Massenverfahren wie Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung, aber auch Auskunfts- und Rückzahlungsansprüche nach § 556g BGB eignen sich besonders, um diese mittels computergestützter Unterstützung automatisch geltend zu machen (dazu Ecker ZAP F. 23, S. 1185). Ob dies gegen Vorschriften des RDG verstößt, war in der Instanzrechtsprechung äußerst strittig. Auch der VIII. Senat (BGH, Urt. v. 27.11.2019 – VIII ZR 285/18, ZAP 2020 F. 1 S. 1, ZAP EN-Nr. 2/2020) hat sich mit der Entscheidung wegen der weitreichenden Bedeutung auch für die Zukunft des Anwaltsmarkts erkennbar schwergetan. Der Termin wurde mehrfach verschoben. Jetzt hat der Senat auf 99 Seiten alle Facetten des neuen Instrumentariums beleuchtet und für – noch – zulässig erachtet. Danach sei der Begriff der Rechtsdienstleistung in Gestalt der Inkassodienstleistung, die ein im Rechtsdienstleistungsregister eingetragener Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG erbringen darf, unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber mit dem RDG verfolgten Zielsetzung einer grundlegenden, an den Gesichtspunkten der Deregulierung und Liberalisierung ausgerichteten, die Entwicklung neuer Berufsbilder erlaubenden Neugestaltung des Rechts der außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen nicht in einem zu engen Sinne zu verstehen. Vielmehr sei eine eher großzügige Betrachtung geboten. Für die auf dieser Grundlage vorzunehmende Beurteilung, ob sich die Tätigkeit eines registrierten Inkassodienstleisters innerhalb seiner Inkassodienstleistungsbefugnis gem. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG halte, ließen sich aber keine allgemeingültigen Maßstäbe aufstellen. Erforderlich sei vielmehr eine am Schutzzweck des RDG orientierte Würdigung der Umstände des Einzelfalls einschließlich einer Auslegung der hinsichtlich der Forderungseinziehung getroffenen Vereinbarungen. Überschreite ein registrierter Inkassodienstleister seine Inkassodienstleistungsbefugnis nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG, könne darin ein Verstoß gegen § 3 RDG liegen. Ein solcher Verstoß habe, wenn die Überschreitung bei einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände aus der objektivierten Sicht eines verständigen Auftraggebers des Inkassodienstleisters zum einen eindeutig vorliegt und zum anderen unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes in ihrem Ausmaß als nicht nur geringfügig anzusehen ist, die Nichtigkeit nach § 134 BGB der zwischen dem Inkassodienstleister und dessen Auftraggeber getroffenen Inkassovereinbarung einschließlich einer in diesem Zusammenhang erfolgten Forderungsabtretung zur Folge. Von einer Nichtigkeit nach § 134 BGB sei danach insb. dann regelmäßig auszugehen, wenn der registrierte Inkassodienstleister Tätigkeiten vornehme, die von vornherein nicht auf eine Forderungseinziehung i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG, sondern etwa auf die Abwehr von Ansprüchen gerichtet seien oder eine über den erforderlichen Zusammenhang mit der Forderungseinziehung hinausgehende Rechtsberatung zum Gegenstand haben, oder wenn das "Geschäftsmodell" des Inkassodienstleisters zu einer Kollision mit den Interessen seines Auftraggebers führt. Der Senat kommt dann zu dem Ergebnis, dass es von der Inkassodienstleistungsbefugnis eines nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG registrierten Inkassodienstleisters noch gedeckt sei, wenn dieser auf seiner Internetseite einen "Mietpreisrechner" zur – zunächst unentgeltlichen – Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Verfügung stelle und im Anschluss hieran dem Mieter die Möglichkeit gibt, ihn durch Anklicken eines Buttons mit der außergerichtlichen Durchsetzung von Forderungen gegen den Vermieter im Zusammenhang mit der "Mietpreisbremse" – unter Vereinbarung eines Erfolgshonorars in Höhe eines Drittels der jährlichen Mietersparnis (vier Monate) sowie einer Freihaltung des Mieters von sämtlichen Kosten – zu beauftragen und in diesem Zusammenhang die genannten Ansprüche zum Zweck der Durchsetzung treuhänderisch an den Inkassodienstleister abzutreten, der im Falle einer Erfolglosigkeit der eigenen außergerichtlichen Rechtsdienstleistungstätigkeit einen Vertragsanwalt mit der anwaltlichen und ggf. auch gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche beauftragen kann, zum Abschluss eines Vergleichs jedoch grds. nur mit Zustimmung des Mieters befugt ist. Da damit auch die in diesem Rahmen erfolgte treuhänderische Abtretung der genannten im Zusammenhang mit der "Mietpreisbremse" stehenden Forderungen des Mieters noch nicht gegen ein gesetzliches Verbot (§ 3 RDG) verstoße und demzufolge nicht gem. § 134 BGB nichtig sei, sei der Inkassodienstleister im gerichtlichen Verfahren aktivlegitimiert, diese Ansprüche im Wege der Klage gegen den Vermieter geltend zu machen.

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