Das Auftragsverhältnis erlischt entgegen Art. 405 Abs. 1 OR nicht mit dem Tod des Bankkunden, sondern wird mit dessen Erben fortgeführt.[17] Gegenüber den Erben kann sich die Bank somit nicht auf das Bankengeheimnis berufen, da die Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers selbst zu Geheimnisherren werden.[18] Ein besonderes Auskunftsinteresse müssen die Erben nicht nachweisen.[19]

Der Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch gründet sich auf Art. 400 Abs. 1 OR. Danach ist die Bank nicht nur zur Abrechnung verpflichtet, sondern muss dem Auftraggeber auch Auskunft erteilen und ihn über die Geschäftsführung informieren.[20] Diese Verpflichtungen sehen regelmäßig auch die standardisierten Bankverträge vor, sodass auf den Erben der Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch übergeht, so wie er für den Erblasser bestanden hat.[21]

Ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Recht besteht darin, dass bei einer Erbengemeinschaft jedem einzelnen Erben allein das Auskunftsrecht zugestanden wird und die Bank nicht verpflichtet ist, die Auskünfte den übrigen Erben, die keine Auskunftsansprüche gestellt haben, zu übersenden.[22]

Der Anspruch umfasst die Auskunft über sämtliche (auch in der Vergangenheit geführte) Depots, Konten, Schließfächer, Kontovollmachten und auch über weitere Kundenbeziehungen, unerheblich davon, ob weitere Personen an der Kundenbeziehung beteiligt waren. Dabei ist irrelevant, ob die Kundenbeziehung unter einer Phantasie- oder Nummernbezeichnung geführt wurde.[23] Weiter muss die Bank auf Nachfrage Auskunft darüber erteilen, welche Konten der Erblasser zu Lebzeiten aufgelöst hat und an wen das Kontoguthaben geflossen ist.

Die Herausgabepflicht der Bank umfasst alles, was der Bank in Ausführung ihres Auftragsverhältnisses vom Kunden ausgehändigt wurde oder von Dritten zugekommen ist.[24] Die Banken sind verpflichtet, den Erben sämtliche Konto-, Einzahlungs- und Überweisungsunterlagen zur Verfügung zu stellen.[25] Die Bank kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass sie bereits dem Erblasser die Kontoauszüge übermittelt hat.

Nach Art. 958 f Abs. 1 OR unterliegen die Banken einer 10-jährigen Aufbewahrungspflicht, wobei die Aufbewahrungspflicht mit dem Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres beginnt, Art. 958 f Abs. 1 S. 2 OR. Das Auskunftsersuchen der Erben wird in der Regel nur hinsichtlich der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall erfolgreich sein, es sei denn, die Bank verfügt noch über ältere Informationen. Dann aber ist die Bank verpflichtet, auch die älteren Informationen herauszugeben und kann sich nicht auf einen unverhältnismäßigen (Kosten-) Aufwand berufen, da sie diesen auf den Bankkunden abwälzen kann.[26]

[17] BGE 101 II 117, 120.
[18] BGE 133 III 664, 668.
[19] BGer 5A_638/2009 vom 13.9.2010 E.3.3.5.
[20] BSK OR I – Rolf H. Weber, Art. 400, N 2.
[21] Hamm/Töndury, Der Schweizer Treuhänder 2009, 659 (660).
[22] BGE 133 III 664, 667.
[23] HG Zürich NZZ 2009 N. 208-51.
[24] Hamm/Töndury, Der Schweizer Treuhänder 2009, 659.
[25] BGE 133 III 664, 666 ff.
[26] ZR 64/1965 Nr. 136 E.3.

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