Steuerliche Zuzugs- und Wegzugsschranken für natürliche Personen sind bei der Planung von Vermögensübertragungen ebenso wie bei der Nachlassabwicklung zu beachten. Obwohl die Vorschriften des deutschen Steuerrechts teils – selbst bei reinen EU-Sachverhalten – drastische Doppelbesteuerungen auslösen können, hat sich der Gesetzgeber bisher nicht um ein stimmiges Konzept für die steuerliche Behandlung von Zuzugs- und Wegzugsfällen im Kontext der Vermögensnachfolge bemüht. Während etwa für die Wegzugsteuer (§ 6 AStG) mindestens zehn Jahre der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland vor Wegzug genügen, verlangt die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht (§ 4 iVm § 2 AStG), dass der Steuerpflichtige innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Wegzug insgesamt mindestens fünf Jahre "als Deutscher" im Inland unbeschränkt steuerpflichtig war. Der erweitert unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegt, wer noch keine fünf (bei Wegzug in die USA: zehn) Jahre lang einen Wohnsitz im Ausland hatte und auch nach dem Wegzug noch Deutscher ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b) ErbStG). Das Merkmal der deutschen Staatsangehörigkeit führt in den jeweiligen Anwendungsfällen zu einer bedauernswerten Inländerdiskriminierung. Eine zumindest EU-weite Harmonisierung der Erbschaftsteuer ist nicht ansatzweise vorhanden. Typische Doppelbesteuerungssituationen, wie sie im Ertragsteuerrecht eher selten vorliegen, sind aufgrund fehlender DBA bei grenzüberschreitenden Erbfällen häufig und werden auch nicht immer durch die vorhandenen Regeln zur Steueranrechnung (§ 21 ErbStG) abgemildert. Die Wegzugssteuer bei Schenkung oder Erbfall "über die Grenze" stellt eine große Herausforderung für die internationale Nachlassplanung dar und trifft meist Steuerpflichtige, die bei der Nachfolgeplanung unzureichend beraten waren. Es ist kaum zu erklären, dass der Gesetzgeber für den Anteilswert bei der Erbschaftsteuer eine Verschonung von bis zu 100 % gewährt (§§ 13 a ff ErbStG), um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, während der gleiche Anteilswert bei Vererbung oder Schenkung "über die Grenze" einer Wegzugssteuer unterliegt, die für den im Ausland ansässigen Erben eine größere Belastung bedeutet als die Erbschaftsteuer.

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