1.

Die Beteiligte zu 1) ist das einzige Kind des am 9.11.2018 verstorbenen Erblassers. Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich um die Ehefrau des Erblassers.

Am 17.12.2018 eröffnete das Nachlassgericht ein von der Beteiligten zu 2) am 14.12.2018 persönlich abgebenes handschriftliches gemeinschaftliches Testament mit Datum vom 20.10.2017, dessen Text sich über die wechselseitige Einsetzung des Erblassers und der Beteiligten zu 2) zu Alleinerben verhält (Bl. 4 der Testamentsakte).

Mit Schriftsatz vom 21.7.2020 erhob die Beteiligte zu 1) gegen die Beteiligte zu 2) Klage auf Feststellung der Erbunwürdigkeit der Beteiligten zu 2) hinsichtlich des Nachlasses des Erblassers (Bl. 203 ff.). Mit der Klagebegründung trug sie im Wesentlichen vor, ihre Mutter, die Zeugin K., habe ihr gegenüber erwähnt, dass die Beteiligte zu 2) regelmäßig den Schriftverkehr des Erblassers abgewickelt habe, wozu dieser auch vorab Blankopapierbögen unterzeichnet habe. Sie – die Beteiligte zu 1) – vermute daher, dass die Beteiligte zu 2) den Text des gemeinschaftlichen Testaments erst nach dem Erbfall auf einem zuvor vom Erblasser mit seiner Paraphe versehenen Blankopapierbogen errichtet habe (Bl. 206). Am 28.1.2021 erging gegen die Beteiligte zu 2) ein Versäumnisurteil des LG Köln (36 O 193/20), in welchem gem. Klageantrag ihre Erbunwürdigkeit hinsichtlich des Nachlasses des Erblassers festgestellt wurde (Bl. 66 f.). Einspruch gegen das Versäumnisurteil legte die Beteiligte zu 2) nicht ein, wobei nach ihrem Vorbringen der Grund dafür darin lag, dass sie auch eineinhalb Jahre nach dem tragischen Tod des Erblassers stark traumatisiert war und auch diverse Gerichtspost ungeöffnet ließ.

Mit notariell beurkundetem Antrag vom 31.3.2021 hat die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweist. Zur Begründung hat sie vorgebracht, als einziges Kind des Erblassers sei sie nach gesetzlicher Erbfolge als Alleinerbin berufen, weil die Beteiligte zu 2) wegen der rechtskräftigen Feststellung ihrer Erbunwürdigkeit von der Erbfolge ausgeschlossen sei (Bl. 66 ff.)

Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag unter Berufung auf das gemeinschaftliche Testament entgegengetreten; wegen der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 28.9.2021 Bezug genommen (Bl. 107 ff.). Weiterer Schriftsatzwechsel schloss sich an (Bl. 181 ff., Bl. 194 ff.).

Mit am 26.1.2022 erlassenem Beschl. v. 20.1.2022 hat die Nachlassrichterin die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1) erforderlichen Tatsachen festgestellt, die sofortige Wirkung des Beschlusses ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt. Sie hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen des § 2344 BGB seien erfüllt. Das gegen die Beteiligte zu 2) rechtskräftig gewordene Versäumnisurteil entfalte hinsichtlich der Frage der Erbunwürdigkeit Bindungswirkung auch für das Erbscheinsverfahren. Die Voraussetzungen für eine Durchbrechung der Rechtskraft gem. § 826 BGB seien nicht gegeben. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 221 ff. Bezug genommen.

Gegen den ihr zu Händen ihres Verfahrensbevollmächtigten am 28.1.2022 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 2) mit ihrer Beschwerde, die mit einem am 25.2.2022 bei dem AG Köln eingegangenen (Bl. 239), wegen der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen Schriftsatz vom 25.2.2022 (Bl. 231 ff.) eingelegt worden ist. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem OLG Köln vorgelegt (Bl. 242 f.).

Die Beteiligte zu 1) ist der Beschwerde entgegengetreten.

2. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Nachlassgericht hat mit Recht und aus zutreffenden Gründen die zur Begründung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 1) erforderlichen Tatsachen festgestellt, da sie als einziges Kind des Erblassers Alleinerbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge geworden ist (§ 1924 Abs. 1 BGB). Denn die Beteiligte zu 2), die Ehefrau des Erblassers, ist von der Erbfolge wegen Erbunwürdigkeit ausgeschlossen (§ 2344 i.V.m. § 2342 Abs. 2 BGB). Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine anderes Ergebnis.

Das rechtskräftige Versäumnisurteil des LG Köln v. 28.1.2021 ist für das vorliegende Erbscheinserteilungsverfahren bindend.

Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei dem stattgebenden Urteil nach ganz herrschender Meinung, welcher sich der Senat anschließt, um ein Gestaltungsurteil handelt, das mit Eintritt der Rechtskraft die Unwürdigkeit herbeiführt, selbst wenn es unrichtig ist (Staudinger/Olshausen, BGB, Neubearbeitung 2021, § 2342 Rn 7; MüKo-BGB/Helms, 8. Aufl. 2020, § 2342 Rn 9). Soweit dem Urteil nur deklaratorische Natur beigemessen wird, kommt die Gestaltungswirkung der mit der Klage geltend gemachten Anfechtungserklärung zu (so Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Aufl. 2022, § 2342 Rn 3). Aufgrund dieser Gestaltungswirkung stellt sich die Frage der Bindungswirkung rechtskrä...

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