Leitsatz

Die Festsetzung einer Vergütung gegen die Staatskasse für die Leistungen des berufsmäßigen Nachlasspflegers ist geboten, soweit der Nachlass nur aus Miteigentumsanteilen an wertlosem Grundbesitz besteht und der Miteigentümer die Veräußerung und Auseinandersetzung der Gemeinschaft verweigert.

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 13. Mai 2014 – 5 W 23/14

Sachverhalt

I. Die Nachlasspflegerin rügt mit ihrer Beschwerde, dass das Amtsgericht – Nachlassgericht – ihren Vergütungsanspruch als vom Erben zu erstatten und nicht gegen die Staatskasse festgesetzt hat.

Der Erblasser war bereits im Januar 2001 verstorben. Mit Schreiben vom 19.10.2011 hat die Sparkasse M.-W. als Gläubigerin noch offener Darlehensforderungen beim Amtsgericht Merzig die Anordnung einer Nachlasspflegschaft und die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragt. Erben waren (damals) nicht bekannt.

Mit Beschluss vom 10.11.2011 ist die Beschwerdeführerin zur berufsmäßigen Nachlasspflegerin bestellt worden mit den Wirkungskreisen der Erbenermittlung, der Sicherung und der Verwaltung des Nachlasses (Bl 8b dA). Die Nachlasspflegerin hat unter dem 14.5.2012 einen Sachstandsbericht gefertigt und ein Vermögensverzeichnis erstellt. Barvermögen, Geldeinlagen oder dergleichen waren nicht vorhanden, wohl aber hälftiges Miteigentum an Immobilien. Es handelt sich dabei um ein Grundstück mit einem seit Jahrzehnten unbewohnten Gebäude, das sich nach Angaben der Nachlasspflegerin in einem "sehr desolaten Zustand" befand, sowie um zwei jeweils 18 m breite und 1.050 m² große Grundstücke an der Hauptverkehrsstraße von N. mit starker Hanglage, deren Bebauung nur mit einem besonders angepassten Fundament möglich wäre (Bl 15 dA). Die Nachlasspflegerin schätzte den Wert der Miteigentumsanteile – auf der Grundlage eines Architektengutachtens – auf insgesamt 22.250 EUR (Bl 17 dA). Weiterer Miteigentümer der Grundstücke ist der Bruder des Erblassers. Die Nachlassverbindlichkeiten sind in dem von der Nachlasspflegerin vorgelegten Vermögensverzeichnis mit rund 40.000 EUR angegeben (Bl 19 dA).

Mit Schreiben vom 21.9.2012 hat die Nachlasspflegerin mitgeteilt, Verhandlungen mit dem Bruder des Erblassers über eine Veräußerung oder einen Tausch der Grundstücke seien ergebnislos geblieben, weil dieser insbesondere nicht einmal bereit sei, an einer Berichtigung des Grundbuchs – eingetragen ist noch immer ein 1965 verstorbener Voreigentümer – mitzuwirken (Bl 25 dA).

Die Nachlasspflegerin hat am 20.9.2012 die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt (Az. 61 IN 54/12; siehe Bl 53 dA).

Als alleiniger (gesetzlicher) Erbe des Erblassers hat sich der Beteiligte zu 2, der Sohn des Erblassers, herausgestellt. Er beantragte am 15.2.2013 beim Amtsgericht Merzig einen Alleinerbschein, der am 21.2.2013 erteilt wurde (Bl 8 der Beiakte 6 VI 91/13). Das Amtsgericht Merzig hat infolgedessen im hiesigen Verfahren die Nachlasspflegschaft mit Beschluss vom 26.8.2013 aufgehoben (Bl 32 dA).

Die Nachlasspflegerin hat – zuletzt – die Festsetzung ihrer Vergütung auf 786,60 EUR beantragt (Bl 42 dA).

Das Amtsgericht Merzig hat mit Beschluss vom 14.1.2014 der Nachlasspflegerin für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 9.6.2012 bis 6.9.2013 den aus dem Nachlass "von dem Erben zu erstattenden" Anspruch auf 786,60 EUR festgesetzt (Bl 49 dA) und in der Begründung unter anderem ausgeführt, eine Festsetzung aus der Staatskasse scheide aus, da Nachlassvermögen vorhanden sei.

Am 3.2.2014 hat die Nachlasspflegerin Beschwerde erhoben, mit der sie unter Hinweis auf die Überschuldung des Nachlasses die Festsetzung ihrer Vergütung gegenüber der Staatskasse erstrebt (Bl 52 dA).

Das Nachlassgericht hat den Bezirksrevisor bei dem Landgericht Saarbrücken angehört, der zur Widerlegung einer Mittellosigkeit des Nachlasses auf das vorhandene Grundvermögen hingewiesen hat (Bl 56 dA).

Das Amtsgericht Merzig hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 8.4.2014 dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl 59 dA).

Aus den Gründen

II. Die Beschwerde der Nachlasspflegerin hat Erfolg.

1. Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG zulässig. (...)

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Nachlasspflegerin kann die Festsetzung ihrer auf der Grundlage des Stundensatzes gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 VBVG ermittelten – der Höhe nach unbeanstandeten – Vergütung und ihres Aufwendungsersatzanspruchs gegen die Staatskasse durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 168 FamFG iVm §§ 340 Nr. 1, 292 FamFG verlangen.

a. Gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB richtet sich die Vergütung des berufsmäßigen Nachlasspflegers nach dem VBVG. Wer Vergütungsschuldner ist, richtet sich danach, ob der Nachlass mittellos ist oder nicht. Bei Mittellosigkeit des Nachlasses kann der Nachlasspfleger die ihm gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VBVG zu bewilligende Vergütung nach Maßgabe des in § 3 VBVG geregelten Stundensatzes aus der Staatskasse verlangen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG), außerdem gemäß § 1835 Abs. 4 BGB die Erstattung seiner Aufwendungen.

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