Die zulassige Revision der Klagerin hat Erfolg. Sie fuhrt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zuruckweisung der Berufung der Beklagten und damit zur Wiederherstellung des klagezusprechenden Ersturteils.

I. (...)

II. Das Berufungsurteil halt den Angriffen der Revision nicht stand.

1. Zutreffend haben die Vorinstanzen im Ergebnis die Zulassigkeit der Klage bejaht (...).

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage begrundet. Die Klagerin ist berechtigt, von der Beklagten zu verlangen, der Erbengemeinschaft Zugang zum Benutzerkonto der Erblasserin sowie den darin enthaltenen Inhalten zu gewahren. (...)

a) Der Anspruch auf Zugang zu dem Benutzerkonto und den dort gespeicherten Inhalten ergibt sich aus dem auf die Erben ubergegangenen schuldrechtlichen Vertrag zwischen der Erblasserin und der Beklagten.

aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte und die Erblasserin mit Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter (§ 107 BGB) einen schuldrechtlichen Vertrag uber die Einrichtung und Nutzung eines "Accounts" geschlossen haben (vgl. Redeker in Hoeren/Sieber/Holznagel, Handbuch Multimedia-Recht, Stand Februar 2018, Teil 12 Rn 424; Redeker, IT-Recht, 6. Aufl., D. Rn 1174; Kosmides in Schneider, Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl., W. Rn 525 ff; Staudinger/Klumpp (2017), BGB § 107 Rn 30; Kutscher, Der digitale Nachlass, S. 45 f). (...)

bb) (...)

cc) Das Vertragsverhaltnis mit seinen Rechten und Pflichten ist mit dem Tod der Erblasserin nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben ubergegangen, die hierdurch in dieses eingetreten sind und deshalb als Vertragspartner einen Anspruch auf Zugang zu dem Benutzerkonto der Erblasserin sowie den darin enthaltenen vermogensrechtlichen und hochstpersonlichen (digitalen) Inhalten haben.

Nach § 1922 Abs. 1 BGB geht das Vermogen als Ganzes auf die Erben uber. Hierzu gehoren grundsatzlich auch Anspruche und Verbindlichkeiten aus schuldrechtlichen Vertragen wie dem hier vorliegenden Nutzungsvertrag, wobei der Erbe in die vertragliche Rechtsstellung mit samtlichen Rechten und Pflichten eintritt (vgl. MuKoBGB/Leipold, 7. Aufl., § 1922 Rn 20 und 25; BeckOGK BGB/Preuß, Stand 1. Juni 2018, § 1922 Rn 173 ff).

Die Vererbbarkeit des aus dem Nutzungsvertrag folgenden Anspruchs auf Zugang zu dem Benutzerkonto ist weder durch die vertraglichen Bestimmungen ausgeschlossen (hierzu unter (1)) noch lasst sich ein Ausschluss der Vererbbarkeit aus dem Wesen des Vertrags ableiten (hierzu unter (2)). Auch eine Differenzierung nach der Art des Inhalts der auf dem Konto gespeicherten Daten ist abzulehnen (hierzu unter (3)).

(1) Die Vererbbarkeit von Anspruchen kann vertraglich ausgeschlossen werden (vgl. MuKoBGB/Leipold, 7. Aufl., § 1922 Rn 21; BeckOGK BGB/Preuß, Stand 1. Juni 2018, § 1922 Rn 173). Dies ist hier indes nicht der Fall.

(1.1) Die Nutzungsbedingungen der Beklagten enthalten keine Regelung zur Vererbbarkeit des Benutzungsvertrags und der Inhalte des Benutzerkontos. Zwar ist dieses hiernach unter einem realen Namen einzurichten (Nummer 4) und die Weitergabe von Zugangsdaten oder des Benutzerkontos an Dritte nicht zulassig (Nummern 3.5, 4.1, 4.8 und 4.9). Zutreffend hat das Berufungsgericht hierzu jedoch ausgefuhrt, dass sich diese Regelungen lediglich auf das Verhalten des Nutzers zu Lebzeiten beziehen und keine Aussage fur den Todesfall enthalten. (...)

(1.2) Eine Unvererblichkeit ergibt sich auch nicht aus den Regelungen der Beklagten zum Gedenkzustand.

(1.2.1) Diese finden hier schon deshalb keine Anwendung, weil die Bestimmungen nicht Bestandteil des Nutzungsvertrags geworden sind, § 305 Abs. 2 BGB (vgl. Herzog/Pruns, Der digitale Nachlass in der Vorsorge- und Erbrechtspraxis, § 5 Rn 18 ff; Ludyga, ZEV 2018, 1, 3; Pruns, AnwZert ErbR 16/2016 Anm. 2; Willems, ZfPW 2016, 494, 509). (...)

(1.2.2) Die Regelungen zum Gedenkzustand schließen ungeachtet dessen auch nach Maßgabe von § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB die Vererbbarkeit des aus dem Nutzungsverhaltnis folgenden Kontozugangsrechts nicht wirksam aus (fur eine Unwirksamkeit der Regelungen zum Gedenkzustand auch MuKoBGB/Leipold, 7. Aufl., § 1922 Rn 29; NK-NachfolgeR/Herzog, Kap. 9 Rn 95; Deusch, ZEV 2016, 189, 195; Gloser, DNotZ 2016, 537, 548 f; Kutscher, Der digitale Nachlass, S. 126 ff; Litzenburger, FD-ErbR 2017, 392155; Ludyga, JM 2016, 442, 446; ders., ZEV 2018, 1, 3; Pruns, AnwZert ErbR 16/2016 Anm. 2; Raude, RNotZ 2017, 17, 23; offen: Lange/Holtwiesche, ZErb 2016, 125, 129; aA im Hinblick auf § 88 TKG: Staudinger/Kunz (2017), BGB § 1922 Rn 596.26 f). Sie verandern nachtraglich die Leistungspflichten der Beklagten. Diese musste nach Mitteilung des Todes zwar weiterhin die Kommunikationsplattform fur das Benutzerkonto der Erblasserin zur Verfugung stellen, allerdings den Erben als neuen Vertragspartnern keinen Zugang zu dem Konto und den dort gespeicherten nicht offentlichen Inhalten mehr gewahren.

(1.2.2.1) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegen diese Regelungen der Inhaltskontrolle nach ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge