Der Notar ist zu denjenigen Nachforschungen verpflichtet, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten durfte.[1] Der Notar ist im Rahmen der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens dazu verpflichtet, selbst und eigenständig den tatsächlichen und fiktiven Nachlassbestand zu ermitteln.[2] Der Notar muss das ihm zukommende Ermessen erkennen und selbst ausüben.

Der BGH stellt ausdrücklich klar, dass der Notar unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, welche konkreten Ermittlungen er zum Nachlassbestand vornimmt.[3] Der Notar muss, auch soweit es sich um ausgleichspflichtige Sachverhalte nach § 2057a BGB handelt, die in Betracht kommenden Ermittlungsansätze vollständig auszuschöpfen.[4]

Die Ermittlungstätigkeit des Notars beginnt mit der Belehrung des Notars gegenüber dem Erben, dass und welche Leistungen ein Recht des Erben auf Ausgleichung gemäß § 2057a BGB begründen können. Schon bei der Belehrung ergeben sich Schwierigkeiten hinsichtlich der Überschreitung der für einen Ausgleichungsanspruch bestehenden doppelten Erheblichkeitsschwelle:

Die Leistungen müssen einen erheblichen Umfang haben und sich erheblich auf das Erblasservermögen ausgewirkt haben.

Obgleich § 2057a BGB seit nunmehr 50 Jahren Anwendung findet, sind Entscheidungen, die Anhaltspunkte für die Abgrenzung geben, rar gesät. Überschreitet der Betrag der Leistungen in der Summe 10 % des Nachlassbestandes, dürfte eine Erheblichkeit kaum verneinen zu sein. Dasselbe dürfte zeitlich für Mitarbeit oder Pflege gelten, die über mehr als 1 Jahr andauert. Auf die Frage, ob die Unterstützung sittlich geboten oder gar unterhaltsrechtlich geschuldet war, kommt es nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 2057a Abs. 2 S. 2 BGB nicht an.

Für die Bemessung des Ausgleichs, die sich einerseits an der Dauer und dem Umfang der Leistungen und andererseits am Wert des Nachlasses orientieren und insgesamt der Billigkeit entsprechen soll, ist eine Aufrechnung aller Einzelposten, die zu unüberwindlichen praktischen Schwierigkeiten führen könnte, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht erforderlich.[5]

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes[6] genügt eine Partei im Zivilprozess ihrer primären Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, und kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen zunächst nicht verlangt werden. Mehr wird man auch vom Erben nicht erwarten dürfen. Wenn dieses Vorbringen den prozessualen Anforderungen an die Substantiierung nicht genügt, ist es Sache des Tatrichters im (Pflichtteils-) Prozess, bei der Beweisaufnahme die Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen.[7]

Die Schwelle erforderlicher Konkretisierungen ist also niedrig anzusetzen. Für die in § 2057a BGB benannten besonderen Leistungen bedeutet dies, dass Arbeits- und Pflegleistungen mit nicht mehr als dem ungefähren zeitlichen Umfang und Inhalt, Geldleistungen mit Datum und Betrag anzugeben sind.

Da die Erheblichkeitsschwelle durch die Rechtsprechung noch nicht ausreichend präzisiert wurde, sollte der Notar im Zweifel alle Angaben des Erben aufnehmen.

Die Last, berücksichtigungsfähige Leistungen dazulegen, trägt zunächst der auftraggebende Erbe. Sind weitere Abkömmlinge vorhanden, empfiehlt es sich für den Notar, diese anzuschreiben, um sich nach Sachverhalten zu erkundigen, die nach § 2050 ff BGB ausgleichungsrelevant sein könnten. Dazu ist er auch angehalten, um etwaige nach § 2325 BGB ergänzungspflichtige Schenkungen, sowie Leistungen im Sinne von § 2057a BGB zu ermitteln.

Dabei ist der Ermittlungsaufwand je nach dem um welche Art Leistungen es sich handelt, durchaus unterschiedlich.

1. Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit

In der Praxis keine große Bedeutung hat die Mitarbeit des Erben in Beruf oder Geschäft des Erblassers, da in solchen Konstellationen Angehörige regelmäßig angestellt werden, um ihnen sozialversicherungsrechtlichen Schutz zu gewähren. Was die Mitarbeit im Haushalt betrifft, besteht die Schwierigkeit, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Mitarbeit von Angehörigen des Ausgleichungsberechtigten ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dem Ausgleichungsberechtigten zuzurechnen.[8]

Bei der Bewertung von Arbeitsleistungen von Mitarbeite...

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