Gleichwohl erweist sich das Vorgehen der Rechtsprechung im Ergebnis zufällig als richtig: Gemäß den §§ 159 Abs. 2 VVG, 331 Abs. 1 BGB erwirbt der Zuwendungsempfänger (Dritte) den Anspruch auf die Versicherungssumme erst mit dem Tod des Erblassers. Leben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand und findet aufgrund einer Scheidung bereits zu Lebzeiten des Erblassers ein Zugewinnausgleich nach den §§ 1372 ff BGB statt, so gehört der Anspruch auf die Versicherungssumme zum maßgeblichen Stichtag allein zum Endvermögen des Erblassers.[88] Auch wenn der andere Ehegatte bereits zu diesem Zeitpunkt als widerruflich Bezugsberechtigter benannt worden ist, hat er hierdurch lediglich eine "rein tatsächliche Aussicht auf den Erwerb des künftigen Anspruchs"[89] bzw. "ungesicherte Hoffnung"[90] erlangt. Diese schwache Rechtsposition hat keinen Vermögenswert, der im Rahmen des Endvermögens Berücksichtigung finden könnte.[91]

Dass die Zuwendung zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich nach den §§ 159 Abs. 2 VVG, 331 Abs. 1 BGB mit dem Tod des Erblassers, vollzogen wird, bleibt für den güterrechtlichen Ausgleich nach den §§ 1372 ff BGB irrelevant, da zu diesem Zeitpunkt eine Ehe – und damit auch der Güterstand der Zugewinngemeinschaft – nicht mehr besteht.

Anders als in den "Normalfällen" ehebezogener Zuwendungen wird der Zuwendungsgegenstand, d. h. der Anspruch auf die Versicherungssumme, daher beim Zugewinnausgleich niemals zugunsten des anderen Ehegatten (= Zuwendungsempfänger) berücksichtigt. In Bezug auf den nach den §§ 328 Abs. 1, 331 Abs. 1 BGB erworbenen Anspruch kann der Zugewinnausgleich folglich von vornherein nicht zu einem angemessenen Vermögensausgleich führen. Dies spricht dafür, bei dieser Fallgruppe der ehebezogenen Zuwendung die Frage der Unzumutbarkeit nach dem ansonsten in den Fällen der Gütertrennung geltenden Maßstab zu beurteilen – und zwar auch dann, wenn die Ehegatten bis zur Scheidung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben.

[88] Staudinger/Thiele, BGB (2007), § 1375, Rn 5 iVm § 1374, Rn 9.
[89] BGHZ 156, 350, 356; BGH, NJW 2005, 2231, 2232.
[90] BGH, VersR 2010, 1021, Rn 3; Bamberger/Roth/Janoschek, BGB (2007), § 330, Rn 8, § 331, Rn 4.
[91] BGH, NJW 1984, 1611, 1611; Gernhuber, JZ 1996, 205, 207.

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