Nach geltendem Recht muss der mit einem Vermächtnis beschwerte Miterbe die Erbschaft ausschlagen, wenn der ihm hinterlassene Erbteil größer als sein Pflichtteil ist (§ 2306 Abs. 1 S. 2 BGB). Versäumt er dies, hat er keinen Anspruch darauf, dass ihm etwas aus der Erbschaft verbleibt, auch nicht sein Pflichtteil; Vermächtnisse muss er bedienen.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht unabhängig vom ordentlichen Pflichtteil, wobei bei dessen Ermittlung die Beschränkungen und Beschwerungen außer Acht bleiben. Der Ergänzungsanspruch ist gemäß § 2326 S. 2 BGB auf den Wert zu kürzen, der sich ergibt, wenn man vom Gesamtpflichtteil den Wert des unbelasteten Erbteils in Abzug bringt. § 2318 BGB findet keine Anwendung.

Hat der beschwerte Miterbe bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB von seinem Ausschlagungsrecht Gebrauch gemacht, kommt § 2328 BGB zur Anwendung. Danach kann der selbst pflichtteilsberechtigte Miterbe seinen eigenen Ergänzungspflichtteil behalten; es besteht ein Leistungsverweigerungsrecht. Entscheidend ist das Verhältnis von tatsächlichem Nachlass und dem Wert der Schenkung.

Die Erbrechtsreform sieht kein automatisches Entfallen mehr von Beschränkungen und Beschwerungen für den Fall vor, dass der dem pflichtteilsberechtigten Erben hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils nicht übersteigt – es bedarf immer der Ausschlagung.

Versäumt der Erbe dies, ist kein Grund ersichtlich, von der Regel abzuweichen, dass der Pflichtteilsergänzungsbetrag im Falle einer Schenkung des Erblassers an einen Dritten auf den Betrag zu kürzen ist, der sich ergibt, wenn vom Gesamtpflichtteil der Wert des unbelasteten Erbteils abgezogen wird.

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