In einigen Konstellationen beruft sich der Pflichtteilsberechtigte auf seine eigene (Mit-)Erbenstellung, etwa wegen
▪ | Nichtigkeit des ihn enterbenden Testaments aufgrund von Testierunfähigkeit oder Unechtheit ("Fälschung") |
▪ | Nichtigkeit wegen erklärter Anfechtung gem. §§ 2078, 2079 BGB |
▪ | Auslegung |
In diesen Fällen wird zumeist das Erbscheinsverfahren zur Klärung betrieben, auch um die Vorteile der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu nutzen. Bei komplexen Erbfällen kann sich dieses so lange hinziehen, dass der Pflichtteilsanspruch zu verjähren droht. Gem. § 199 Abs. 1 BGB muss der Pflichtteilsberechtigte u. a. von den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können. Das betrifft die Enterbung. Das neue Verjährungsrecht stellt keine wesentliche Änderung zu dem bisherigen § 2332 BGB aF dar.[93] Die erforderliche Kenntnis liegt laut OLG Rostock[94], noch zu § 2332 BGB aF, dann nicht vor, wenn berechtigte Zweifel an der Beeinträchtigung des Erbrechts bestehen bzw. nicht von der Hand zu weisen sind, wie etwa Zweifel an der Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung. In dem Fall hatte der Pflichtteilsberechtigte – im Ergebnis erfolglos – die ihn enterbende letztwillige Verfügung wegen eines Motivirrtums nach § 2078 Abs. 2 BGB angefochten. Die Unkenntnis hat auch das OLG Düsseldorf[95] für den Fall bestätigt, dass der Pflichtteilsberechtigte anfangs sowohl die Testamentsfälschung als auch die Testierunfähigkeit im Erbscheinsverfahren eingewendet hat. Die mangelnde Kenntnis endete aber mit Abschluss der Beweisaufnahme. Auch bei einer entschuldbaren falschen Testamentsauslegung kann die für den Fristbeginn auslösende Kenntnis fehlen.[96] Ebenfalls kann ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum zur mangelnden Kenntnis führen.[97] Ob die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht, ist eine Frage des Einzelfalls.
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