Die zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht die Änderung des Erbschaftsteuerbescheides abgelehnt; der Kläger hat gem. § 164 Abs. 2 AO einen Anspruch auf Änderung des Erbschaftsteuerbescheides (§ 101 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO).

Das Klagebegehren ist dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Aufhebung des ihn betreffenden Bescheides vom 15.1.2020 und nicht die Aufhebung des an seinen Bruder gerichteten Bescheides vom 25.11.2019 begehrt.

Dem Kläger sind die Begünstigungen nach §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. v. 26.6.2013 (1.) und nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG (2.) in der begehrten Höhe zu gewähren. Die Begünstigung nach § 13c Abs. 1 ErbStG i.d.F. vom 24.12.2008 ist dem Antrag entsprechend zu reduzieren (3.).

1. Die Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. ist in Höhe von 312.256 EUR zu gewähren.

a) Nach §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. (heute zusammengefasst in § 13a Abs. 5 ErbStG) kann ein Erwerber den Verschonungsabschlag nach Abs. 1 und den Abzugsbetrag nach Abs. 2 nicht in Anspruch nehmen, soweit er Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Miterben überträgt. Gibt der Miterbe ("Dritte") dabei nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Miterben um den Wert des hingegebenen Vermögens.

Im Zuge der Erbauseinandersetzung hat, was zwischen den Beteiligten unstrittig ist, der Bruder des Klägers dem Kläger nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. begünstigtes Vermögen übertragen. Die Anwendung der Vorschrift ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Betriebsvermögens erst beinahe drei Jahre nach dem Tod des Erblassers erfolgte.

Die Vorschrift enthält ihrem Wortlaut nach keine Frist, binnen derer die Auseinandersetzung erfolgen muss. Aus diesem Grunde verbietet sich nach Auffassung des Senats eine Orientierung an einer starren, vom Einzelfall unabhängigen Frist.

Dies hat der BFH für den Begünstigungstransfer nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 4 ErbStG und nach § 13c Abs. 2 S. 1 bis 3 ErbStG im Hinblick auf die von der Finanzverwaltung befürwortete Sechs-Monats-Frist jeweils entschieden (BFH, Urt. v. 23.6.2015 – II R 39/13, BStBl II 2016, 225, Rn 27, 36; vgl. Meincke/Hannes/Holtz/Hannes/Holtz, ErbStG, 17. Aufl. 2018, § 13d Rn 5, § 13 Rn 37, § 13a Rn 58). Wenn der Beklagte demgegenüber anführt, der BFH habe in seinem Urt. v. 28.5.2019 (II R 37/16, BStBl II 2019, 678) die Sechs-Monats-Frist ausdrücklich bestätigt, so betrifft dies die Auslegung des Merkmals "unverzüglich" in § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG. Diese ist zu unterscheiden von der Frage, ob für den Begünstigungstransfer eine Frist zu beachten ist.

Diese Rechtsprechung lässt sich auf §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 ErbStG a.F. übertragen. Denn die Regelungen entsprechen in Zielsetzung und Regelungstechnik dem Begünstigungstransfer bei zu Wohnzwecken vermietetem Grundvermögen (von Oertzen/Loose/Stalleiken, ErbStG, 2. Aufl. 2020, § 13d Rn 11), so dass eine einheitliche Handhabung angezeigt ist (vgl. Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk/Jülicher, ErbStG, § 13d Rn 6 (5/2020), § 13a Rn 140 (9/2020); Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 3.3.2016, BStBl I 2016, 280).

Allerdings folgt aus der Formulierung "im Rahmen der Teilung des Nachlasses" (§§ 13a Abs. 3 S. 2, 13b Abs. 3 ErbStG a.F.), dass ein innerer Zusammenhang zum Erbfall bestehen muss. Entschließt sich die Erbengemeinschaft hingegen zunächst, den Nachlass nicht zu teilen und kommt es dann aufgrund eines neuen Willensentschlusses – etwa aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft – zu einer Vermögensübertragung, handelt es sich nicht mehr um eine Übertragung im Rahmen der Nachlassteilung (vgl. Kapp/Ebeling/Geck, ErbStG, § 13a Rn 79, 86 (3/2020)). Demgegenüber ist nicht per se ausgeschlossen, dass ein hinreichender Zusammenhang auch dann noch besteht, wenn die Auseinandersetzung – etwa bei komplexen Vermögenslagen und zu klärenden Bewertungsfragen – erst längere Zeit nach dem Erbfall erfolgt.

b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Vermögensübertragung an den Kläger im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt. Dafür spricht, dass lediglich innerhalb der Erbengemeinschaft Vermögen übertragen wurde und (abgesehen von einem geringfügigen Entgelt i.H.v. 3.785 EUR für den GmbH-Anteil) keine Zahlung aus Eigenmitteln erfolgte (vgl. bzgl. § 13a ErbStG Kapp/Ebeling/Geck, ErbStG, § 13a Rn 86 (3/2020). Weiter spricht auch der Umstand, dass der Kläger bereits vor dem Erbfall zu 80 % an der KG und der GmbH beteiligt war, dafür, dass eine entsprechende Zuordnung des Betriebsvermögens von Anfang an beabsichtigt war. Zudem war der Kläger bereits vor dem Erbfall neben dem Erblasser einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH, die wiederum Geschäftsführerin der KG war. Seit dem Tod des Erblassers ist der Kläger alleiniger Geschäftsführer der GmbH.

Demgegenüber fehle...

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