Der Kläger ist als Träger der Sozialhilfe gegenüber Herrn L, dem Sohn der am ... in T verstorbenen Frau L1 (im Folgenden: Erblasserin), zur Gewährung von Eingliederungshilfe – stationär – verpflichtet. Bei dem Beklagten zu 1. handelt es sich um den Ehemann der Erblasserin, bei den Beklagten zu 2. und 3. um die Geschwister des Leistungsberechtigten L. Bei diesem liegt eine geistige Behinderung in Form von Trisomie 21 vor.

Der Beklagte zu 1. und die Erblasserin haben zu deren Lebzeiten am 17.12.2000 gemeinschaftlich ein sog. Behindertentestament verfasst, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K2 Bezug genommen wird. Hiernach und entsprechend dem nach dem Tod der Erblasserin vom Amtsgericht I unter dem 2.5.2011 erteilten Erbschein wurde die Erblasserin von dem Beklagten zu 1. zu 0,25-Anteil, von dem Beklagten zu 2. und der Beklagten zu 3. zu je 0,30625-Anteil und von dem Leistungsberechtigten L zu einem Anteil von 0,1375 beerbt. Letzterer war in dem Testament vom 17.12.2000 in allen Erbfällen als nicht befreiter Vorerbe eingesetzt und es war eine Testamentsvollstreckung angeordnet worden. Gemäß der testamentarischen Regelung soll der Testamentsvollstrecker dafür sorgen, dass das Erbe des Herrn L ihm möglichst erhalten bleibt und er in den Genuss der Erträge kommt, ohne dass ihm andere Zuwendungen und insbesondere staatliche Leistungen verloren gehen. Des Weiteren war angeordnet, dass für den Fall, dass Zuwendungen des Testamentsvollstreckers gegen dessen Willen auf staatliche Leistungen angerechnet werden, die Zuwendungen einzustellen sind. Darüber hinaus ist in Ziffer III 5. des Testaments geregelt: "Sollte ein Teil dieses Testaments unwirksam sein, so soll es im Übrigen seine Wirksamkeit behalten. Sollte dieses Testament, aus welchem Grund auch immer insgesamt unwirksam sein, so soll unser Sohn L jedenfalls nur sein Pflichtteil erhalten."

Der Kläger wendet im Rahmen der Eingliederungshilfe durchschnittlich monatlich 1.803,06 EUR auf und beziffert mit der Klageschrift vom 30.12.2014 seine Ausgaben von insgesamt 109.581,98 EUR, denen Einnahmen von 3.132,72 EUR gegenüber stehen. Insgesamt ergibt sich hieraus ein Betrag zulasten des Klägers von 106.449,26 EUR (Stand: 19.12.2014).

Der Kläger ist der Auffassung, der Leistungsberechtigte habe unter Zugrundelegung der vorprozessual erhaltenen Auskünfte, die allerdings unvollständig seien, nach dem Tod der Erblasserin Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche von mindestens 934.317,20 EUR. Vor dem Hintergrund der Annahme, dass der Kläger Sozialhilfeleistungen voraussichtlich bis zum Jahre 2047 erbringen müsse, werde das um den Pflichtteilsanspruch vermehrte Vermögen des Leistungsberechtigten voraussichtlich bis zu dessen Lebensende ausreichen, um die Kosten der stationären Eingliederungshilfe zu tragen. Vor diesem Hintergrund sei – auch unter Beachtung der bisher zu dieser Thematik ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs – im vorliegenden Fall das sog. Behindertentestament vom 17.12.2000 als sittenwidrig im Sinne von § 138 BGB und damit nichtig anzusehen. Hieraus folge, dass der Leistungsberechtigte als Pflichtteilsberechtigter und die Beklagten zur umfassenden Auskunftserteilung verpflichtet seien.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, der die Ansprüche des Leistungsberechtigten mit Schreiben vom 25.9.2014 auf sich übergeleitet hat, von den Beklagten als Erben mit den Anträgen aus der Klageschrift zu 1. bis 3. im Wege der Stufenklage in der ersten Stufe Auskunftserteilung, in der zweiten Stufe die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und in der dritten Stufe nach Auskunftserteilung die Zahlung eines Betrags von 106.449,26 EUR nebst Zinsen. Daneben verlangt er mit dem Antrag zu 4. die Feststellung, dass Herrn L ein Pflichteilsrecht nach seiner Mutter zusteht.

In der mündlichen Verhandlung am 3.12.2015 hat der Kläger die Anträge zu 1. und 4. gestellt und beantragt demgemäß, (...)

Die Beklagten beantragen, (...)

Die Beklagten stellen die Aktivlegitimation des Klägers in Abrede und machen geltend, die Überleitungsanzeige gehe ins Leere, weil nur die Ausschlagung der Erbschaft durch den Leistungsberechtigten zu Pflichtteilsansprüchen führen könne und das Ausschlagungsrecht, von dem der Leistungsberechtigte bisher keinen Gebrauch gemacht habe, als höchstpersönliches Recht nicht der Überleitung unterliege. Der Leistungsberechtigte sei auch Erbe geworden, weil entgegen der Auffassung des Klägers das zugrunde liegende Testament nicht als sittenwidrig und damit nichtig anzusehen sei. Im Übrigen seien etwaige Pflichtteilsansprüche bereits verjährt, zumindest aber verwirkt. (...)

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