Die beschriebene und offenbar zumindest in Nordrhein-Westfalen auch auf Ministeriumsebene vertretene[73] Rechtsauffassung ist neu und stellt eine Abwendung von der bisherigen Verwaltungspraxis dar, nach welcher Stiftungsleistungen von Auslandsstiftungen bislang nicht von einer (zusätzlichen) Schenkungsteuer, sondern ausschließlich von der Einkommensteuer erfasst werden.[74]

Dem Autor ist beispielsweise kein Fall bekannt, in welchem im Zusammenhang mit mittlerweile wohl recht zahlreich durchgeführten steuerrechtlichen Nachdeklarationen von in Auslandsstiftungen in der Vergangenheit verwalteten Vermögenswerten neben die Hinzurechnungsbesteuerung gem. § 15 Abs. 1 AStG oder gem. 39 AO auch eine schenkungsteuerliche Erfassung konkret ausgereichter Stiftungsleistungen an den Hinzurechnungsadressaten erfolgt wäre, ohne dass dies von der Finanzverwaltung beanstandet worden wäre. Genau dies wäre aber sachgerecht gewesen, wenn die heute offenbar vertretene Auffassung der Finanzverwaltung in Bezug auf Auslandsstiftungen auch in der Vergangenheit gegolten haben soll, denn die aussensteuerrechtliche Hinzurechnungsbesteuerung umfasst nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 1 S. 2 AStG explizit nicht die Erbschaftsteuer.

Welche Art von Rechtsfortbildung oder welche objektiven Beweggründe die Finanzverwaltung bewegt haben, von ihrer langjährigen Rechtsauffassung und –praxis nunmehr abzuweichen, ist nicht ersichtlich. Das diesbezügliche Verhalten erscheint insoweit widersprüchlich.

[73] Vgl. Birnbaum, Doppelbesteuerung von Ausschüttungen liechtensteinischer Stiftungen?, ZEV 2014, S. 484.
[74] Vgl. Escher, Besteuerung von Trust-Ausschüttungen an inländische Begünstigte – Doppelbesteuerung durch Einkommen- und Schenkungsteuer, Handelsblatt Steuerboard vom 13.3.2013, unter Bezugnahme auf RFH-Urt. v. 8. 3. 1922, StuW 22, Nr. 640; BFH-Urt. v. 12.10.2011 – I R 102/10, BFH/NV 2012 S. 517; dies gilt auch im Falle von Ermessensentscheidungen des zuständigen Stiftungsorgans, vgl. BGH-Urt. v. 7. 10. 2009 – Xa ZR 8/08.

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