Eine Rechtsanwältin wurde als Betreuerin für einen 1929 geborenen Erblasser mit einer zerebralen Erkrankung ernannt. Der Erblasser besaß keine Kinder und war auch sonst "ohne Angehörige und Freunde" (OLG Celle, a.a.O.), dafür aber im Besitz eines erheblichen (Bank-) Vermögens. Honni soit qui mal … Vier Monate nach der Ernennung zur Betreuerin – der Erblasser bewohnte zu diesem Zeitpunkt eine gerontopsychiatrische Einrichtung[52] – beurkundete eine (der Betreuerin "persönlich bekannte und vertraute" [OLG Celle, a.a.O.]) Notarin in Anwesenheit der Betreuerin ein Testament, wonach die Betreuerin und ein "Seniorenbetreuer" zu je ½ zum Erben eingesetzt wurden. Besagter "Seniorenbetreuer" erbrachte auf Kosten des Betreuten im Auftrag der Betreuerin diverse Hilfsleistungen für den Erblasser, wie u.a. Einkäufe und gemeinsame Spaziergänge.[53]
Das OLG Celle nahm zwar bereits eine Testierunfähigkeit des Erblassers an, begründete die Nichtigkeit des Testaments aber "darüber hinaus" auch auf einem Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB. Dies wurde damit begründet, dass sich eine Sittenwidrigkeit nicht nur aus dem Inhalt, sondern auch aus den Umständen des Zustandekommens der Verfügung von Todes wegen ergeben könne. Es sei in subjektiver Hinsicht bereits ausreichend, dass sich der Betreuer, der durch die von ihm herbeigeführte letztwillige Verfügung bedacht sei, der Tatumstände bewusst sei, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergebe. Ein notarielles Testament zugunsten einer Berufsbetreuerin könne hiernach – wie vorliegend – dann sittenwidrig sein, wenn eine Berufsbetreuerin ihre gerichtlich verliehene Stellung, die Vertrauensposition und ihren Einfluss auf einen älteren, kranken und alleinstehenden Erblasser dazu benutzt, gezielt auf den leicht beeinflussbaren Erblasser einzuwirken und ihn dazu zu bewegen, vor einer von ihr herangezogenen Notarin in ihrem Sinne letztwillig zu verfügen.
Dass nun aufgrund gesetzlicher Erbfolge voraussichtlich das Land Niedersachsen nach § 1936 BGB erben werde, führe zu keiner anderen Einschätzung.
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