I.

Der Erblasser ist kinderlos verstorben. Zusammen mit seiner im Juni 2012 vorverstorbenen Ehefrau hat er zwei letztwillige Verfügungen hinterlassen. Durch handschriftlich verfasstes Testament vom 9.1.1997 haben sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Durch handschriftliche Erklärung vom 26.7.2004 haben der Erblasser und seine Ehefrau Folgendes verfügt:

Zitat

1.

… (lies: Der Beteiligte zu 1.) soll die Hälfte unseres Barvermögens und der Eigentumswohnung bekommen.

2.

… (lies: Die Beteiligte zu 3.) soll ein Viertel unseres Barvermögens und der Eigentumswohnung bekommen.

3.

… H.R. soll ein Viertel unseres Barvermögens und der Eigentumswohnung bekommen.

4.

Die Lebensversicherung … . auf … (lies: den Erblasser) … soll zu 100 % an … (lies: den Beteiligten zu 1.) ausgezahlt werden.

5.

Unser Urnengrab und die Grabpflege sowie die Beerdigungskosten und die Bewirtung der Trauergäste sind in gleichen Teilen von den Erben zu bezahlen.“

Beide letztwilligen Verfügungen sind auf ein und demselben Papierbogen niedergeschrieben. Als Schlusserben bedacht haben die Eheleute in ihrem gemeinschaftlichen Testament mit der Beteiligten zu 3. eine Nichte des Erblassers, mit dem Beteiligten zu 1. einen Neffen der Ehefrau des Erblassers sowie mit H.R. eine Nichte der Ehefrau des Erblassers. Die letztgenannte Miterbin ist im Jahre 2012 kinderlos vorverstorben.

Nach dem Tod seiner Ehefrau hat der Erblasser unter dem 14.12.2015 eine weitere testamentarische Verfügung getroffen. Das handschriftliche Testament lautet auszugsweise:

Zitat

Mein letzter Wille

Nach meinem Tod setze ich, …, folgende Personen als meine Erben ein:

1.

… (lies: Dem Beteiligten zu 1. und seiner Ehefrau), …, vererbe ich die Eigentumswohnung Nr. 2 und Garage Nr. 9 …

2.

… (lies: M.R.), … vererbe ich ein Achtel meines Barvermögens.

3.

… vererbe ich ein Achtel meines Barvermögens.

4.

… (lies: Der Beteiligten zu 3.) … vererbe ich ein Achtel meines Barvermögens. Außerdem die 9 Bilder ihrer Mutter und das Bild vom S. Birdes.

5.

… vererbe ich ein Achtel meines Barvermögens.

6.

… vererbe ich ein Achtel meines Barvermögens.

7.

… vererbe ich ein Achtel meines Barvermögens.

8.

… vererbe ich ein Achtel meines Barvermögens.

9.

… vererbe ich ein Achtel meines Barvermögens.

10.

Sollte einer der vorgenannten Erben verstorben sein, wird ihr Erbe auf ihre Kinder oder ihr nächster Verwandter als Ersatzerbe übertragen.

11.

Der Beteiligte zu 1. hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben ausweist.

Das AG hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sich die Erbfolge nach dem Einzeltestament des Erblassers vom 14.12.2015 und nicht nach der letztwilligen Verfügung der Eheleute vom 26.7.2004 richte. Denn die letztgenannte testamentarische Verfügung sei allein für den Fall getroffen worden, dass der Erblasser und seine Ehefrau zeitgleich versterben; das Testament beinhalte daher nicht die Bestimmung der Schlusserben nach dem Tod des letztversterbenden Ehepartners. Außerdem sei – so das AG weiter – nicht festzustellen, dass der Erblasser und seine Ehefrau die Anordnungen vom 26.7.2004 wechselbezüglich getroffen hätten, weshalb der Erblasser nach dem Tod seiner Ehefrau befugt gewesen sei, abweichend zu testieren.

Gegen diese rechtliche Beurteilung wendet sich der Beteiligte zu 1. mit seiner Beschwerde. Er verfolgt seinen Erbscheinantrag weiter und bittet hilfsweise um die Erteilung eines Erbscheins, der ihn selbst und seine Ehefrau Verena als Erben ausweist.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, die Entscheidung über den Hilfsantrag zurückgestellt und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

(…)

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das AG hat den Erbscheinantrag des Beteiligten zu 1. im Ergebnis mit Recht zurückgewiesen. Zwar richtet sich die Erbfolge nach dem Tod des Erblassers – wie die Beschwerde zutreffend reklamiert – nicht nach dem Einzeltestament des Erblassers vom 14.12.2015, sondern nach der testamentarischen Verfügung der Eheleute vom 26.7.2004. In jenem Testament ist allerdings nicht nur der Beteiligte zu 1. als Erbe berufen worden, sondern ebenso die Beteiligte zu 3.; diese ist nicht – wie die Beschwerde meint – bloße Vermächtnisnehmerin. Die Erbeinsetzung aus Juli 2004 war für den Erblasser zudem in vollem Umfang bindend, sodass er im Jahre 2015 nicht mehr abweichend testieren konnte.

Im Einzelnen:

A. Der Erblasser ist nicht nach Maßgabe des Einzeltestaments vom 14.12.2015, sondern nach dem Inhalt der letztwilligen Verfügung der Eheleute vom 26.7.2004 beerbt worden.

1. Der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau haben mit ihren Verfügungen vom 9.1.1997 und 26.7.2004 ein gemeinschaftliches Testament in der Form des Berliner Testaments (§ 2269 BGB) errichtet.

In einem Berliner Testament setzen sich Eheleute gegenseitig als Erben ein und bestimmen, dass nach dem Tod des Überlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten fallen soll. Mit einem solchen Inhalt haben auch der Erblasser und seine Ehefrau testiert. Sie haben sich im Jahr 1997...

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