Im Bereich der Vermögensnachfolge stehen verschieden Rechtsformen für eine Bündelung von Familieninteressen für verschiedene Motive und Zwecke zur Verfügung.[1] Welche davon am geeignetsten ist, hängt weitestgehend von den individuellen Umständen des Einzelfalls ab. Diese gesellschaftsrechtlichen Instrumente sollen dazu dienen, Familienvermögen in einer Einheit zu bündeln und zusammenzuhalten, ggf. das operative Geschäft von den Erben fernzuhalten, wenn diese für die Führung eines Unternehmens ungeeignet erscheinen, ihnen gleichzeitig aber eine wirtschaftliche Teilhabe ermöglicht werden soll.[2] Je nach der gewählten Rechtsform wird das Ausbrechen eines Erben aus dem Verband durch lange Kündigungsfristen und Abfindungsbeschränkungen verhindert oder allein dadurch, dass Vermögen auf eine nicht mitgliedschaftlich verfasste Familienstiftung übertragen wird, an der die Erben keine Anteile halten können und auch keinen einklagbaren Anspruch auf Beteiligung an den Früchten des Vermögens haben. Die Genossenschaft hatte in diesem Zusammenhang bislang keine Bedeutung.[3]

Der Begriff der Familiengenossenschaft ist rechtlich nicht definiert. Unter einer Genossenschaft ist nach der in § 1 GenG enthaltenen Legaldefinition eine Gesellschaft mit nicht geschlossener Mitgliederzahl zu verstehen, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale und kulturelle Belange zu fördern. Trotz ihrer körperschaftlichen Verfassung hat die Genossenschaft einen personalistischen Charakter, da sie ihrem Zweck nach nicht auf eine Beteiligung am Kapital und Rendite, sondern auf die persönliche Förderung ihrer Mitglieder gerichtet ist.[4] Zu diesem Zweck unterhält sie einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dabei darf die Genossenschaft eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Diese Gewinnerzielungsabsicht darf aber kein Selbstzweck sein, sondern darf lediglich zur Erfüllung des Förderzwecks verfolgt werden.[5]

Unter einer Familiengenossenschaft wird gemeinhin eine Genossenschaft verstanden, deren Mitglieder ausschließlich Mitglieder einer bestimmten Familie sind. Die reine Vermögensverwaltung zugunsten einer Familie nach Art einer Familienstiftung oder eine sog. Dividendengenossenschaft soll allerdings kein zulässiger Förderzweck sein, da eine solche Organisation keine aktive Mitgliederförderung betreibe. Steht allerdings etwa die Bereitstellung von Wohnraum, die Erwerbs-, Wirtschafts- oder Kulturförderung durch die Genossenschaft an ihre Mitglieder im Vordergrund, soll ein ausreichender Förderzweck gegeben sein.[6] Weiterhin muss die Genossenschaft gem. § 54 S. 1 GenG einem Prüfungsverband angehören, der gem. § 55 Abs. 1 GenG die gesetzliche vorgesehen Pflichtprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung durchführt.

[1] Hübner, in: Scherer, Unternehmensnacholge, 6. Aufl. 2020, § 6 III.
[2] Haberger, ZEV 2023, 68, 69.
[3] Werner, ZEV 2006, 539.
[4] Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, § 1 Rn 2; Beuthien, GenG, 16. Aufl. 2018, § 1 Rn 3.
[5] Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, § 1 Rn 3 m.w.N.
[6] Haberger, ZEV 2023, 68, 69.

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