I.

Die verwitwete und kinderlose Erblasserin ist am XX.XX.2016 mit letztem gewöhnlichem Aufenthalt in Stadt2 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorben.

Der Vater der Erblasserin war 1943, die Mutter 1979 vorverstorben.

Aus der Ehe der Eltern der Erblasserin sind neben der Erblasserin ein 1974 verstorbener Bruder, Vater der Beteiligten zu 2) bis 5), eine 2009 verstorbene Schwester, Mutter des Beteiligten zu 6), eine 1981 verstorbene Schwester, zugleich Adoptivmutter des Beteiligten zu 1), sowie die 1975 verstorbene, leibliche Mutter des Beteiligten zu 1) hervorgegangen. Der am XX.XX.1960 geborene Beteiligte zu 1) ist einziges Kind seiner unverheiratet gebliebenen Mutter.

Die Adoptivmutter des Beteiligten zu 1) war bis zu ihrem Ableben im Jahre 1981 mit Vorname1 A verheiratet. Nach ihrem Ableben ehelichte ihr Witwer im Jahre 1982 die Erblasserin. Er verstarb sodann im Jahre 1996.

Mit Wirkung vom XX.XX.1967 wurde der Beteiligte zu 1) durch seine Tante Vorname2 A und deren damaligen Ehemann Vorname1 A, späterer Ehemann der Erblasserin, adoptiert.

Das AG Stadt3 hat mit Schreiben an das Nachlassgericht vom 9.4.2021 (Bl. 42 d.A.) mitgeteilt, dass dort Vorgänge nach Art. 12 § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Annahme als Kind und zur Änderung anderer Vorschriften (Adoptionsgesetz, nachfolgend; AdoptG) vom 2.7.1976 (BGBl I, 1749) mit Bezug auf die seinerzeitige Adoption des Beteiligten zu 1) nicht ermittelt werden konnten.

Mit notariellem Antrag vom 16.3.2021 hat der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn auf der Grundlage gesetzlicher Erbfolge als Miterben der Erblasserin zu ½, die Beteiligten zu 2) bis 5) als Miterben zu je 1/16 und den Beteiligten zu 5) als Miterben zu ¼ ausweisen soll.

Der Beteiligte zu 1) legt seinem Erbscheinsantrag zugrunde, dass ihm aufgrund Vorversterbens sowohl seiner Großeltern wie auch seiner leiblichen Mutter und seiner Adoptivmutter sowohl der in den Stamm der leiblichen Mutter wie auch der in den Stamm seiner Adoptivmutter fallende Erbteil nach der Erblasserin von jeweils ¼ zustehe.

Die Beteiligten zu 2) bis 6) sind dem Erbscheinsantrag entgegengetreten, da auf die im Jahre 1967 erfolgte Adoption des Beteiligten zu 1) die Vorschriften der §§ 1754 ff. BGB in ihrer seit dem 1.1.1977 maßgeblichen Fassung nicht anwendbar seien.

Das Nachlassgericht hat mit Beschl. v. 23.8.2021 die zur Erteilung des von dem Beteiligten zu 1) am 1803.2021 beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet.

Da eine Erklärung der dazu gem. Art. 12 § 2 Abs. 2 Satz 2 AdoptG Erklärungsberechtigten, dass auf die 1967 erfolgte Adoption des Beteiligten zu 1) durch seine Adoptiveltern die mit Inkrafttreten des AdoptG maßgeblichen Vorschriften keine Anwendung finden sollten, ausweislich der dazu vorliegenden Mitteilung des AG Stadt3 nicht abgegeben worden sei, beurteile sich die Erbfolge nach der Erblasserin hinsichtlich der erbrechtlichen Folgen der Adoption des Beteiligten zu 1) durch die Schwester seiner leiblichen Mutter nach den seit dem 1.1.1977 maßgeblichen Vorschriften und damit insbesondere nach § 1756 Abs. 1 BGB (n.F.). Gemäß dieser Vorschrift habe eine Verwandtenadoption jedoch nur das Erlöschen der Verwandtschaftsverhältnisse des Kindes zu seinen leiblichen Eltern, aber nicht auch zu den übrigen Verwandten zweiten oder dritten Grades zur Folge. Der Antragsteller habe die Erblasserin daher zugleich als Abkömmling seiner Adoptivmutter und über die insoweit weiterhin bestehende Verwandtschaft zu seiner leiblichen Mutter beerbt.

Die Beteiligten zu 2) bis 6) haben gegen diesen ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 6.9.2021 zugestellten Beschluss mit am 4.10.2021 bei dem Nachlassgericht eingereichten Schriftsatz Beschwerde erhoben und zur Begründung geltend gemacht, dass der Beteiligte zu 1) die Erblasserin nur über seine Adoptivmutter, aber nicht zugleich auch über seine leibliche Mutter beerbt habe. Als Ausnahmevorschrift zu dem in § 1755 BGB (n.F.) angeordneten Erlöschen der Verwandtschaftsbeziehungen des Angenommenen zu seinen leiblichen Eltern bedürfe die in § 1756 Abs. 1 BGB (n.F.) für den Fall einer Verwandtenadoption angeordnete Fortbestehensregelung einer einschränkenden Interpretation dahin, dass die Adoptivverwandtschaft in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 1924 Abs. 4 BGB die leibliche Verwandtschaft verdränge und der Beteiligte zu 1) die Erblasserin somit nur im Stamm seiner vorverstorbenen Adoptivmutter, aber nicht zugleich auch im Stamm seiner gleichfalls vorverstorbenen leiblichen Mutter beerbt habe.

Der Beteiligte zu 1) tritt der Beschwerde entgegen. Es entspreche einer anerkannten Rechtsauffassung, dass die Vorschrift des § 1756 BGB (n.F.) zu einer kumulativen Berufung des Angenommenen sowohl im Stamm seiner Adoptiveltern als auch im Stamm seiner leiblichen Eltern geführt habe.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschl. v. 27.10.2021 (Bl. 84 d.A.) nicht abgeholfen.

Die Parteien sind mit Verfügung des Berichterstatters des Senats vom 9.1...

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