II.

Die Berufung hat teilweise Erfolg.

A. Die Berufung ist zulässig.

Die Zulässigkeit der Berufung in Bezug auf das Überschreiten der notwendigen Beschwer (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist aufgrund der dafür ausreichenden Darlegungen des Beklagten (Berufungsbegründung S. 2-5 = Bl. 231-234 d.A.) gegeben.

Das Vorbringen reicht – auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Klägerin – als Schätzungsgrundlage aus.

Der Beklagte ist zur umfassenden, nach Einnahmen und Ausgaben von ihm eigenverantwortlich zu erstellenden geordneten Übersicht sämtlicher von ihm aufgrund der Vorsorgevollmacht vom 25.10.2007 bis zum 31.3.2017 getätigten Verfügungen der Erblasserin und Vorlage aller dazu erforderlichen Belege verurteilt worden (LGU S. 1 f. = Bl. 190 f. d.A.). Dem kann insbesondere nicht durch bloße Wiedergabe der monatlichen Kontobewegungen auf einem oder zwei Konten und/oder auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin entsprochen werden. Es kann auch nicht das an Aufwand "abgezogen" werden, was die Klägerin an Informationen bereits erhalten hat, weil das Erfordernis einer geordneten Übersicht dem entgegenstehen würde. Die von der Klägerin im Übrigen zitierte Rechtsprechung betrifft jeweils Einzelfälle mit besonderen Umständen, die nicht schematisch übertragbar sind. Von dem Beklagten eine noch vereinzeltere Darstellung seines Aufwands der Rechnungslegung zu fordern, würde letztlich auf eine Vereinzelung hinauslaufen, die einer Erfüllung des Rechnungslegungsanspruchs nahekommt und damit die Substantiierungsanforderungen überspannt.

Der Zeitaufwand ist grundsätzlich in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den ein Zeuge im Zivilprozess erhalten würde (BGH, Beschl. v. 8.7.2020 – XII ZB 334/19, Rn 9; Beschl. v. 16.8.2017 – XII ZB 429/16, Rn 9; vgl. BGH, Beschl. v. 26.10.2016 – XII ZB 134/15 = FamRZ 2017, 368 Rn 6 m.w.N.). Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können (BGH, Beschl. v. 8.7.2020 – XII ZB 334/19, Rn 9; Beschl. v. 16.8.2017 – XII ZB 429/16, Rn 11, im Anschluss an BGH, Beschl. v. 27.4.2016 – XII ZB 527/15 – FamRZ 2016, 1154). Die erforderliche Berufungsbeschwer von über 600,00 EUR würde vorliegend demnach unter Heranziehung von § 20 JVEG in seiner aktuell geltenden Fassung selbst dann erreicht, wenn der Beklagte umgerechnet für jeden der vom Landgericht ausgeurteilten 113 Rechnungsmonate statt der behaupteten 2 Stunden nur 80 Minuten pro Rechnungsmonat benötigen würde (113 × 80 / 60 × 4,00 EUR = 602,67 EUR).

B. Die Berufung hat zum Teil Erfolg.

1. Klarstellend vorwegzuschicken ist, dass Streitgegenstand dieses Verfahrens nur der geltend gemachte Rechnungslegungsanspruch der Erbengemeinschaft ist, nicht ihr Auskunftsanspruch und auch nicht ihr Zahlungsanspruch. Soweit also mit diesem Urteil ein Rechnungslegungsanspruch für einen bestimmten Zeitraum verneint wird, besagt das nichts darüber, ob der Erbengemeinschaft nicht gleichwohl Auskunfts- oder Zahlungsansprüche bezogen auf Vorgänge aus dem selben Zeitraum noch zustehen oder nicht.

2. Für die Zeit ab 12.12.2014 bis einschließlich 31.3.2017 steht der Erbengemeinschaft gegen den Beklagten der aus dem Tenor ersichtliche Rechnungslegungsanspruch gem. §§ 666 Var. 3, 1922, 2038 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Die Klägerin ist gem. § 2039 BGB befugt, diesen Anspruch für die Erbengemeinschaft geltend zu machen.

a) Die Rechnungslegungspflicht aus § 666 Var. 3 BGB setzt ein Auftragsverhältnis voraus.

aa) Ein Auftragsverhältnis kann nicht schon aus einer bloßen Bevollmächtigung also solcher abgeleitet werden (OLG Brandenburg, Urt. v. 19.3.2013 – 3 U 1/12, Rn 82, juris; OLG Köln, Urt. v. 19.9.2012 – I-16 U 196/11, Rn 6, juris; OLG Saarbrücken, BeckRS 2015, 778; FG Köln, Urt. v. 14.10.2020 – 14 K 1414/19, Rn 44, juris). Sie betrifft regelmäßig nur das rechtliche Dürfen nach außen. Ein Auftrag verlangt mehr. Erforderlich ist die Einigung, dass jemand für einen anderen in dessen Angelegenheiten tätig wird und pflichtgemäß tätig werden muss (vgl. § 662 BGB).

bb) Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach Ehegatten regelmäßig kein Auftragsverhältnis untereinander begründen (BGH, Urt. v. 5.7.2000 – XII ZR 26/98, Rn 14), ist wegen des die Ehe prägenden besonderen Vertrauensverhältnisses nicht pauschal auf andere Angehörigenbeziehungen zu übertragen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.6.2008 – III ZR 30/08, Ls. 1 und Rn 2, juris). Daraus folgt für den vorliegenden Fall des Verhältnisses der Mutter (Erblasserin) zum Sohn (Beklagter) indes auch nicht umgekehrt bereits "automatisch" ein Auftragsverhältnis (nebst Rechnungslegungspflicht).

cc) Entscheidend sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalles:

(1) Von diesen Umständen bildet die für die Beteiligten bei Vollmachtserteilung erkennbare wirtschaftliche Bedeutung den indiziellen Ausgangspunkt.

Vorliegend ergibt sich aus der insoweit übereinstimmenden persönlichen Anhörung beider Parteien, dass die Erblasserin, als sie davon thematisch seinerzeit in den Medien erfahren hatte, mit der Vorsorgevoll...

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