Die allseits betonten Schwierigkeiten sind zum einen struktureller Art. Sie beruhen auf dem gesetzlichen Konstruktionsfehler, den Streit von Miteigentümern über die Auseinandersetzung ihrer Immobilie und die Bedingungen ihrer Versilberung[7] einem gerichtlichen Zwangsvollstreckungsverfahren dergestalt zu implementieren, als ob er schon entschieden wäre, und zwar im denkbar trivialsten Sinne[8] – dass sich nämlich ein Ersteher finden lasse, der das Objekt ersteigert (a) mit allem, was im Grundbuch steht, §§ 182 Abs. 1, 52 Abs. 1, 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 ZVG, und (b) mit allen Konsequenzen, die das Gesetz an die Eintragungen knüpft.[9] Denn praktischerweise für den Einen, fatalerweise für den Anderen wird zur Einleitung dieses Verfahrens – anders als wenn die Bank das Grundstück ihres säumigen Schuldners versteigern lässt – kein Vollstreckungstitel benötigt, also ein Urteil auf Duldung der Zwangsvollstreckung oder eine notarielle Vollstreckungsunterwerfung. Vielmehr hält das Gesetz den Auseinandersetzungsanspruch gem. § 753 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB für derart unbestreitbar, dass es eines Titels nicht bedarf, so § 181 Abs. 1 ZVG.[10] Mit dieser gesetzgeberischen Weichenstellung findet sich der Anspruchsgegner in der prozessualen Rolle eines Schuldners, gegen den ein Duldungstitel vollstreckbar vorliegt. Gemessen an derjenigen eines Beklagten im Erkenntnisverfahren ist diese Rolle deutlich weniger komfortabel ausgestattet. Namentlich werden die Möglichkeiten, sich gegen die Versteigerung, sei es prinzipiell, sei es im Hinblick auf das starre Korsett ihrer gesetzlichen Ausführungsbedingungen im Einzelpunkt, zu wehren, nunmehr vom Achten Buch der Zivilprozessordnung bestimmt. Im krassen Gegensatz zur grundsätzlich passiven Beklagtenrolle im Erkenntnisverfahren ist dem Anspruchsgegner hierdurch aufgenötigt, sämtliche materiellen Einwendungen und Schutzmechanismen durch aktiv – und zumal mit eigenen Kostenvorschüssen – angebrachte Anträge und Rechtsbehelfe geltend zu machen. Es ist dies ein bunter (in der Praxis aber regelmäßig kaum behelflicher) Strauß, bestehend aus einfacher Erinnerung, befristeter Rechtspflegererinnerung, sofortiger Beschwerde, Anträgen auf einstweilige Einstellung – mit ihren sehr kurzen Ausschlussfristen – oder aus § 765a ZPO; der "Zuschlagsanfechtung" nach §§ 96 ff. ZVG, dem Widerspruch nach § 115 ZVG, der Widerspruchsklage nach §§ 876 ff. ZPO, ferner Drittwiderspruchsklage, unechter Drittwiderspruchsklage,[11] letztere verbunden mit der Verschärfung, dass Aussetzung des Versteigerungsverfahrens wegen Vorgreiflichkeit eines solchen ordentlichen Prozesses nicht stattfindet.[12]

[7] … damit "die untheilbare Sache durch Versteigerung … ins Geld gesetzt" werde, § 94 I 17 ALR, auf den die Motive zu §§ 749 ff. BGB sich stützten.
[8] Näher Bothe, ZErb 2016, 225.
[9] Insbesondere die regelmäßig haarsträubenden Summen an rückständigem dinglichem Zins im Bargebot, hierzu unten D II 4a.
[10] Bemerkenswerterweise ist für den Zwangsverkauf etwa eines erbengemeinschaftlichen Bauernschranks in der Immobilie ein Duldungstitel erforderlich, näher Damrau, ZEV 2008, 216 (mit Formulierungshilfen für den Klagantrag 219).
[11] Mit ihr macht man materiellrechtliche Einwendungen gegen Zulässigkeit der Versteigerung im ordentlichen Verfahren geltend, siehe OLG München, ZEV 2017, 265.
[12] Stöber/Kiderlen, § 180 Rn 102; auch der Tod eines Beteiligten hindert nicht. Jedoch sind Einstellungen durch das Prozessgericht möglich, §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO.

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