Weitere Informationsquellen für den Erben oder Pflichtteilsberechtigten können das Grundbuch und das Handelsregister sein.

a) Grundbuch

Es kann durchaus vorkommen, dass sich in der Schweiz belegene Immobilien im Nachlass eines deutschen Erblassers befinden, auch wenn der Erwerb von Immobilieneigentum durch Ausländer in der Schweiz grundsätzlich beschränkt ist, Art. 1 BewG.[63] Das Grundbuch kann somit eine weitere wichtige Informationsquelle zur Ermittlung des Nachlassbestandes oder eines Pflichtteilsanspruchs sein.

In der Schweiz gibt es kein zentrales Grundbuch.[64] Das Grundbuch wird durch die Grundbuchämter in den jeweiligen Kantonen geführt, wobei in manchen Kantonen Grundbuchkreise für mehrere Gemeinden zusammen oder ein Grundbuchamt pro Gemeinde vorgesehen sind.[65] In den Stadtgemeinden Winterthur und Zürich bestehen mehrere Grundbuchämter. Für die Grundbuchführung kann anstelle eines eigenen Grundbuchamtes auch ein Notariat zuständig sein, das gleichzeitig als Grundbuch eingesetzt ist.[66]

[63] Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 16.12.1983 (Stand: 1.3.2013).
[64] Liste der Adressen der Grundbuchämter: https://www.bj.admin.ch/dam/data/bj/wirtschaft/grundbuch/liste-grundbuch-behoerden-d.pdf.
[65] Die Kantone Uri, Zug, Nidwalden, Glarus, Basel-Stadt, Schaffhausen Appenzell Innerrhoden und Genf besitzen ein einziges kantonales Grundbuchamt.
[66] Z.B. im Kanton Zürich (§ 1 lit. b Notariatsgesetz).

b) Öffentlichkeitsgrundsatz

In der Schweiz gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit des Grundbuchs, Art. 970 ZGB. Nach Art. 970 Abs. 2 ZGB, Art. 26 GBV[67] kann jede Person und zwar anders als in Deutschland ohne Interessennachweis, Auskunft oder einen Auszug über die öffentlich zugänglichen Daten eines Grundstücks verlangen. Öffentlich zugänglich ist der Namen des Grundstückseigentümers, die Eigentumsform (z. B. Miteigentum) und das Erwerbsdatum. Ferner sind alle Angaben zu den Dienstbarkeiten (z. B. Nutznießung und Wohnrecht) und Grundlasten öffentlich, Art. 970 Abs. 3 ZGB, 26 Abs. 1 lit. b, c GBV. Die ohne Interessennachweis einsehbaren Grundbuchdaten können durch die Kantone sogar im Internet zugänglich gemacht werden (Art. 27 Abs. 1 GBV).

Eine Auskunft oder ein Auszug darf allerdings nur für ein bestimmtes Grundstück abgegeben werden (Art. 26 Abs. 2 GBV). Eine rein personen- und nicht grundstücksbezogene Suche ist im Rahmen der öffentlich zugänglichen Daten nicht zulässig.

Ist bekannt, dass sich Immobilienvermögen des Erblassers in der Schweiz befindet, so können sowohl der Erbe als auch der Pflichtteilsberechtigte ohne größeren Aufwand und ohne das Erfordernis eines Interessensnachweises Auskunft oder einen Auszug über ein bestimmtes Grundstück erhalten und in Erfahrung bringen, ob der Erblasser Allein- oder Miteigentümer war, wann die Immobilie erworben wurde und ob die Immobilie mit einem Nutznießungs- oder Wohnrecht belastet ist.[68]

[67] Grundbuchverordnung vom 23.9.2011 (Stand: 1.2.2018).
[68] https://online-services.admin.ch/services/online-dienste-kantone/grundbuchamt/

c) Interessenerfordernis

Wer hingegen Einsicht in das Grundbuch und in weitergehende, als die unter a) aufgeführten Grundbuchdaten, z. B. Grundpfandrechte, begehrt, muss nach Art. 970 Abs. 1 ZGB ähnlich wie in Deutschland ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen. Ein Interesse muss außerdem geltend gemacht werden, wenn nicht nach dem Eigentümer eines bestimmten Grundstücks, sondern ausgehend von einer bestimmten Person nach deren Grundeigentum gefragt wird.

Laut BG ist ein rechtliches oder tatsächliches (u. a. wirtschaftliches) Interesse ausreichend.[69]

[69] BGer 5A 747/2017 vom 14.2.2018.

aa) Erbe

Der Erbe kann als Rechtsnachfolger des Erblassers immer ein rechtliches oder tatsächliches Interesse vorweisen, solange der Erblasser zu irgendeinem Zeitpunkt im Grundbuch eingetragen war. Bestehen lediglich Vermutungen, dass der Erblasser in der Schweiz Immobilienvermögen besaß, so kann der Erbe durch Abfrage des Eigentümerregisters das Vorhandensein von Immobilienvermögen in Erfahrung bringen. Allerdings wird sich die Suche aufgrund der Vielzahl der Grundbuchämter als mühsam erweisen.

bb) Pflichtteils-(ergänzungs-)berechtigter

Wie aber gestaltet sich die Einsichtnahme für den Pflichtteilsberechtigten, wenn der Erblasser sein Immobilienvermögen zu Lebzeiten veräußert oder verschenkt hat?

In Deutschland folgt aus der Gläubigerstellung des Pflichtteils-(ergänzungs-)berechtigten gegenüber dem Erben der inhaltlich unbeschränkte Anspruch auf Grundbucheinsicht, wobei der allerdings erst nach dem Erbfall besteht.[70] In der Schweiz hingegen lassen die kantonalen Gerichte das wirtschaftliche Interesse eines künftigen Pflichtteilsberechtigten als Interesse iSd Art. 970 Abs. 1 ZGB an der Einsicht genügen.[71]

Einem (nach schweizerischem Recht) pflichtteilsgeschützten Erben wird Einsichtnahme in die Grundbuchdaten Dritter (Käufer oder Beschenkter) bereits vor dem Erbfall gewährt, wenn er einen Zusammenhang zwischen seinem Pflichtteilsrecht und dem Gegenstand der Einsichtnahme glaubhaft machen kann.[72] Auch die Mitteilung des Kaufpreises ...

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