Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug ist dem Kläger zu versagen, weil seiner Berufung die Erfolgsaussicht fehlt. Das Landgericht hat seine Klage auf Feststellung der Pflichtteilsberechtigung im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen. Dementsprechend fehlt den in zweiter Instanz erstmals gestellten weiteren Anträgen jedenfalls die erforderliche sachliche Grundlage.

I. Der Senat teilt im Ergebnis die Ansicht des Landgerichts, die im Streit stehende Entziehung des Pflichtteils des Klägers in § 3 des Erbvertrags vom 2.4.1992 sei nach § 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB (bzw. nach dem – soweit hier relevant – unveränderten § 2333 Nr. 3 BGB in früher geltenden Fassungen) wirksam aufgrund des in dieser Passage des Erbvertrags in einer den Anforderungen von § 2336 Abs. 2 Satz 1 BGB genügenden Form angegebenen, von dem Kläger begangenen Diebstahls der Erblasserin gehörenden Bargelds in Höhe von 6.100 DM am 21.3.1992.

1. Zu Recht hat das Landgericht seinem Urteil zugrunde gelegt, dass der Kläger diese vorsätzliche Tat begangen hat. Sollte die Berufung das erstinstanzliche Bestreiten aufrechterhalten wollen, hätte sie damit keinen Erfolg. Der Kläger ist, was er selbst nicht in Abrede stellt, wegen dieser Tat rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden. Dieser Verurteilung kommt für den Entziehungstatbestand des § 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB zwar keine unmittelbare tatbestandliche Relevanz zu (vgl. nur etwa MüKo-BGB/Lange, 7. Aufl., § 2333 Rn 26). Wohl aber führt sie zu einer Erhöhung der an den Kläger gestellten Darlegungsanforderungen (vgl. hierzu näher nur etwa OLG München, NJOZ 2007, 2163, 2164 f; ferner etwa auch BGH, Beschl. v. 24.1.2012 – VI ZR 132/10 – juris Tz 10; v. 25.9.2018 – VI ZR 443/16 – juris Tz 9). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers auch nicht ansatzweise gerecht.

2. Im Ergebnis zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass sich der Kläger durch die Begehung dieses Diebstahls vom 21.3.1992 im Sinne von § 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB eines schweren vorsätzlichen Vergehens schuldig gemacht hat.

a) Nach dieser Vorschrift erfordert die Pflichtteilsentziehung ein schweres Fehlverhalten. Der Tatbestand setzt Fehlverhaltensweisen des Pflichtteilsberechtigten voraus, die schwerwiegend genug sind, um von einer Unzumutbarkeit für den Erblasser ausgehen zu können, eine seinem Willen widersprechende Nachlassteilhabe des Pflichtteilsberechtigten hinzunehmen (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1561, 1565). Ob ein vorsätzliches Vergehen ein schweres im Sinne des Tatbestandes ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, nicht etwa nach einer generalisierenden Betrachtung der Straftatbestände (vgl. nur etwa BeckOGK-BGB/Rudy, Stand: 1.12.2018, § 2333 Rn 31). Verfehlungen gegen Eigentum oder Vermögen der Eltern fallen – jedenfalls (noch weitergehend etwa LG Hagen, Urt. v. 8.2.2017 – 3 O 171/14 – juris Tz 49; dem Gericht folgend insbesondere BeckOK-BGB/Müller-Engels, Stand: 1.8.2018, § 2333 Rn 14; kritisch zur sonstigen Rechtsprechung etwa auch MüKo-BGB/Lange, 7. Aufl., § 2333 Rn 22) – dann darunter, wenn durch sie nicht nur das Eigentum und das Vermögen des Erblassers in mehr oder weniger schwerer Weise geschädigt wird, sondern sie darüber hinaus nach der Natur der Verfehlung und der Art und Weise, wie sie begangen worden sind, eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses zum Ausdruck bringen und deswegen eine besondere Kränkung des Erblassers bedeuten (s. BGH, NJW 1974, 1084, 1085; LG Mosbach, NJW-RR 2004, 708, 709; BeckOK-BGB/Müller-Engels, Stand: 1.8.2018, § 2333 Rn 13 mwN). Entsprechendes gilt für den hier gegebenen Fall.

b) Dass danach in dem zur Entscheidung stehenden Fall die Voraussetzungen für die Pflichtteilsentziehung vorlagen, hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen.

aa) Der Diebstahl vom 21.3.1992 stellte eine schwer wiegende Straftat zum Nachteil der Erblasserin dar. Das verdeutlicht allein schon die dafür verhängte Geldstrafe von 100 Tagessätzen und damit – für den Verurteilten von wesentlicher praktischer Bedeutung – in einer Höhe, die sogar einen Eintrag in ein allgemeines Führungszeugnis zur Folge hat (vgl. § 32 Abs. 2 BZRG).

bb) Es tritt hinzu, dass der Diebstahl des Bargeldes – anderes bringt der Kläger selbst nicht vor – offenbar im häuslichen bzw. privaten Bereich der Erblasserin stattfand. Entwendet worden ist – ausweislich der letztwilligen Verfügung der Erblasserin vom 21.3.1992, der Kläger ist offenbar dementsprechend strafgerichtlich verurteilt worden – mit 6.100 DM eine nicht unerhebliche Summe an Bargeld. Die Rüge der Berufung, das Landgericht habe versäumt, Feststellungen "zu den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen" zu treffen, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Nach den gewöhnlichen Umständen stellte eine Bargeldsumme dieser Höhe im Jahr 1992 einen jedenfalls nicht unerheblichen Vermögenswert dar, zumindest bei einer Erblasserin, die – wie der Kläger selbst vorträgt – ohne Schul- und Berufsausbildung ist und bei der sich die eigenen Erwerbsmöglichke...

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