Eine erfreuliche Entscheidung des BFH: Das FG Düsseldorf hatte sich der bisherigen restriktiven Betrachtungsweise der Finanzverwaltung und der Finanzgerichte angeschlossen und unter Berufung auf die Entscheidung des FG München v. 22.10.2014 – 4 K 847/13 – die Klage abgewiesen. Der von der Klägerin vorsorglich gestellte Antrag auf Zulassung der Revision wurde zurückgewiesen. Nachdem bereits der von der Klägerin hiergegen erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ohne Begründung durch den BFH stattgegeben wurde, hat der II. Senat des BFH nunmehr klargestellt, dass nicht nur die Gründe, die im Gesetzgebungsverfahren als Beispiel dienten (BT-Drucks 16/11107, 9) – also die Pflegebedürftigkeit oder der Tod – zwingende Gründe i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sein können. Zu Recht führt der BFH hierzu aus, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift andernfalls auf den Tod des Erwerbers reduziert würde, da auch die Pflegebedürftigkeit nicht notwendigerweise ein Grund ist, dass der Erwerber an einer Selbstnutzung der Immobilie zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist. Der II. Senat hat sich insoweit den Argumenten der Klägerin angeschossen, die mit ihrer Revision darauf hingewiesen hat, dass die von dem Gesetzgeber als Beispiel bemühte Pflegebedürftigkeit objektiv betrachtet kein zwingender Grund sein muss, an einer Selbstnutzung der Immobilie gehindert zu sein. Eine Pflegebedürftigkeit kann unterschiedliche Grade aufweisen und hindert bedingt durch den Umstand, dass die Pflege auch zu Hause und nicht nur in einer Einrichtung erbracht werden kann, nicht in jedem Fall an einer Selbstnutzung einer Immobilie zu eigenen Wohnzwecken. Es wird nun Aufgabe der Finanzgerichte sein, im jeweiligen Einzelfall zu ermitteln, welche Gründe zwingende Gründe i.S.d. Gesetzes sein können. Ein abgeschlossener Katalog von Gründen besteht nicht, wie der BFH zutreffend ausgeführt hat.

Matthias Balkenhol, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Wuppertal

ZErb 9/2022, S. 342 - 345

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