I.

Am XXX2021 ist AB (im Folgenden: Erblasserin) verstorben. Die Erblasserin war in einziger Ehe verheiratet mit dem am XXX1995 vorverstorbenen BB. Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten keine Kinder. Der Beteiligte zu 1) ist der Patensohn des Ehemanns der Erblasserin. Die Beteiligte zu 2) ist die Tochter und Alleinerbin der am XXX2022 nachverstorbenen E, einer Freundin der Erblasserin.

Die Erblasserin hat drei vom Nachlassgericht eröffnete letztwillige Verfügungen hinterlassen, ein gemeinsam mit ihrem vorverstorbenen Ehemann errichtetes handschriftliches Testament vom XXX1992 (Bl. 5 d. Testamentsakte), ein handschriftlich von ihr verfasstes Testament vom XX.10.1999 (Bl. 41 d. Testamentsakte) und ein notarielles Testament vom XX.11.1999 – UR.Nr. XXX des Notars F in XXX (Bl. 22 ff. d. Testamentsakte).

In dem gemeinschaftlichen Testament vom XXX1992 haben sich die Erblasserin und ihr Ehemann gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Weiterhin ist in dem Testament Folgendes geregelt:

Zitat

"Im Fall des Ablebens beider Ehegatten erben"

1. Frau G, geb. XX.XX.1910, den Miteigentumsanteil 1496/100.000 an dem Grundstück Flur XX, Flurstück XX, … in … , Aufteilungsplan Nr. 14

2. das restliche Vermögen erbt Herr C, geb. XXX“

Ferner enthält das Testament einen handschriftlichen Zusatz der Frau H, wonach das Testament in ihrem Beisein errichtet worden sei. Die in dem Testament bedachte G, die Mutter der Erblasserin, ist nach Errichtung dieses Testaments vom XXX1992 vorverstorben.

In den beiden Testamenten vom XX.10.1999 und XX.11.1999 hat die Erblasserin Frau E, die Mutter der Beteiligten zu 2), zu ihrer alleinigen Erbin eingesetzt.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12.10.2021 hat der Beteiligte zu 1) die Anfechtung des notariellen Testaments vom XX11.1999 erklärt.

Mit notarieller Urkunde vom 22.2.2022 hat der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt (Bl. 3 ff. d.A. des AG). Er hat vorgetragen, dass er alleiniger Erbe der Erblasserin sei, nachdem die Mutter der Erblasserin, Frau G, vorverstorben sei. Eine Abänderung des gemeinschaftlichen Testaments vom XXX1992 durch die Erblasserin sei nach dem Tod ihres vorverstorbenen Ehemanns aufgrund der Bindungswirkung seiner Einsetzung als Schlusserbe nicht mehr möglich gewesen. Er sei als Patensohn für den Ehemann der Erblasserin wie ein eigener Sohn gewesen.

Mit notarieller Urkunde vom 14.2.2022 hat auch Frau E, die Mutter der Beteiligten zu 2), die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt (Bl. 21 ff. d.A. des AG). Frau E, und nach deren Tod die Beteiligte zu 2), haben vorgetragen, dass die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemanns nicht an das gemeinschaftliche Testament vom XXX1992 gebunden gewesen sei. Es habe keine enge Bindung zwischen den Eheleuten B und dem Beteiligten zu 1) bestanden. So sei der Beteiligte zu 1) nie bei Familienfesten anwesend gewesen. Zudem sei der Beteiligte zu 1) nur als Erbe für den Fall des gleichzeitigen Versterbens der Erblasserin und ihres Ehemanns eingesetzt worden. Hierzu sei es aber nicht gekommen.

Durch Beschl. v. 18.10.2022, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 63 ff. d.A. des AG), hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags des Beteiligten zu 1) erforderlich sind, für festgestellt erachtet. Eine Entscheidung über den Antrag der Mutter der Beteiligten zu 2) hat das Nachlassgericht nicht getroffen.

Gegen diesen der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) am 19.10.2022 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2) mit am 18.11.2022 beim AG Wipperfürth eingegangenen Schriftsatz vom 18.11.2022, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 74 ff. d.A. des AG), Beschwerde eingelegt.

Durch Beschl. v. 24.11.2022, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 91 d.A. des AG).

II.

Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere in rechter Form und Frist eingelegt worden (§§ 63 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG). Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 2) gem. § 59 Abs. 1 FamFG liegt vor, weil sie vorträgt, Erbin einer Erbprätendentin zu sein.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antrag des Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Erbscheins ist unbegründet, weil er entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts nicht Erbe der Erblasserin geworden ist. Die Erblasserin hat die Schlusserbeneinsetzung des Beteiligten zu 1) im gemeinschaftlichen Testament vom XXX1992 durch die späteren Testamente vom XX10.1999 und XX11.1999 gem. §§ 2253, 2254, 2258 Abs. 1 BGB wirksam widerrufen. Die Erblasserin war an diesem Widerruf nicht gem. § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB gehindert, weil die Einsetzung des Beteiligten zu 1) im Testament vom XXX1992 nicht gem. § 2270 BGB wechselbezüglich erfolgt ist.

Eine Wechselbezüglichkeit von Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament setzt gem. § 2270 Abs. 1 BGB voraus, dass aus dem Zusammenhang des Motivs heraus die Verfüg...

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