I.)

Der Erblasser ist ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung am 0.0.2018 verstorben. Die Beteiligte zu 1) ist die Witwe des Erblassers, der Beteiligte zu 2) eines seiner Kinder. Alle Abkömmlinge des Erblassers haben durch notariell beglaubigte Erklärungen gegenüber dem Nachlassgericht die Erbschaft ausgeschlagen, beim Nachlassgericht eingehend am 10.08. und 13.8.2018. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beiakte 158 VI 1970/18 AG Essen Bezug genommen.

Durch Urkunde ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21.8.2018 hat die Beteiligte zu 1) zunächst einen Erbschein beantragt, durch den sie als Alleinerbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge ausgewiesen werden sollte. Mit Verfügung vom 11.9.2018 hat das AG darauf hingewiesen, dass die Beteiligte zu 1) nur dann Alleinerbin sei, wenn weder Erben der ersten oder zweiten Ordnung und keine Großeltern zur Zeit des Erbfalls vorhanden gewesen seien. Der Erbscheinsantrag müsse daher um Angaben zu Kindern der Abkömmlinge, den Eltern und evtl. Geschwistern und Großeltern ergänzt werden.

Am 5.10.2018 ging sodann beim Nachlassgericht die notariell beglaubigte Anfechtungserklärung des Beteiligten zu 2) ein, die im Wesentlichen folgenden Wortlaut hat:

Zitat

In der Nachlasssache … fechte ich, … , die Ausschlagungserklärung vom 8.8.2018, … , wegen Irrtums an.

Ich und meine Geschwister haben die Erbschaft ausgeschlagen, weil wir davon ausgingen, dass somit unsere Mutter, … , Alleinerbin ist und somit auch als Alleineigentümerin der Eigentumswohnung … eingetragen wird. Nunmehr erhielt ich Kenntnis darüber, dass durch die Ausschlagungserklärung sämtlicher Kinder unseres Vaters dessen Halbgeschwister erben.

Diese Halbgeschwister sind weder meiner Mutter, meinen Geschwistern oder mir namentlich bekannt. Auch mein Vater hatte zu seinen Halbgeschwistern keinen Kontakt. Erst mit der Mitteilung des Nachlassgerichts Essen vom 11.9.2018 erfuhr ich durch meine Mutter am 2.10.2018, dass die Halbgeschwister meines Vaters durch meine Erbausschlagung erben.

Durch weitere Urkunde ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 8.10.2018 hat die Beteiligte zu 1) ihren Erbscheinsantrag dahingehend abgeändert, dass nunmehr ein gemeinschaftlicher Erbschein für sie und den Beteiligten zu 2) als Miterben zu ½ beantragt wurde. Das AG hat diesen Antrag durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats ausgeführt, dass der Irrtum darüber, welcher Person das ausgeschlagene Erbe anfalle, ein unbeachtlicher Motivirrtum sei.

Gegen diesen Beschluss, dessen genaues Zustellungsdatum sich urkundlich nicht belegen lässt, haben die Beteiligten am 2.1.2019 Beschwerde erhoben. Mit dieser machen sie geltend, dass es sich bei dem Irrtum über die Begünstigten einer Ausschlagungserklärung – entgegen der Auffassung des AG – um einen beachtlichen Rechtsfolgenirrtum handele. Zudem sei dem Beteiligten zu 1) im Zeitpunkt der Ausschlagungserklärung die Existenz von Halbgeschwistern seines Vaters unbekannt gewesen.

Der Senat sich hat vor dem Hintergrund einer möglichen Zulassung der Rechtsbeschwerde im Falle einer Zurückweisung der Beschwerde bemüht, die Identität der Erben zweiter Ordnung festzustellen. Hierbei stellte sich heraus, dass der Erblasser nicht nur Halbgeschwister, sondern auch eine Vollschwester hatte. Hierauf sind die Beteiligten durch Verfügung vom 26.11.2019 hingewiesen worden. Hierauf hat der Beteiligte zu 2) durch notariell beglaubigte Erklärung vom 14.2.2020 seine Anfechtungserklärung dahingehend ergänzt, dass ihm auch nicht bekannt gewesen sei, dass sein Vater eine (Voll-)Schwester gehabt habe.

II.)

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben. Zwar lässt sich das genaue Zustellungsdatum urkundlich nicht feststellen. Angesichts des Abvermerks des AG (3.12.2018) ist jedoch als sicher davon auszugehen, dass die Angabe der Beschwerde, der Beschluss sei am 4.12.2018 zugegangen, zutreffend ist.

In der Sache ist die Beschwerde jedoch unbegründet.

Der Erbscheinsantrag ist nur dann begründet, wenn der Beteiligte zu 2) neben der Beteiligten zu 1) zur Erbfolge gelangt ist. Dies ist jedoch nicht der Fall, da er die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hat. Seine Ausschlagungserklärung vom 8.8.2018 genügt den Anforderungen der §§ 1954, 1955, 1945 BGB, da sie innerhalb von sechs Wochen nach dem Eintritt des Erbfalls (als dem frühestmöglichen Zeitpunkt i.S.v. § 1944 BGB) in öffentlich beglaubigter Form beim Nachlassgericht eingegangen ist.

Die Wirkung der Ausschlagung, nämlich der rückwirkende Ausschluss des Beteiligten zu 2) von der Erbfolge (§ 1953 Abs. 1 BGB), ist durch seine Anfechtungserklärung nicht beseitigt worden. Die Anfechtung ist unwirksam, da sich anhand des Vorbringens des Beteiligten zu 2) ein rechtlich beachtlicher Anfechtungsgrund nicht feststellen lässt.

Die Beteiligten machen vorliegend geltend, der Beteiligte zu 2) habe sich in einem Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1 BGB) befunden, weil er sich über die Rechtsfolgen s...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge