I.

Der Erblasser hinterließ vier Kinder, die Beteiligten zu 1 und 2 sowie H. und S.; der Beteiligte zu 3 sowie Si. sind die Söhne von S. und Enkel des Erblassers. Alle vier Kinder und die beiden Enkel erklärten – zunächst – wie folgt die Ausschlagung der Erbschaft:

Die Beteiligte zu 1, nicht eheliche Tochter des Erblassers, erklärte die Ausschlagung am 8. Dez. 2015 zu Protokoll der Geschäftsstelle. In ihrer Erklärung heißt es:

"Der Nachlass ist der Erschienenen nicht bekannt."

Die Erschienene … schlägt die Erbschaft aus persönlichen Gründen aus.“

In der notariell beglaubigten Ausschlagungserklärung des H. ebenfalls vom 8.12.2015 heißt es:

"Bei dem Verstorbenen handelte es sich um meinen Vater, zu dem ich seit Jahren einen "gestörten" und seit ca. 2 bis 3 Jahren keinen Kontakt mehr hatte."

Zwar ist der Nachlass nach dem Verstorbenen nach meiner Kenntnis nicht überschuldet; doch möchte ich aufgrund der gestörten Beziehung zu dem Verstorbenen nicht dessen Mit-Erbe sein.“

Der Beteiligte zu 3 schlug die Erbschaft mit notariell beglaubigter Erklärung vom 11.12.2015 ohne Angabe von Gründen aus.

S. und Si. … schlugen die Erbschaft mit gleichlautender notarieller Erklärung vom 16.12.2015 aus, in der es heißt:

"Es wird vermutet, dass der Nachlass überschuldet ist."

Der Beteiligte zu 2 erklärte notariell beglaubigt unter dem 5.1.2016 die Erbausschlagung, ohne Gründe dafür anzugeben.

Mit Beschl. v. 10.2.2016 ordnete das Nachlassgericht Nachlasspflegschaft an, weil die Erben unbekannt bzw. die Erbenstellung noch nicht vollständig geklärt und sicherungsbedürftiger Nachlass vorhanden sei.

Die Nachlasspflegerin ermittelte in ihrem Einleitungsbericht vom 14.4.2016 Aktiva in Höhe von 72.998,97 EUR und Passiva in Höhe von 52.543,12 EUR. Nach dem Bericht bestand das Aktivvermögen fast gänzlich aus einer Immobilie mit geschätztem Wert von 70.000 EUR, belastet mit einem lebenslangem Wohnrecht an den Räumen im Dachgeschoss im Wert von ca. 46.500 EUR. Die Veräußerung der Immobilie sei unwahrscheinlich mit Blick auf den Sanierungsstau und weil die Inhaberin des Wohnrechts nicht darauf verzichten wolle. Da die Kosten der Wohngebäudeversicherung nicht aus dem Nachlass getragen werden konnten, regte die Nachlasspflegerin an, das Verfahren zur Feststellung des Fiskuserbrechts einzuleiten.

Es gelang schließlich, das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 1. Sept. 2017 zu einem – über dem vom Sachverständigen geschätzten Verkehrswert liegenden – Kaufpreis von 41.500 EUR zu veräußern.

Mit Schreiben vom 2.3.2018 teilte die Nachlasspflegerin mit, sie verwahre auf dem Anderkonto einen Aktivnachlass von 32.083,73 EUR und Bargeld in Höhe von 72,31 EUR. Da Kinder und Enkel ausgeschlagen hätten und Erben der 2. und 3. Ordnung nicht existierten, müssten voraussichtlich Erben der 4. Ordnung ermittelt werden. Allerdings hätten S. und Si. Nachlassüberschuldung vermutet und … (der Beteiligte zu 2) und … (der Beteiligte zu 3) hätten keine Gründe für ihre Ausschlagungen angegeben. Sie bitte daher um Stellungnahme, ob ihnen Gelegenheit gegeben werde solle, eine Anfechtung der Erbausschlagung zu prüfen.

Nach entsprechender Mitteilung des Nachlassgerichts vom 8.3.2018 unterrichtete die Nachlasspflegerin Kinder und Enkel über die Höhe des Nachlasses und zwar die Beteiligten zu 2 und 3, S. und Si. mit Schreiben vom 15.3.2019, die Beteiligte zu 1 und H. mit Schreiben vom 10.4.2018.

Daraufhin fochten die Beteiligten zu 2 und 3 und S. … ihre Ausschlagungserklärungen an.

Der Beteiligte zu 3 erklärte am 6.4.2018 er sei bei der Ausschlagung irrtümlich davon ausgegangen, dass der Nachlass überschuldet gewesen sei.

S. begründete ihre Anfechtung vom 3.4.2018 damit, sie habe wegen Überschuldung ausgeschlagen; hätte sie Kenntnis davon gehabt, dass der Nachlass nicht überschuldet war, hätte sie die Erbschaft angenommen.

Der Beteiligte zu 2 erklärte am 19.4.2018, er habe nach Erhalt des Schreibens der Nachlasspflegerin mit ihr Rücksprache genommen, um den Sachverhalt zu klären. Er habe sich über die Beschaffenheit des Nachlasses geirrt; wegen der irrigen Annahme der Überschuldung fechte er seine Ausschlagung an.

Mit notarieller Erklärung vom 28.6.2019 beantragte der Beteiligte zu 2 unter Beifügung der Einverständniserklärung des Beteiligten zu 3 vom 11.6.2019 die Erteilung eines Erbscheins, der die Beteiligten zu 2 und 3 als gesetzliche Erben zu je ½ Anteil ausweist. Sie beide hätten die Erbschaft ausgeschlagen, aber keinen Ausschlagungsgrund genannt. Da der Nachlass nach Mitteilung der Nachlasspflegerin werthaltig sei, hätten sie die Ausschlagungen angefochten.

Weitere gesetzliche Erben seien nicht vorhanden. S. habe wegen vermuteter Überschuldung ausgeschlagen, weshalb eine sich später herausstellende Werthaltigkeit eine Anfechtung nicht rechtfertige.

H., die Beteiligte zu 1, und Sidney … hätten die Erbschaft ausgeschlagen und die Ausschlagung nicht angefochten.

Mit am 8.8.2019 bei Gericht eingegangener, notariell beglaubigter Erklärung vom 1.8.2019 teilte die Beteiligte zu 1 mit, sie hab...

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