. 2 S. 2 HGB und wird auch vom Gesetzgeber so verstanden.[18] Sie verlangt daher insbesondere, dass im Fall einer Insolvenz des Arbeitgebers diese Vermögensgegenstände weiterhin den Versorgungsberechtigten zustehen, also Insolvenzfestigkeit besteht.[19] Die privatrechtliche Insolvenzsicherung erfolgt entweder mittels verpfändeter Rückdeckungsversicherungen oder durch Treuhandmodelle.[20] Derartige Gestaltungen sind vor allem sinnvoll, soweit der gesetzliche Insolvenzschutz durch den PSV aG als Träger der Insolvenzsicherung (§ 14 BetrAVG) nicht greift, also z. B. im Rahmen von § 7 Abs. 3, § 17 BetrAVG.[21]

Die Verpfändung von Rückdeckungsversicherungen erfolgt nach den §§ 1204, 1273 ff BGB, weist also die Probleme der Akzessorietät sowie des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes und der Bestellung auf.[22] Um diese Nachteile zu vermeiden, erfolgt die privatrechtliche Insolvenzsicherung zunehmend über Treuhandverhältnisse, sog. Contructual Trust Agreements (CTA).[23] Dabei handelt es sich um Treuhandkonstruktionen, bei der das Unternehmen Vermögenswerte zur Sicherung und Erfüllung von Versorgungszusagen auf einen Treuhänder überträgt. Dieser hält und verwaltet das Treuhandvermögen für das Unternehmen in Form einer Verwaltungstreuhand. Alleine hierdurch wird keine Insolvenzsicherung erreicht, da die Verwaltungstreuhand als Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis iSd §§ 662, 675 BGB mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt; der Insolvenzverwalter somit den Herausgabeanspruch nach § 667 BGB geltend machen könnte. Die Insolvenzsicherheit wird daher durch ein Sicherungsrecht entweder in der Form der Verpfändung des Herausgabeanspruchs oder des Treuhandvermögens an die Versorgungsberechtigten oder in der Vereinbarung einer zusätzlichen und von der Verwaltungstreuhand grundsätzlich unabhängigen Sicherungstreuhand erreicht, nach der das Treuhandvermögen zur Erfüllung der Versorgungsansprüche gesichert wird (Treuhandmodell).[24] Mit den "Treuhandverhältnissen" in § 13 b Abs. 2 S. 2 ErbStG meint der Gesetzgeber derartige CTA-Strukturen.[25]

Die Risiken, die sich aus § 13 b Ab. 3 ErbStG und der im Vergleich dazu zusätzlichen Voraussetzung der "Treuhandverhältnisse" in § 13 b Abs. 2 S. 2 ErbStG ergeben, lassen sich an dem folgenden Beispielsfall 1 (Einstiegstest) mit seinen Alternativen 1 und 2 verdeutlichen.

 
Anlagevermögen 200 EK (Unternehmenswert unterstellt) 150
Vorräte 150    
Forderungen LuL 125 Verbindlichkeiten/Rückstellungen 400
Wertpapiere 75    
Summe Aktiva 550 Summe Passiva 550
 
Verwaltungsvermögen (VV) 200 x 100 = 133 %
Unternehmenswert 150

Obwohl die Verbindlichkeiten das Verwaltungsvermögen um das Doppelte übertreffen, kommt es zu keiner Verrechnung, da die Grundvoraussetzung nach § 13 b Abs. 2 S. 2 ErbStG, nämlich

 
VV x 100 ≤ 90 %
Unternehmenswert

nicht erfüllt wird.

Das bedeutet nach dem Wortlaut, dass keine Verschonung gewährt wird.

Grund hierfür ist, dass die Verbindlichkeiten nicht den Vor...

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