Die Rechtsprechung zu der Eingangsfrage lässt sich so zusammenfassen:

Die latente Einkommensteuerschuld[2] des Erben ist keine Nachlassverbindlichkeit.[3] Dennoch ist sie bei der Bewertung des Nachlasses zu berücksichtigen, wenn der Wert des Nachlasses nur durch Verkauf realisiert werden kann.[4] Gehört ein Unternehmen zum Nachlass, das nach dem Erbfall aufgegeben oder veräußert wird, muss die anfallende Einkommensteuer bei der Unternehmensbewertung berücksichtigt werden.[5]

Beim Zugewinnausgleich[6] wirkt sich die latente Einkommensteuer wertmindernd aus, und zwar immer, also unabhängig davon, ob eine Veräußerung beabsichtigt ist. Sie gehört zu den unvermeidbaren Veräußerungskosten, sowohl bei Unternehmen als auch bei anderen Vermögensgegenständen, wenn deren Veräußerung, bezogen auf die Verhältnisse am Stichtag, eine Steuerpflicht auslösen würde. Die Steuer ist nach den steuerlich relevanten Verhältnissen am Stichtag zu berechnen, weil auf diesen Zeitpunkt eine Veräußerung fingiert wird. Auf die Steuer, die bei einer künftigen Veräußerung tatsächlich anfällt, kommt es nicht an.

[2] Sie ist keine latente Steuer im Sinne von § 246 HGB, wo es um Bewertungsdifferenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz geht.
[4] BGH v. 22.10.1986 Iva ZR 143/85, BGHZ 98, 382; v. 13.3.1991 IV ZR 52/90, NJW-RR 1991, 900; v. 14.10.1992 IV ZR 211/91, NJW-RR 1993, 131; v. 25.11.2010 IV ZR 124/09, ZEV 2011, 29 Rn 5; OLG Hamm v. 10.4.2014 10 U 35/13.

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