Seit dem 4.10.1954 besteht zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich ein Vertrag über Rechtsschutz und Amtshilfe in Abgabesachen.[58] Die Befugnisse der zuständigen Behörden gehen deutlich weiter, als dies mit anderen Staaten vereinbart ist. U.a. eröffnet der Vertrag die Möglichkeit der Amtshilfe, in bestimmten Fällen auch unmittelbar zwischen den unteren Finanzbehörden (Finanzämtern) unter Aussparung der obersten Finanzbehörden beider Vertragsstaaten. Gem. Art. 12 des Rechtshilfeabkommens ist vereinbart, dass aufgrund von vollstreckbaren, jedoch noch nicht unanfechtbaren Verfügungen (einschließlich der Sicherstellungs- bzw. Arrestanordnungen) um Vornahme von Sicherungsmaßnahmen ersucht werden kann. Bei vorliegender Sicherstellungsanordnung bedarf es keiner weiteren Arrestanordnung durch das ersuchte Amt. Das Rechtshilfeabkommen bezieht sich nicht auf Geldstrafen mit Strafcharakter. Erstreckt sich ein Vollstreckungsersuchen auf Geldstrafen, ist ggf. die zuständige Behörde um Erläuterung des Anspruchs zu bitten.[59]

Weitergehende Maßnahmen eröffnet jedoch die sog. Beitreibungsrichtlinie.[60] Diese EU-Richtlinie findet nach ihrem Art. 2 Abs. 1 Buchst. a auch auf Forderungen im Zusammenhang mit Einkommensteuern Anwendung. Nach Art. 11 ff. dieser Richtlinie nimmt die ersuchte Behörde auf Antrag nach Maßgabe des für die Beitreibung derartiger Forderungen geltenden inländischen Rechts die Beitreibung von Forderungen vor, für die ein Vollstreckungstitel besteht. Dieser Vollstreckungstitel ist nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie unmittelbar anzuerkennen und automatisch wie ein Vollstreckungstitel des Mitgliedstaats zu behandeln, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat. Österreich hat die Betreibungsrichtlinie innerstaatlich durch das EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz entsprechend umgesetzt. Für Vollstreckungsersuchen oder Ersuchen um Sicherungsmaßnahmen eines anderen Mitgliedstaats wie bspw. Deutschland ist dem österreichischen Bundesminister für Finanzen das vorgesehene Standardformblatt auf elektronischem Wege zu übermitteln.

[58] BStBl I 1955, 434.
[59] BMF-Schreiben betr. zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuererhebung (Beitreibung) v. 20.1.2000, IV B 4 – S 1320 – 1/00, BStBl I 2000, 102, Tz. 4.10.
[60] Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom 16.3.2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen (2010/24/EU), ABl L 84, S. 1-12; in Deutschland wurde die Richtlinie durch das EU-Beitreibungsgesetz umgesetzt, BGBl I 2011, 2592.

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