I.

Die Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 wenden sich gegen die Zurückweisung eines nach der gesetzlichen Erbfolge beantragten Erbscheins. Das Nachlassgericht sei zu Unrecht von einer wirksamen testamentarischen Enterbung ausgegangen.

Der Erblasser war mit der nachverstorbenen früheren Beteiligten zu 4 verheiratet. Die Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 sind die gemeinsamen Kinder der Eheleute, die Beteiligten zu 5 bis zu 10 die Enkel der Eheleute.

Mit eigenhändigem Testament vom 8.3.2016 (Verwahrakte, AS 33) verfügte der Erblasser wie folgt:

Zitat

letztwillige Verfügung

Hiermit enterbe ich meine Kinder

und entziehe ihnen auch den Pflichtteil wegen groben Undankes

Vorangegangen war der letztwilligen Verfügung eine – auch gerichtlich geführte – Auseinandersetzung zwischen dem Erblasser und den Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 um den Aufenthaltsort der Ehefrau des Erblassers. Die Ehefrau des Erblassers war bereits zum damaligen Zeitpunkt erkrankt (Gutachten vom 28.3.2015 [AS I, 433, 439]: schweres demenzielles Syndrom), wohnte aber bei dem Erblasser, bis die Beteiligte zu 2 sie gemeinsam mit den Beteiligten zu 1 und zu 3 in Abwesenheit des Erblassers aus der Ehewohnung holte und bei sich aufnahm. Anlass war eine von dem Erblasser geplante und unmittelbar bevorstehende USA-Reise mit seiner Ehefrau, durch die die Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 – nach Einholung ärztlichen Rats – die Gesundheit der Ehefrau bedroht sahen, auch weil der dialysepflichtige Erblasser sich nicht zureichend um sie kümmern könne. Bereits am 7.9.2012 hatte die Ehefrau des Erblassers der Beteiligten zu 2 eine umfassende Vollmacht erteilt, welche auch die Berechtigung zur Aufenthaltsbestimmung enthielt (AS I, 21, 23). Der damals bei der Unterzeichnung anwesende Erblasser ging allerdings später davon aus, dass die Unterschrift seiner Ehefrau gefälscht sei.

Nachdem die verlässliche Versorgung der Ehefrau des Erblassers bei der Beteiligten zu 2 von jener nicht geleistet werden konnte, wurde sie – mit genehmigendem Beschluss des AG Karlsruhe-Durlach vom 10.4.2015 (XVII 152/15) – in einer geschlossenen Abteilung in einem Seniorenzentrum in W. untergebracht. Auch nachfolgend standen sich der Erblasser und die Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 (teils als Vertreter der Ehefrau des Erblassers) in einer Vielzahl von gerichtlich geführten Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Unterbringung der Ehefrau des Erblassers gegenüber (vgl. die Übersicht AS I, 293).

Ein – von den Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 beantragtes (AS I, 261) – Verfahren zur Einrichtung einer Betreuung für den Erblasser wurde mit Beschl. des AG Karlsruhe (2 XVII 204/18) vom 2.8.2018 (AS I, 223) eingestellt, nachdem der ihn begutachtende Facharzt für Psychiatrie und Neurologie aufgrund einer am 31.3.2018 (AS I, 155) erfolgten Untersuchung des Erblassers zu der Einschätzung kam, dass jener trotz einer kognitiven Störung in der Lage sei, seinen Willen frei zu bestimmen und entsprechend seiner Einsicht zu handeln (AS I, 221).

Ein von dem AG Karlsruhe-Durlach (XVII 303/18) eingeholtes Schriftgutachten vom 10.7.2019 (AS I, 109) kam im Hinblick auf die Vorsorgevollmacht zu dem Ergebnis, dass "die streitgegenständliche Signatur mit hoher Wahrscheinlichkeit eigenhändig von Frau (…) gefertigt wurde" und auch sonst keine Hinweise für eine Manipulation der Vollmachtsurkunde vorlägen. Unmittelbar darauf erteilte der Erblasser dem Beteiligten zu 1 eine Vollmacht zu allen Rechtsgeschäften, die mit der laufenden Verwaltung, der Instandhaltung und -setzung sowie der Modernisierung des – im gemeinschaftlichen Eigentum der Eheleute stehenden – Gewerbegrundstücks verbunden waren (AS I 227). Auch versuchte er, wenige Tage vor seinem Tod Kontakt zu dem Beteiligten zu 1 aufzunehmen.

Mit Schriftsatz vom 23.6.2021 (AS I, 59, 81) haben die Beteiligten zu 1, zu 2 und zu 3 einen Erbschein beantragt, der sie als Erben zu jeweils 1/6 und die Ehefrau des Erblassers als Erbin zu ½ ausweist (AS I, 187). Sie haben zudem die Anfechtung der letztwilligen Verfügung vom 8.3.2016 erklärt und dies mit der irrtümlichen Annahme des Erblassers, dass die Unterschrift seiner Ehefrau unter der Vorsorgevollmacht gefälscht sei, begründet. Die irrige Annahme der Fälschung der Vorsorgevollmacht sei nicht lediglich einer von mehreren Gründen für die Enterbung gewesen, sondern für den Erblasser der letztlich entscheidende, ihn bewegende Grund. Dies folge auch aus dem Umstand, dass der Erblasser nur wenige Tage nach Eingang des Schriftgutachtens den Beteiligten zu 1 bevollmächtigt habe.

Die Beteiligten zu 5 bis zu 10 sind dem Erbscheinsantrag nicht entgegengetreten (Beteiligte zu 7: AS I, 249; Beteiligte zu 6: AS I, 251; Beteiligte zu 9: AS I, 253; Beteiligte zu 8: AS I, 255; Beteiligte zu 10: AS I, 257; Beteiligte zu 5: AS I, 269). Sie schildern übereinstimmend, es sei ab 2014/15 zu einer Wesensveränderung bei dem Erblasser gekommen, die zu Konflikten geführt habe, und teilen mit, dass keine Einwendungen gegen die rechtlichen Schlussfolgerungen der ...

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