Für einen Willen des Gesetzgebers zur restriktiven Auslegung des Erbunwürdigkeitsgrundes der vorsätzlichen und rechtswidrigen Tötung geben die Gesetzesmaterialien im Übrigen nichts her. Zwar enthielt die einschlägige Vorschrift der ersten Entwurfsfassung zum BGB, der E I § 2045 noch nicht den Tatbestand des Tötungsversuchs, allerdings findet sich bereits zum Tatbestand der vorsätzlichen und widerrechtlichen Tötung in den Motiven die Begründung, dass – auf der subjektiven Seite – der Wille zur Tötungshandlung ausreiche.[16] Noch deutlicher ist die Begründung durch die 2. Kommission, dass "blutige Hand kein Erbe nehmen solle" und "durch die Tötung der Täter jedes Band zwischen sich und dem Erblasser zerrissen habe".[17] Die Ablehnung des Tatbestands des Tötungsversuchs durch die 1. Kommission beruhte darauf, dass "nicht vom Gesichtspunkt der Strafe ausgegangen sei".[18] Dem ist aber wohl lediglich die Zurückhaltung der 1. Kommission zu entnehmen, die Beurteilung der Erbunwürdigkeit dem Strafrecht mit seinen ggf. vom Zivilrecht abweichenden Wertungen zu überlassen.[19] Die 2. Kommission sah auf entsprechenden Vorschlag eines Kommissionsmitglieds die Aufnahme des Tötungsversuchs demgegenüber als selbstverständlich an.[20]

Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte ist daher der Schluss auf einen restriktiven Gesetzgeberwillen hinsichtlich der Erbunwürdigkeitsgrunds der vorsätzlichen und rechtswidrigen Tötung nicht angebracht. Für einen derartigen Willen kann auch aus der Fassung der Erbunwürdigkeitsgründe allgemein nichts hergeleitet werden, denn nach zutreffender Ansicht geben diese für Verallgemeinerungen weder im Sinne einer extensiven noch einer restriktiven Auslegung Anlass.[21]

[16] Motive, Band V Erbrecht, S. 517.
[17] Protokolle, Band V Erbrecht, S. 636.
[18] Motive, Band V Erbrecht, S. 518.
[19] Eine ähnliche Zurückhaltung des historischen Gesetzgebers zeigt sich gegenüber der Anknüpfung an die strafrechtliche Begriffsbildung zum seinerzeitigen Tatbestandsmerkmal des "Betrugs" im E I § 103 Abs. 1 Alt. 2, der Vorläufervorschrift zum heutigen § 123 BGB ("arglistige Täuschung"), vgl. Motive, Band I Allgemeiner Teil, S. 208.
[20] Protokolle, Band V Erbrecht, S. 637.
[21] Staudinger/Olshausen, § 2339, Rn 21; MüKo/Helms, § 2339 Rn 7.

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