Gemäß § 320 sind auch in der Nachlassinsolvenz Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung Eröffnungsgründe.

2.1 Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Verstorbenen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, d. h. die Nachlass-Passiva die Aktiva übersteigen.[10] Dabei sind in der Regel Liquidationswerte zugrunde zu legen, bei Unternehmen im Nachlass u. U. auch Fortführungswerte.[11]

2.2 Der Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit dürfte im Falle der Nachlassinsolvenz häufig schon bei einer Unterdeckung von weniger als 10 % erfüllt sein, denn der verstorbene Schuldner kann seine Arbeitskraft nicht mehr einsetzen, mit deren Hilfe er binnen drei Wochen die fälligen Verbindlichkeiten zu tilgen in der Lage wäre. Zwingend ist diese Konsequenz indessen nicht: Befinden sich beispielsweise vermietete Immobilien oder ein fortgeführtes einzelkaufmännisches Unternehmen im Nachlass, sind kurzfristige Zahlungszuflüsse denkbar.[12]

2.3 Drohende Zahlungsunfähigkeit ist entsprechend der Wertung des § 18 dann Eröffnungsgrund, wenn der Antrag vom Erben oder einer anderen verfügungsberechtigten Person (Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter, Nachlasspfleger) gestellt wird. Sie setzt eine mehr als 50%ige Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit voraus.[13]

2.4 Auch im Fall der Nachlassinsolvenz bedarf es einer kostendeckenden Masse. Sind nicht mindestens 2.000,00 EUR frei verfügbar, soll eine Eröffnung kaum ernsthaft in Betracht kommen.[14] Dieser Ansatz vermag nicht zu überzeugen, wenn bedacht wird, dass Maßstab für die Kostendeckung allein die insolvenzgerichtlichen Kosten und die Verwaltervergütung sind. Da jede Nachlassinsolvenz wegen der Bestattungskosten (§ 324 Nr. 2) unweigerlich mit Masseverbindlichkeiten startet, kommt häufig eine Verfahrenseinstellung vor dem Prüfungstermin in Betracht. Dann aber sind die Verfahrenskosten nach § 54 derart gering, dass eine Verfahrenseröffnung zwar ökonomisch fragwürdig, rechtlich aber geboten erscheint. Zudem ist auch hier eine Prognose über realistische Zahlungszuflüsse aufzustellen, nicht zuletzt aus Anfechtungsansprüchen.

2.5 Die bereits erfolgte Auseinandersetzung des Nachlasses durch Miterben steht der Verfahrenseröffnung nicht entgegen, § 316 Abs. 2.

2.6 Ein zu Lebzeiten des Schuldners eröffnetes Insolvenzverfahren geht mit seinem Tod in ein Nachlassinsolvenzverfahren über.[15]

[10] Roth/Pfeuffer, Praxishandbuch für Nachlassinsolvenzverfahren (2009), S. 47; Siegmann, in: MüKo zur InsO, § 320 Rn 4.
[11] Neubauer, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 2011, § 321 InsO Rn 6 f.
[12] Roth/Pfeuffer, S. 43.
[13] Roth/Pfeuffer, S. 46 f.
[14] Zimmermann, Grundriss des Insolvenzrechts, 8. Aufl. 2010, Rn 49.
[15] Siegmann, in: MüKo zur InsO, § 315 Rn 2 ff; BGH, FamRZ 2008, 1065 (speziell zur Verbraucherinsolvenz).

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