Die deutsche Zugewinngemeinschaft nach § 1373 ff. BGB zeichnet sich dadurch aus, dass eine Ausgleichsforderung nicht kontinuierlich oder durch einfache privatschriftliche Vereinbarung, sondern nur durch formelle Beendigung des Güterstandes und Wechsel zu einem anderen Güterstand erreichbar ist. Darüber hinaus kann in Deutschland die höchstmögliche Zugewinnausgleichsforderung des ausgleichsberechtigten Ehepartners nur 50 % des Zugewinns des ersteren ausmachen, nämlich wenn der Ausgleichsberechtigte überhaupt keinen Zugewinn erzielt hat und das gesamte Endvermögen des anderen Ehepartners Zugewinn darstellt[25].

Dafür sind bei der deutschen Zugewinngemeinschaft auch alle zufälligen Wertsteigerungen etwa im Anfangsvermögen als ausgleichspflichtig zu berücksichtigen, etwa wenn Immobilien zu Bauland werden, Börsenkurse steigen oder auch nach Erbschaften oder Schenkungen das so von Dritten erlangte erhöhte Anfangsvermögen (§ 1374 Abs. 2 BGB) positive Wertänderungen erfährt[26]. Dadurch kann der Zugewinn höher ausfallen, als wenn im Ausland systembedingt einzelne Bereiche sachlich vom Zugewinnausgleich – wie in einzelnen ausländischen Rechtsordnungen üblich – ausgeschlossen sind.

Es ist dagegen z.B. in den Niederlanden und in Belgien möglich, jederzeit ehevertraglich während des Bestehens einer Errungenschaftsgemeinschaft (in den Niederlanden allgemeinen Gütergemeinschaft), gerade aus dem Gesamtgut durch Ehevertrag ausgeschlossenes Vermögen aus erspartem Einkommen, das damit sachenrechtlich nur einem Ehepartner als Eigentümer zuzurechnen ist, mathematisch zu berechnen und diese Art "Zugewinn" zu teilen. Dieses Verfahren wird tw. auch als "Nettoyage", also als "Säuberung", bezeichnet.

In der Schweiz ist es möglich, durch Ehevertrag den dort als "Vorschlag" bezeichneten Zugewinn in der "Errungenschaftsbeteiligung" (ähnlich der deutschen Zugewinngemeinschaft) – bei nur gemeinsamen Abkömmlingen ohne Einschränkung durch das Pflichtteilsrecht – ausschließlich einem Ehepartner zuzuweisen, immer ohne Veränderung der Relation zwischen Vorschlag bzw. Zugewinn und Anfangsvermögen der Eheleute[27].

In einzelnen ausländischen Güterrechten, etwa bei der französischen Errungenschaftsgemeinschaft (allerdings mit Gesamtgutsbildung!) oder bei der Schweizer Errungenschaftsbeteiligung (mit Geldausgleich!), sind Wertzuwächse aufgrund von zufälligen Ereignissen nicht ausgleichspflichtig, anders als bei §§ 1373 ff. BGB. Das hat auch Auswirkungen z.B. auf den im deutsch-französischen Verhältnis vereinbarungsfähigen Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft[28]. Hier sind keine zufälligen Wertsteigerungen, etwa aus der Umwandlung in Bauland, ausgleichspflichtig[29].

[25] Vgl. Palandt/Siede, § 1376 Rn 35, 56, 76.
[26] Vgl. Palandt/Siede, § 1376 Rn 35, 56, 76.
[27] Vgl. auch Art. 215 Abs. 1 und Art. 216 Abs. 1 ZGB Schweiz. Vgl. "Vorschlagszuweisung", "Meistbegünstigung", "Mehrwertbeteiligung".
[28] Vgl. Abkommen vom 4.10.2010, Zustimmungsgesetz vom 15.3.2012, BGBl. II 2012, 178; dazu § 5 Abs. 3 ErbStG; zu den Unterschieden betreffend des Anfangsvermögens, vgl. Palandt/Siede, Überbl. v. § 1519 BGB Rn 14.
[29] Vgl. dazu Becker, ErbR 2018, 686; Boving, Zerb 2019, 225; Jünemann, ZEV 2013, 353.

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