Nach § 182 BewG ist der Wert bebauter Grundstücke nach dem Vergleichswertverfahren (§ 182 Abs. 2, § 183 BewG), dem Ertragswertverfahren (§ 182 Abs. 3, §§ 184-188 BewG) oder dem Sachwertverfahren (§ 182 Abs. 4, §§ 189-191 BewG) zu ermitteln. Welches Bewertungsverfahren anzuwenden ist, richtet sich dabei nach der Grundstücksart i.S.d. § 181 BewG.

Änderungen durch das JStG 2022 haben sich nur beim Ertragswertverfahren und Sachwertverfahren ergeben. Bei der Anwendung des Vergleichswertverfahrens ist der Grundbesitz weiterhin unverändert aus Vergleichspreisen oder hilfsweise aus Vergleichsfaktoren abzuleiten.[4]

[4] Weiterführende Erläuterungen sind in den AEBew JStG 2022 unter Rn 11-14 zu finden.

1. Allgemeine Änderungen

a. Bewertungsmaßstab, § 177 BewG

Der Maßstab für die Grundbesitzbewertung ergibt sich aus § 177 BewG. Nach § 177 Abs. 1 BewG ist bei der Grundbesitzbewertung unverändert der gemeine Wert nach § 9 BewG zugrunde zu legen, der inhaltlich dem Verkehrswert i.S.d. § 194 BauGB entspricht. In § 177 Abs. 2 und 3 BewG hat der Gesetzgeber nun die Voraussetzungen für die Anwendung der von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff. BauGB ermittelten sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten i.S.d. § 193 Abs. 5 S. 2 BauGB (Marktdaten) geregelt. Zu den Marktdaten zählen insbesondere Vergleichsfaktoren (§ 183 Abs. 2 BewG, § 20 ImmoWertV), Liegenschaftszinssätze (§ 188 Abs. 1 und 2 S. 1 BewG, § 21 Abs. 1 und 2 ImmoWertV) sowie Sachwertfaktoren (§ 191 S. 1 BewG, § 21 Abs. 1 und 3 ImmoWertV).[5]

Für die Anwendung der Marktdaten ist nach § 177 Abs. 2 BewG der letzte Stichtag vor dem Bewertungsstichtag maßgeblich, sofern die Gutachterausschüsse die Marktdaten nach § 12 Abs. 1 S. 3 ImmoWertV auf einen Stichtag bezogen haben (Bezugsstichtag) und dieser nicht mehr als drei Jahre vor dem Bewertungsstichtag liegt. Liegt der Bezugsstichtag mehr als drei Jahre zurück oder ist kein Bezugsstichtag bestimmt, sind die Marktdaten anzuwenden, die von den Gutachterausschüssen für den letzten Auswertungszeitraum abgeleitet werden, der vor dem Kalenderjahr endet, in dem der Bewertungsstichtag liegt.[6]

Weiterhin sind die Marktdaten nach § 177 Abs. 2 BewG nur anzuwenden, wenn sie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Modellkonformität nach § 10 Abs. 1 S. 1 ImmoWertV als geeignet anzusehen sind. Dies ist nach § 177 Abs. 3 BewG der Fall, wenn die Ableitung der Marktdaten weitestgehend in denselben Modellen wie die Bewertungsverfahren nach dem BewG erfolgt ist.

Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale, wie beispielsweise den Wert beeinflussende Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, werden bei der Bewertung nach § 177 Abs. 4 BewG nicht berücksichtigt.[7]

[5] AEBew JStG 2022, Rn 3.
[6] In den AEBew JStG 2022 ist unter Rn 5 ein Beispiel für die Anwendung der Marktdaten der Gutachterausschüsse aufgeführt.
[7] AEBew JStG 2022, Rn 7.

b. Wohnungsbegriff, § 181 Abs. 9 BewG

Der Wohnungsbegriff nach § 181 Abs. 9 BewG wurde an die Rechtsprechung des BFH zur Grundsteuer[8] angepasst und dem Wohnungsbegriff nach § 249 Abs. 10 BewG angeglichen. Die Wohnfläche einer Wohnung muss nicht mehr mindestens 23’m2, sondern soll mindestens 20 m2 betragen.

c. Gesamtnutzungsdauer, Anlage 22 BewG

Die Gesamtnutzungsdauern nach Anlage 22 BewG wurden an die Anlage 1 ImmoWertV angepasst. Dabei wurden die Gesamtnutzungsdauern für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Mehrfamilienhäuser, Wohnungseigentum sowie gemischt genutzte Grundstücke (Wohnhäuser mit Mischnutzung) von 70 auf 80 Jahre erhöht. Infolgedessen haben sich auch die Mindest-Restnutzungsdauern von 30 % von 21 auf 24 Jahre erhöht.

2. Änderungen beim Ertragswertverfahren

Im Ertragswertverfahren (§§ 184-188 BewG) sind nach § 182 Abs. 3 BewG Mietwohngrundstücke sowie Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt, zu bewerten. Beim Ablauf des Ertragswertverfahrens selbst haben sich keine Änderungen ergeben. Geändert haben sich die Ermittlung der Bewirtschaftungskosten (§ 187 i.V.m. Anlage 23 BewG), die gesetzlichen Liegenschaftszinssätze (§ 188 BewG) sowie die Ermittlung der Restnutzungsdauer (§ 185 Abs. 3 S. 3 ff. BewG). Zudem ergibt sich infolge der geänderten Liegenschaftszinssätze und Gesamtnutzungsdauern ein höherer Vervielfältiger nach § 185 Abs. 3 i.V.m. Anlage 21 BewG.

Der Wert der baulichen Außenanlagen und sonstigen Anlagen ist nach § 184 Abs. 4 BewG mit dem ermittelten Ertragswert abgegolten.

Abb. 1: Gegenüberstellung des bisherigen mit dem geänderten Ertragswertverfahren

a. Bewirtschaftungskosten, § 187 i.V.m. Anlage 23 BewG

Die Ermittlung der Bewirtschaftungskosten nach Anlage 23 BewG wurde an die Anlage 3 ImmoWertV angepasst. Daher sind die Bewirtschaftungskosten nicht mehr wie bisher pauschal mit Erfahrungssätzen anzusetzen, sondern sind nun nach § 187 Abs. 2 BewG aus den bei gewöhnlicher Bewirtschaftung nachhaltig entstehenden Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten sowie dem Mietausfallwagnis zu ermitteln. Tatsächlich entstandene Bewirtschaftungskosten sind jedoch nicht ...

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