Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner (unter anderem in DGVZ 2018, 208 veröffentlichten) Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Es könne dahinstehen, ob dem Antragsgegner G. eine Kopie (einfache Abschrift) oder eine Ausfertigung der einstweiligen Verfügung zugestellt worden sei. Die Zustellung einer bloßen Kopie (einfachen Abschrift) des Beschlusses wäre zwar nicht ordnungsgemäß gewesen. Im Hinblick auf die Neufassung von § 317 ZPO mit Wirkung ab dem 1. Juli 2014 habe eine vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beglaubigte Abschrift des Eilrechtstitels zugestellt werden müssen. Dieser etwaige Zustellungsmangel sei aber nach § 189 ZPO durch Zugang einer einfachen Abschrift der Beschlussverfügung geheilt worden. § 189 ZPO sei weit auszulegen und ermögliche auch die Heilung von Mängeln des zuzustellenden Dokuments. Entscheidend sei, dass – wie hier – dem Adressaten angemessene Gelegenheit verschafft werde, von einem Schriftstück Kenntnis zu nehmen, und dabei zugleich dokumentiert werde, wann das Schriftstück bekannt gegeben worden sei. Gegen die Authentizität des Dokuments hätten vorliegend keine Bedenken aufkommen können, weil die Gerichtsvollzieherin das zuzustellende Dokument beglaubigt habe. Wenn der (etwaige) Zustellungsmangel aber geheilt worden und die einstweilige Verfügung somit fristgerecht vollzogen worden sei, fehle es an der Amtspflichtwidrigkeit. Dem stehe nicht entgegen, dass das Landgericht Saarbrücken die einstweilige Verfügung wegen Versäumung der Vollziehungsfrist aufgehoben habe, da dieses Urteil zwischen den Parteien dieses Prozesses keine Bindungswirkung entfalte.

II. 1. Diese Würdigung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem maßgeblichen Punkt nicht stand. Mit der gegebenen Begründung kann eine Amtspflichtverletzung der Gerichtsvollzieherin nicht verneint werden.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Zustellung einer im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung seit dem 1. Juli 2014 durch Übermittlung einer vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beglaubigten Abschrift erfolgen kann.

aa) Seit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 317 ZPO durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) am 1. Juli 2014 werden Urteile den Parteien von Amts wegen grundsätzlich in Abschrift zugestellt, die nach § 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO von der Geschäftsstelle des Gerichts zu beglaubigen ist. Ausfertigungen eines Urteils werden nach § 317 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur noch auf Antrag einer Partei erteilt, wobei diese Ausfertigung regelmäßig weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthält (§ 317 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 ZPO). Damit ist die Übersendung einer beglaubigten Abschrift zur Regelform der Urteilszustellung geworden und für den Beginn der Rechtsmittelfristen ausreichend (BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2016 – XII ZB 684/14, NJW 2016, 1180, 1181 Rn 16 und vom 15. Februar 2018 – V ZR 76/17, NJOZ 2018, 1145 Rn 4, jeweils mwN). Dementsprechend bedarf auch die Amtszustellung einer im Urteilswege erlassenen einstweiligen Verfügung lediglich der Übermittlung einer vom Gericht beglaubigten Urteilsabschrift.

bb) Nichts anderes gilt – seit dem 1. Juli 2014 – für die Zustellung einer Beschlussverfügung (so auch OLG München, GRUR 2018, 444, 446 Rn 39; OLG Hamburg, Urteil vom 25. Juli 2018 – 3 U 51/18, BeckRS 2018, 17282 Rn 16 ff mwN; BeckOK-ZPO/Mayer, § 922 Rn 11 [Stand: 1. Dezember 2018]; Zöller/G. Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 922 Rn 11 und § 929 Rn 12 a; zur Rechtslage vor dem 1. Juli 2014 s. OLG Zweibrücken, Urteil vom 21. Mai 2015 – 4 U 145/14, BeckRS 2015, 20470 Rn 34 ff, 36 mwN). Gemäß §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO hat der Antragsteller die von ihm im Beschlusswege erwirkte einstweilige Verfügung dem Antragsgegner im Parteibetrieb zustellen zu lassen. Gemäß § 192 Abs. 1 und 2 ZPO hat er hierfür das zuzustellende Schriftstück dem mit der Zustellung beauftragten Gerichtsvollzieher zu übergeben. Ebenso wie für eine Urteilsverfügung genügt für eine Beschlussverfügung die Übergabe und Zustellung einer vom Gericht beglaubigten Abschrift (§ 329 Abs. 1 Satz 2, § 317 Abs. 2 Satz 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Zustellung einer beglaubigten Abschrift ist stets dann ausreichend, aber auch erforderlich, wenn das Gesetz keine andere Regelung enthält (s. etwa BGH, Urteile vom 22. Dezember 2015 – VI ZR 79/15, BGHZ 208, 255, 257 ff Rn 9 ff und vom 13. September 2017 – IV ZR 26/16, NJW 2017, 3721 Rn 11). Durch den Akt der Beglaubigung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle soll die Übereinstimmung zwischen Urschrift und Abschrift hinreichend sichergestellt werden (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2015 aaO S. 259 Rn 13). Es gibt keinen erkennbaren sachlichen Grund dafür, an die Zustellung (und damit: an die Wirksamkeit und Vollziehung) einer Beschlussverfügung streng...

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