§ 50 d Abs. 3 dEStG lautet nach den letzten europarechtlich veranlassten Änderungen[32] in seiner neuesten Fassung[33] wie folgt:

"Eine ausländische Gesellschaft hat keinen Anspruch auf völlige oder teilweise Entlastung nach Absatz 1 (hier: reduzierte Steuersätze aus DBA, Anm. des Verf.) oder Absatz 2, soweit Personen an ihr beteiligt sind, denen die Erstattung oder Freistellung nicht zustände, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und die von der ausländischen Gesellschaft im betreffenden Wirtschaftsjahr erzielten Bruttoerträge nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen, sowie "

1. in Bezug auf diese Erträge für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen oder

2. die ausländische Gesellschaft nicht mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.“

Diese gerade erst revidierte Vorschrift ist nahezu unverständlich und wird in der deutschen Literatur entsprechend vernehmlich kritisiert.[34] Der Zweck der Vorschrift besteht darin, abkommensrechtlich grundsätzlich zu gewährende Vorteile dann einzuschränken, wenn und soweit an der "ausländischen Gesellschaft" Personen beteiligt sind, die – vereinfacht gesagt – selbst nicht für die Privilegien eines DBA qualifizieren. Es soll hierdurch vermieden werden, dass Investoren, die selbst nicht in den Genuss von Abkommensvorteilen kommen können, sich durch die "Dazwischenschaltung" einer abkommensrechtlich qualifizierenden Gesellschaft indirekt Vorteile verschaffen können, die ihnen selbst bei unmittelbarer Beteiligung gar nicht zustünden ("Anti-Treaty-Shopping").[35]

In der Literatur wird davon ausgegangen, dass im Kontext der Vorschrift des § 50 d EStG mit "ausländischen Gesellschaften" nur solche Rechtsinstitute gemeint sind, die mit deutschen Personengesellschaften[36] oder Kapitalgesellschaften[37] zumindest insoweit vergleichbar sind, als sie über "beteiligte Personen" iSv Gesellschaftern/Anteilseignern verfügen.[38] Um überhaupt in den Anwendungskreis des nationalen "Gesellschaftsbegriffs" iSd des § 50 d Abs. 3 dEStG zu gelangen, müssen an einem ausländischen Rechtsgebilde also wiederum natürliche oder juristische Personen[39] gesellschaftsrechtlich beteiligt sein[40]. Dies ist bei Stiftungen als anteilslosem Zweckvermögen gerade nicht der Fall. Anteilseignerlose Stiftungen gehören demnach im nationalen Kontext nicht zu den "Gesellschaften", die von der nationalen Anti Treaty Shopping-Regelung betroffen sind.

Sieht ein DBA eine Abkommensberechtigung von Stiftungen vor, wie dies z. B. bei der österreichischen Privatstiftung der Fall ist,[41] so kommt sie stets in den uneingeschränkten Genuss der Abkommensvorteile; § 50 d Abs. 3 stellt hierbei keine Hürde dar, schon da die personale Voraussetzung der Beteiligung von Personen[42] nicht erfüllt ist.

Soweit ersichtlich, hat es auch in der deutschen Praxis bei der Behandlung von Auslandsstiftungen wie z. B. der österreichischen Privatstiftung hinsichtlich der grundsätzlichen abkommensrechtlichen Ansässigkeit der Privatstiftung und der nach dem DBA D-AT gebotenen Reduzierung von Quellensteuern bislang keine nennenswerten Schwierigkeiten in der Auslegungspraxis des § 50 d Abs. 3 EStG gegeben. Es wurden insbesondere an Auslandsstiftungen bislang keine Anforderungen an eine "eigene Wirtschaftstätigkeit", an eine "für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb" oder an eine "Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr" gestellt. Eine zunächst einbehaltene Kapitalertragsteuer konnte vielmehr auf dem Antragswege bislang problemlos auf den im DBA vorgesehenen Wert, im Falle von Österreich also auf 5 % bzw. 15 %,[43] reduziert werden.[44]

Zivilrechtliche Gründe, die einer gleichartigen steuerrechtlichen Interpretation dieser nationalen Vorschrift im Zusammenhang mit liechtensteinischen Stiftungen dem Grunde nach entgegenstehen, sind nicht erkennbar, da auch liechtensteinische Stiftungen keine Anteilseigner aufweisen. Der Höhe nach sind allerdings nach dem DBA D-FL z.T. weitergehende Quellensteuerreduzierungen als in dem schon etwas älteren DBA D-AT vorgesehen, etwa im Bereich der Dividendenbesteuerung, in welcher unter bestimmten Bedingungen ein Nullsteuersatz vorgesehen ist.

[32] Vgl. Dorfmüller (2011).
[33] Vgl. BeitrRLUmsG (2011).
[34] Vgl. z. B. Lüdicke (2012) mwN.
[35] Vgl. Dorfmüller (2011), Käshammer & Schümmer (2011).
[36] Vgl. für die deutschen Personengesellschaften §§ 105–237 dHGB und ihre internationalen Entsprechungen.
[37] Etwa die internationalen Entsprechungen der deutschen Aktiengesellschaft gem. AktG oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung gem. GmbHG, wie sie wohl auch in den Anlagen für die Mutter-/Tochter-Richtlinie qualifizierender Gesellschaften in EU_M-/T-RL (1990) enthalten sind.
[38] Vgl. z. B. Jacobs (2011), S. 357-363, insbesondere das Prüfschema auf S. 361.
[39] Vgl. Hahn-Joecks (2012), § 50 d Abs. 3, Rn E 19; Klein (2012), § 50 d Abs. 3, Rn 81, Sch...

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