Die gem. § 156 Abs. 3 KostO ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statthaften Beschwerden sind zulässig (§ 156 Abs. 5 Satz 3 KostO iVm § 58 ff FamFG).

1. Das Rechtsmittel der Kostenschuldnerin ist jedoch unbegründet. Sie beruft sich darauf, dass sie weder einen Auftrag zur Beurkundung oder zur Fertigung von Entwürfen für eine Generalvollmacht oder ein Testament noch dem Zeugen ... eine Vollmacht erteilt habe. Dies sei durch die Beweisaufnahme bestätigt worden.

Das Landgericht hatte am 12. Januar 2011 den Kostengläubiger angehört und den Zeugen ... vernommen sowie am 9. Mai 2011 die Kostenschuldnerin ebenfalls angehört. Auf den Inhalt der Protokolle wird verwiesen.

Die von der Vorinstanz vorgenommene Beweiswürdigung ist entgegen der Auffassung der Kostenschuldnerin nicht zu beanstanden. Sie kann nicht ihre Bewertung bzw. die ihres Verfahrensbevollmächtigten an diejenige des Gerichts setzen.

Denn über das Ergebnis einer Beweisaufnahme (§ 29 FamFG) entscheidet allein das Gericht nach freier Überzeugung (vgl. auch § 37 Abs. 1 FamFG). Dabei erstreckt sich die Beweiswürdigung nicht nur auf eine Bewertung der erhobenen Beweise und der bei der Beweiserhebung verwendeten Beweismittel, sondern auf den gesamten Verfahrensstoff, insbesondere auch auf die Erklärungen und Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten sowie den von ihnen hinterlassenen persönlichen Eindruck. Für die richterliche Überzeugungsbildung genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der vernünftige Zweifel ausschließt (Sternal in Keidel, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 29 FamFG Rn 27-28 mwN).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Beweiswürdigung des Landgerichts entgegen der Auffassung der Kostenschuldnerin nicht fehlerhaft. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Dass der Zeuge ... und seine Familie sowohl durch die Generalvollmacht als auch durch das Testament begünstigt werden, lässt keinen Rückschluss auf eine Falschaussage des Zeugen zu, wie die Kostenschuldnerin offensichtlich meint. Dass auf sie Druck ausgeübt werden sollte und überhaupt hätte können durch die Vorlage der notariellen Entwürfe, kann aufgrund ihrer Anhörung vom 9. Mai 2011 gerade nicht angenommen werden.

Die Vorinstanz ist vielmehr zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Zeuge ... bei der Beauftragung des Kostengläubigers im Namen und mit Vollmacht der Kostenschuldnerin gehandelt hat, sodass an ihrer Kostenpflicht gemäß § 2 Nr. 1 KostO kein Zweifel besteht.

§ 2064 BGB, wonach der Erblasser ein Testament nur persönlich errichten kann, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Es liegt keine unzulässige Vertretung im Willen oder in der Erklärung der Kostenschuldnerin vor (Weidlich in Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 2064 BGB Rn 1–2; Leipold in MüKo zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 2064 BGB Rn 3–4; je mwN). Denn die Entwurfsfertigung aufgrund des handschriftlichen Testaments der Kostenschuldnerin vom 12. Dezember 2006 beinhaltet keine Testamentserrichtung. Diese oblag allein der Kostenschuldnerin unter Beachtung der im Gesetz vorgesehenen Formvorschriften (§ 2231 BGB). Die Beschwerde der Kostenschuldnerin war danach als unbegründet zurückzuweisen.

2. Das Rechtsmittel des Kostengläubigers hat dagegen in vollem Umfang in der Sache Erfolg. Der Rechtsauffassung des Landgerichts, dass lediglich eine 0,25-Gebühr nach den §§ 130 Abs. 2, 32 KostO in Höhe von 183 EUR zuzüglich Portoauslagen und Umsatzsteuer für den Entwurf der General- und Vorsorgevollmacht sowie des Testaments wegen der Zurücknahme des Beurkundungsauftrags in Ansatz zu bringen ist, kann sich der Senat nicht anschließen.

Denn diese führt dazu, dass die vom Kostengläubiger bis zur Rücknahme erbrachten "Vorleistungen" in Form der Erstellung und Übersendung der Entwürfe unentgeltlich von der Kostenschuldnerin entgegengenommen würden und künftig von einer Vielzahl von Kostenschuldnern in Anspruch genommen werden könnten, indem sie zur Vorbereitung eines Beurkundungstermins den Entwurf der – wie hier – nicht beurkundungspflichtigen Willenserklärungen oder Verträge anfertigen und sich aushändigen lassen, um danach die Beurkundung abzusagen und die Leistung des Notars für sich zu verwenden.

Dies widerspricht unzweifelhaft der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 50, 217 ff, in Juris Rn 34–38). Danach folgt aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Satz 1 GG, dass Gebühren nicht völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung festgesetzt werden dürfen und dass die Verknüpfung zwischen den Kosten der Staatsleistung und den dafür auferlegten Gebühren nicht in einer Weise sich gestaltet, die, bezogen auf den Zweck der gänzlichen oder teilweisen Kostendeckung, sich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgemäß erweist. Bei gleichartig beschaffenen Leistungen, die rechnerisch und finanziell in Leistungseinheiten erfasst werden können, hat danach die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebüh...

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