Leitsatz

1. Der vollstreckungsfreie Miterbe ist zur Antragstellung nach § 2227 Abs. 1 BGB mit dem Ziel der Entlassung des Testamentsvollstreckers befugt, der sein Amt lediglich für einen mit der Testamentsvollstreckung beschwerten Miterben ausübt.

2. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 2227 Abs. 1 BGB kann sich in dieser Konstellation nur daraus ergeben, dass der Testamentsvollstrecker durch konkrete Pflichtwidrigkeiten bei der Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses die Rechte des vollstreckungsfreien Miterben gefährdet.

OLG Hamm, Beschluss vom 17. März 2009 – 15 Wx 115/09

Sachverhalt

Durch Verfügung vom 23.5.2002 errichtete die Erblasserin zusammen mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament, durch das sich die Ehegatten gegenseitig zu uneingeschränkten Alleinerben und als Schlusserben ihre beiden Söhne zu 3/5-Anteil – Beteiligter zu 1) – bzw. 2/5-Anteil – Beteiligter zu 2) – einsetzten. Der Beteiligte zu 2) wurde als nicht befreiter Vorerbe berufen, auf den Nacherbfall wurden die Kinder des Beteiligten zu 1) eingesetzt. Hinsichtlich der Vorerbschaft des Beteiligten zu 2) ordneten die Erblasserin und ihr Ehemann Testamentsvollstreckung an. Zum Testamentsvollstrecker bestimmten sie Rechtsanwalt F aus T2.

Nach dem Tod ihres Mannes errichtete die Erblasserin am 2.11.2003 ein maschinenschriftliches Testament, durch das sie zum einen die Erbanteile der Beteiligten änderte und zum anderen den Beteiligten zu 3) als Testamentsvollstrecker bestimmte. Nach dem Tod der Erblasserin lehnte Rechtsanwalt F das Amt des Testamentsvollstreckers ab.

Mit Beschluss vom 11.7.2007 hat das Amtsgericht gem. § 2200 Abs. 1 BGB Rechtsanwalt T aus T2 zum Testamentsvollstrecker ernannt. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat das Landgericht am 27.8.2007 den Beschluss des Amtsgerichts teilweise abgeändert und den Beteiligten zu 3) als Testamentsvollstrecker ernannt. Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die der Senat durch Beschluss vom 22.1.2008 als unzulässig verworfen hat.

Am 21.4.2008 hat der Beteiligte zu 3) zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erklärt, dass er das Amt als Testamentsvollstrecker annehme. Daraufhin hat das Amtsgericht dem Beteiligten zu 3) am 30.5.2008 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, das ihn als Testamentsvollstrecker über den Erbteil des Beteiligten zu 2) ausweist.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 4.8.2008 hat der Beteiligte zu 1) beantragt, den Beteiligten zu 3) als Testamentsvollstrecker zu entlassen, und das Amtsgericht darum gebeten, einen anderen Testamentsvollstrecker auszuwählen. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind dem Antrag entgegengetreten.

Durch Beschluss vom 12.11.2008 hat das Amtsgericht Siegen den Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Beteiligte zu 1) nicht antragsberechtigt sei. Gegen diesen Beschluss des Amtsgerichts hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 2.12.2008 Beschwerde eingelegt. Durch Beschluss vom 17.3.2009 hat das Landgericht Siegen die Beschwerde als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, dem Beteiligten zu 1) stehe weder eine Beschwerdebefugnis noch das Recht zu, gem. § 2227 Abs. 1 BGB die Entlassung des Testamentsvollstreckers zu beantragen, da sein Erbteil nicht der Testamentsvollstreckung unterliege. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner weiteren Beschwerde, die er mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 4.5.2009 eingelegt hat.

Aus den Gründen

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) für die weitere Beschwerde ergibt sich bereits daraus, dass seine Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 FGG). Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidungen beider Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die erste Beschwerde des Beteiligten zu 1) zulässig, insbesondere war der Beteiligte zu 1) beschwerdebefugt. Bei dem Entlassungsverfahren nach § 2227 BGB handelt es sich um ein Antragsverfahren (Keidel/Schmidt, FG, 15. Aufl., § 12, Rn 10). Wird der Antrag – wie hier – nur aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückgewiesen, genügt für die Beschwerdeberechtigung in Antragssachen die darin begründete formelle Beschwer (Keidel/Kahl, FG, 15. Aufl., § 20, Rn 50 mwN).

Der Senat kann ferner der Auffassung des Landgerichts nicht folgen, dem Beteiligten zu 1) stehe als vollstreckungsfreier Miterbe ein Antragsrecht mit dem Ziel der gerichtlichen Entlassung des Testamentsvollstreckers nicht zu. Die Entscheidung des Landgerichts kann sich allerdings auf eine in Rechtsprechung und Literatur verbreitet vertretene Auffassung stützen, die ...

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