Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 UrhG ist die Ermöglichung der vollen Übertragung des Urheberrechts auf die Erben, denn das Urheberrecht kann grundsätzlich nicht unter Lebenden übertragen werden. Im letzteren Fall dürfen Alleinnutzungsrechte eingeräumt werden (§ 29 Abs. 2 UrhG).

Die Tatsache, dass auch das Urheberpersönlichkeitsrecht mitvererbt werden kann, schafft hier einen Unterschied zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das grundsätzlich mit dem Tod der Person endet und unvererblich ist. Seit der Entscheidung "Der Blaue Engel"[5] enthält es nämlich vererbliche vermögenswerte Bestandteile.

Ein Blick in die Rechtsgeschichte lohnt in diesem Zusammenhang:

Zum Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild, das in § 22 Satz 3 KUG einen zehnjährigen postmortalen Schutz genießt und von den Angehörigen des Abgebildeten – nicht seinen Erben! – wahrgenommen wird, gehört auch die sogenannte "Totenmaske". Diese spielte in der Bismarck-Entscheidung des VI. Zivilsenats in seinem Urteil vom 28. Dezember 1899 eine Rolle.[6] Die beklagten Fotografen drangen in der auf den Tod des Fürsten Otto von Bismarck folgenden Nacht in Friedrichsruh widerrechtlich gegen den Willen seiner Kinder in das Totenzimmer ein, in dem die Leiche Bismarcks ruhte. Die Fotografen machten bei Magnesiumlicht eine fotografische Aufnahme von Bismarcks Leiche und den sie umgebenden Teilen des Zimmers. Die Fotografen wurden vom Landgericht Hamburg gesamtschuldnerisch zu Schadensersatz verurteilt, nachdem die Kinder von Bismarck Klage erhoben hatten. Die Fotografen mussten Negative, Platten, Plattenabzüge sowie alle Reproduktionen oder von ihnen aufgenommene Fotografien der Leiche des Fürsten und alles, was dazugehörte, vernichten. Dasselbe Urteil verbot den beiden beklagten Fotografen, bis zur erfolgten Vernichtung die Negative, Platten, Plattenabzüge oder sonstigen Reproduktionen der genannten Fotografie in irgendeiner Weise zum Zweck der Verbreitung der Fotografieaufnahme zu benutzen und diese Aufnahme in irgendwelcher Form zu verbreiten oder die Verbreitung anderen zu ermöglichen. Diese stand unter einer Haftstrafe von sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung. Berufung und Revision der Beklagten wurden zurückgewiesen. Interessant ist zunächst die Rechtsgrundlage, die das Reichsgericht noch vor dem Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 fand: Weder die Hamburger Statuten noch der im preußischen Kreise Herzogtum Lauenburg geltende Sachsenspiegel, noch sonst ein hierher gehöriges Partikulargesetz enthielten entsprechende Normen. Das Reichsgericht entschied sich für das gemeine deutsche Recht[7], d. h. das ius commune, das infolge der Aufnahme bzw. Rezeption des römischen (und kanonischen) Rechts in Deutschland nach und nach, getragen durch den usus modernus pandectarum (den "modernen Gebrauch der Pandekten"), entstanden war. Festgestellt wurde, dass die Fotografen mittels eines Hausfriedensbruchs gegen den Willen der Kläger in das Totenzimmer eingedrungen waren. Dadurch hatten sie gegen das Hausrecht verstoßen. Die Kläger hatten den Beklagten gegenüber ein Recht darauf, so gestellt zu werden, als ob die Fotografen nie in das Zimmer eingetreten wären. Das römische Recht wurde bemüht mit der condictio ob injustam causam, sodass durch eine rechtswidrige Handlung herbeigeführte Verletzungen wiedergutgemacht werden mussten, das heißt Wiedererstattung alles desjenigen, was tatsächlich durch jene Handlung aus dem Machtbereich der Kinder von Bismarck in die Gewalt der Täter gelangt war. Darunter wurde auch die Vernichtung der hergestellten fotografischen Erzeugnisse und die Verhinderung der Verbreitung der Abbildung gefasst. So das Reichsgericht am Schluss: "In dieser Hinsicht hat das Oberlandesgericht mit Recht die Analogie des § 19 Abs. 1 des Reichsgesetzes zum Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 herangezogen, nach welchem, wenn die Beseitigung der widerrechtlichen Kennzeichnung in anderer Weise nicht möglich ist, auf Vernichtung der damit versehenen Gegenstände zu erkennen ist."[8]

Mit dem "Marlene Dietrich"-Urteil und der Parallelentscheidung "Der Blaue Engel"[9] stellte der BGH im Jahre 2000 klar, dass das Persönlichkeitsrecht vererbliche vermögenswerte Bestandteile enthält. Bei einer schuldhaften Verletzung dieser kommerziellen Interessen soll den Erben des Trägers des Persönlichkeitsrechts Schadensersatz gewährt werden können.[10] Die Entscheidung war insbesondere deswegen wichtig, weil die Vermarktung populärer Persönlichkeiten über deren Tod hinaus in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat bzw. gewinnt. Der einzige Weg, einen effektiven Schutz zu schaffen, lag in der Gewährung von Schadensersatzansprüchen bei unbefugtem Eingriff in das kommerzielle Persönlichkeitsrecht. Dem Erben steht mithin ein Schadensersatzanspruch zu, wenn dessen Geltendmachung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Verstorbenen entspricht.[11] Widerrufs-, Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche zum Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrech...

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