I.

1. Die Betroffene ist geistig behindert und steht seit 1992 unter Betreuung. Seit 2005 ist ihre Schwester als ehrenamtliche Betreuerin eingesetzt. Das Betreuungsverfahren wird beim Amtsgericht Straubing geführt (Az.: …). Der Aufgabenkreis der Betreuerin umfasste bis März 2021 "alle Angelegenheiten incl. Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post" (Bl. 234/235 d.A.).

Mit dem Tode ihres Vaters J. wurde die Betroffene mit einem Erbteil von 1/11 zur nicht befreiten Vorerbin ihres Vaters. Insofern war die Mutter der Betroffenen zur Nacherbin eingesetzt, die Betroffene und deren Schwester zu Ersatzerbinnen.

Die Mutter der Betroffenen, M., verstarb am 19.3.2016. Insoweit wurde die Betroffene mit einem Erbteil von 1/5 ebenfalls zur nicht befreiten Vorerbin nach ihrer Mutter. Nacherbin nach dem Tod der Betroffenen ist deren Schwester G.

Für die jeweils der Betroffenen zugewandten Erbteile wurde dauerhafte Testamentsvollstreckung angeordnet. Mit dem Tode der Mutter wurde die Betreuerin zugleich Testamentsvollstreckerin. Für die Wahrnehmung der Rechte der Betroffenen gegenüber der Testamentsvollstreckerin wurde ein Ergänzungsbetreuer bestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts wird auf Abschnitt A. der Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

2. Mit Kostenansatz der Kostenbeamtin des Amtsgerichts Straubing vom 9.10.2018 wurde gegenüber der Betroffenen als Kostenschuldnerin ein Betrag von 937,96 EUR geltend gemacht (Bl. 402 d.A.). Dieser umfasst für die Jahre 2017 und 2018 jeweils eine Gebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG aus einem Geschäftswert von 185.979,02 EUR bzw. 185.969,60 EUR.

Mit einem am 23.10.2018 beim Amtsgericht Straubing eingegangenen Schreiben erhob die Betreuerin Erinnerung gegen den vorbenannten Kostenansatz (Bl. 403 d.A.). Sie macht geltend, das Vermögen der Betroffenen bestehe im Wesentlichen aus der Erbschaft nach der verstorbenen Mutter. Über diesen Erbteil dürfe sie als Testamentsvollstreckerin jedoch nicht verfügen. Die Erträge aus dem Nachlass seien nur für die persönlichen Bedürfnisse ihrer Schwester – der Betroffenen – zu verwenden.

Nach Anhörung des Vertreters der Staatskasse (Bl. 411 ff. d.A.) half die Kostenbeamtin der Erinnerung am 2.5.2019 nicht ab und legte die Sache dem Richter vor (Bl. 440 d.A.). Dieser entschied mit Beschl. v. 22.10.2019, gab der Erinnerung statt und hob den Kostenansatz vom 9.10.2018 vollständig auf (Bl. 450 d.A.).

Gegen diesen Beschluss legte der Bezirksrevisor beim Landgericht Regensburg als Vertreter der Staatskasse mit Schreiben vom 18.3.2020, eingegangen beim Amtsgericht am 23.3.2020, Beschwerde ein (Bl. 464 ff. d.A.). Er beantragte, den Beschluss des Amtsgerichts Straubing vom 22.10.2019 aufzuheben und den angefochtenen Kostenansatz wiederherzustellen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschl. v. 24.3.2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht Regensburg zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 479/480 d.A.).

Das Landgericht hat das Beschwerdeverfahren vom Einzelrichter auf die Kammer übertragen (Bl. 555/556 d.A.) und der Beschwerde der Staatskasse mit einem auf den 8.4.2021 datierten und am 13.4.2021 an die Geschäftsstelle übergebenem Beschluss insoweit stattgegeben, als es den Kostenansatz des Amtsgerichts Straubing vom 9.10.2018 hinsichtlich der erhobenen Gebühren aus Nr. 11101 KV GNotKG in Höhe von jeweils 380,00 EUR wiederhergestellt hat. Insoweit hat es die Erinnerung der Betroffenen zurückgewiesen. Ferner hat das Landgericht die weitere Beschwerde zugelassen (Bl. 558 ff. d.A.). Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass das Amtsgericht über die Erinnerung durch einen Rechtspfleger habe entscheiden müssen, nicht – wie geschehen – durch einen funktionell unzuständigen Richter. Hierauf könne die Beschwerde gemäß § 65 Abs. 4 FamFG jedoch nicht gestützt werden. Die Gesetzeslage und die rechtliche Stellung des Vorerben lasse keinen Zweifel daran zu, dass der aufgrund einer Vorerbschaft einem Betreuten zugefallene Nachlass auch bei fehlender Befreiung nach § 2136 BGB gebührenrechtlich als Vermögen des Betreuten zu berücksichtigen sei. Umstritten sei allerdings die Ermittlung des Reinvermögens, wenn der Betreute wegen einer in einem sog. Behindertentestament angeordneten Dauertestamentsvollstreckung nicht über den hiervon betroffenen Nachlass verfügen könne. Zu folgen sei der Rechtsansicht, nach der es im Rahmen der Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG nicht auf die tatsächliche Verfügbarkeit über die Vermögensgegenstände bzw. auf deren Verwertbarkeit ankomme.

Mit einem am 4.5.2021 beim Landgericht eingegangenen Schreiben hat die Betreuerin der Betroffenen gegen den vorbenannten Beschluss weitere Beschwerde erhoben (Bl. 584 d.A.). Sie beantragt die Wiederherstellung der Erinnerungsentscheidung des Amtsgerichts und die vollständige Aufhebung des angegriffenen Kostenansatzes.

Das Landgericht hat dem Rechtsmittel mit Beschl. v. 19.5.2021 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Nürnberg zur Ents...

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